Sperrung zwischen Bonn und Köln Bahnpendler aus Bonn sauer über stundenlange Umwege

Bonn · Die Lengsdorferin Ilona Schmitz braucht wegen Bahn-Bauarbeiten viel mehr Zeit, um zur Arbeit zu kommen. So wie ihr geht es Tausenden in der Region. Dabei gäbe es eine Alternative.

 Ilona Schmitz muss auf den Bus ausweichen, weil die Bahn nicht fährt.

Ilona Schmitz muss auf den Bus ausweichen, weil die Bahn nicht fährt.

Foto: Benjamin Westhoff

Der Weg zur Arbeit ist für Ilona Schmitz gut durchgetaktet: Morgens steigt sie um 7.26 Uhr in Lengsdorf in den Bus, nimmt am Bahnhof den RE und fährt bequem durch bis Düsseldorf. Nach knapp eineinhalb Stunden ist sie schließlich am Ziel.

Seit ein paar Tagen muss sie allerdings eine Menge Geduld mitbringen. „Ich brauche mindestens eine Stunde mehr. Sowohl für die Hin-, als auch für die Rückfahrt“, beklagt sie sich. Der Grund ist die aktuelle Streckensperrung zwischen Bonn und Köln. Derzeit lässt die Deutsche Bahn in diesem Bereich die Oberleitungen erneuern und Pendler sind auf den Schienenersatzverkehr angewiesen. Noch bis zum 15. August sollen die Einschränkungen gelten. Aber: „Die Arbeiten liegen im Zeitplan. Wir gehen davon aus, dass wir pünktlich fertig sein werden“, sagt ein Bahn-Sprecher.

Dass die Leitungen aus den 1950er Jahren erneuert werden müssen, das bezweifelt auch Ilona Schmitz nicht. „Aber ich hätte mir gewünscht, dass sich die Bahn um ihre Stammkunden kümmert und Alternativen anbietet“, ärgert sie sich. Denn schließlich bezahlt sie monatlich 256 Euro für ihr Ticket. „Auch als ich aufgrund der Corona-Einschränkungen wochenlang zu Hause gearbeitet habe und das Ticket eigentlich nicht gebraucht hätte, habe ich es nicht gekündigt. Es ist für mich ein Zeichen der Solidarität und ich will dazu beizutragen, dass solche Angebote bestehen bleiben“, sagt sie.

Mehrfacher Umstieg nötig

Um so ärgerlicher ist die Situation jetzt für sie. Mehrfach muss sie umsteigen (Bonn, Sechtem, Köln), um schließlich in Düsseldorf anzukommen. Und wenn nur ein Zubringer nicht pünktlich ist, steht sie am Bahnsteig und wartet. „Und das passiert eigentlich immer“, ärgert sie sich. „Vielleicht hätte man die Karteninhaber vorweg über die bestehenden Behinderungen informieren können, damit man nach Alternativen suchen kann“, sagt sie. „Ich habe davon erst am Montag im Bus erfahren. Dabei würde es für sie einen schnelleren Weg zur Arbeit geben. Der NVR widerspricht und verweist auf Fahrplanaushänge und Informationen, die rechtzeitig über die Medien verbreitet worden seien.

Ilona Schmitz glaubt, dass es für sie einen schnelleren Weg zur Arbeit gäbe: „Weshalb bietet man uns Ticketinhabern nicht an über Beuel mit dem IC zu fahren?“, fragt sie und hat sich an DB Regio gewandt. „Aber das wurde abgelehnt“, reagiert sie enttäuscht.

„Wir bedauern die entstandenen Unannehmlichkeiten für die Fahrgäste“, erklärt Benjamin Jeschor, Sprecher des Verkehrsverbunds Rhein-Sieg (VRS) und des Nahverkehrs Rheinland (NVR). „Allerdings sind die von DB Netz ausgeführten Bauarbeiten in unserer Region absolut notwendig, um den schlechten Zustand der vollkommen überlasteten Schieneninfrastruktur auf einen besseren Stand zu bringen. Im vorliegenden Fall handelt es sich um eine Vollsperrung zwischen Bonn und Köln. Die Bauphase wurde bewusst für die Zeit der Sommerferien gewählt, in der erfahrungsgemäß nicht so viele Fahrgäste unterwegs sind.“ Eine „generelle Entschädigung“ sei jedoch nicht geplant, da „die Strecke zwischen Bonn und Köln weiterhin befahrbar ist: Linksrheinisch mit Schienenersatzverkehr, rechtsrheinisch ab Beuel mit der RB27 und dem RE8.“

Umsteigen auf schnellere IC-Verbindung nicht möglich

Ein Umsteigen auf eine IC-Verbindung sei nicht möglich, sagt Jeschor, der zudem bezweifelt, dass der IC im konkreten Fall die schnellere Variante wäre. „Wir als Nahverkehrsverband haben keine Möglichkeit, DB Fernverkehr zu zwingen, Nahverkehrskunden unentgeltlich mitzunehmen“, betont der Sprecher. „In der Vergangenheit hat es solche Anfragen vom NVR bei DB Fernverkehr schon gegeben. Meist kam jedoch keine generelle Vereinbarung zustande. In sehr seltenen Fällen hat sich DB Fernverkehr bereit erklärt, spontan in den Fernverkehrszügen zu schauen, ob genug Platz ist, um einige Fahrgäste des Nahverkehrs aufzunehmen“, fügt er hinzu.

„Wir würden es begrüßen, wenn man den betroffenen Passagieren für die Dauer der Streckensperrung schnell und unbürokratisch Lösungen anbietet“, sagt Hans-Werner Ignatowitz vom Fahrgastverband Pro Bahn. Immer wieder habe der Verband in der Vergangenheit versucht, Fahrgästen ein Umsteigen auf den DB-Fernverkehr für die Dauer der Behinderungen zu ermöglichen. „Aber das hat bisher kaum funktioniert. In anderen Regionen ist das einfacher“, erklärt Ignatowitz.

Die Erklärung des VRS lässt Ilona Schmitz nicht gelten. „Ich habe mein Monatsticket schließlich am DB-Schalter gekauft. Wenn’s Probleme gibt, ist die Bahn dann nicht zuständig?“. Zumal es nach ihrer Beobachtung nur sehr wenige Pendler gibt, die von solch einem Entgegenkommen Gebrauch machen würden. „In den Bussen des Schienenersatzverkehrs nach Sechtem sitzt so gut wie niemand. Die hätte man sich sparen können“, sagt sie.

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