Angebote der DRK-Schwesternschaft Basteln gegen die Einsamkeit

Bonn · Die DRK-Schwesternschaft hält viele Angebote in ihren Einrichtungen in Poppelsdorf bereit, um Menschen aus dem Stadtteil aus der Einsamkeit zu holen.

Hans-Jörg Thilo näht im DRK-Treffpunkt an der Königstraße in der Südstadt bei einer Bastelaktion für seine fast blinde Frau Heidi ein Herz.

Hans-Jörg Thilo näht im DRK-Treffpunkt an der Königstraße in der Südstadt bei einer Bastelaktion für seine fast blinde Frau Heidi ein Herz.

Foto: Freya Dieckmann

Der Raum riecht nach Räuchermännchen, auf dem Tisch stehen Plätzchen, die bei der jüngsten Backaktion entstanden sind. Konzentriert basteln Frauen und Männer des Betreuten Wohnens der DRK-Schwesternschaft in Bonn an weißen Sternen, leuchtenden Weihnachtsbäumen und kleinen Engeln. Regelmäßig lädt die Schwesternschaft zu solchen Aktionen ein.

„Es gibt eigentlich jeden Tag ein Angebot, das ist wirklich ganz großartig“, sagt Renate M. Die 93-Jährige lebt in einem der Häuser mit Betreutem Wohnen in Poppelsdorf, die die Schwesternschaft betreibt. Ihre Lieblingsangebote seien alle, bei denen man das Gehirn anstrengen müsse, sagt die Seniorin, etwa beim Schachkursus und dem Gedächtnistraining.

Auch Ingrid Just bastelt fleißig, sie arbeitet gerade an dem runden Bauch eines Weihnachtsmannes. „Da kommt dann noch ein Kopf drauf und der große rote Hut und dann stelle ich das bei der Bescherung für die Enkelinnen auf den Tisch“, sagt sie. Auch sie wohnt bei der Schwesternschaft in Poppelsdorf und schätzt vor allem den Literaturzirkel. Dort wird auch Nobelpreis-Literatur gelesen: „Jetzt gerade lesen wir von Annie Ernaux ein Buch. Alle vier Wochen treffen wir uns und diskutieren dann darüber, das macht einfach Spaß“, sagt die 78-Jährige.

Veranstaltungen wie diese Bastelaktion sind aber nicht nur für die Bewohnerinnen und Bewohner der Schwesternschaft geöffnet. „Es könnte jetzt auch gerne eine Mutter mit Kind zum Basteln kommen. Wir sind offen für alle“, sagt Martina Müller. Sie ist Leiterin des Betreuten Wohnens und seit Kurzem auch Leiterin des neuen Projekts „Zusammen in Poppelsdorf“ (ZIP).

„Das Projekt wurde ins Leben gerufen, weil wir das Gefühl hatten, dass Angebote für die Menschen im Viertel fehlen. Wir bieten sowohl Informationen zur Betreuung von Senioren an, aber auch Angebote für alle in Poppelsdorf, die mehr unter Leute kommen wollen“, erklärt Müller.

Seit 2020 läuft die vom Land NRW unterstützte Initiative. ZIP habe sich vor allem dem Kampf gegen die Einsamkeit aller Menschen im Viertel verschrieben. „In Poppelsdorf sitzen bestimmt viele Menschen allein in ihren Wohnungen. Die können alle gerne zu unseren Aktionen kommen“, sagt Monika Kuhlen. Sie ist für die Ehrenamtlichen im Verein der DRK-Schwesternschaft verantwortlich und bringt beispielsweise Ehrenamtliche und Menschen zusammen, die zu Hause Unterstützung brauchen.

„Mit ZIP zeigen wir, dass wir nicht nur eine Einrichtung auf der grünen Wiese sind, die sich nur mit sich selbst beschäftigt. Wir wollen zeigen, dass wir offen sind für den ganzen Stadtteil“, ergänzt Müller. Ihnen sei es wichtig, einen Austausch zwischen Jung und Alt zu schaffen. Es gebe für die verschiedenen Veranstaltungen keine Altersbegrenzung und auch sonst keinerlei Hürden. „Wir sind nicht konfessionsgebunden und wir sind parteilos, es ist also wirklich jeder willkommen“, sagt sie.

In der Anfangsphase sei das Projekt wegen der Corona-Pandemie schleppend angelaufen. „Corona hat das Ganze am Anfang leider extrem ausgebremst“, sagt Kuhlen. „Wir sehen auch, dass sich das Problem der Einsamkeit durch Corona nochmal sehr verstärkt hat. In dieser Zeit haben viele, die allein leben, gemerkt: Jetzt bist du wirklich ganz allein. Unser Ziel ist es, die Menschen wieder mehr miteinander zu vernetzen“, sagt sie.

Dafür betreibe die Schwesternschaft Werbung in Form von Plakaten oder auch auf Social Media. Zum dritten Mal ist nun auch das ZIP-Magazin erschienen, in dem von den jüngsten Projekten der Schwesternschaft berichtet wird und sich Interessierte über einige Veranstaltungen informieren können.

„Wir haben auch sehr niedrigschwellige Angebote wie ein gemeinsames Kaffeetrinken, das sehr gut angenommen wird, oder auch ein gemeinsames Kochen. Da schnibbelt dann jeder ein bisschen mit, so gut wie er kann, und am Ende sitzt man gemütlich beieinander“, sagt Kuhlen.

Mitmachen, obwohl es gesundheitlich nicht immer möglich ist, versucht auch Heidi Thilo. Die 72-Jährige ist auf einem Auge blind und hatte deshalb Zweifel, ob sie beim Basteln teilnehmen könne. „Mein Mann und ich haben uns dann entschlossen, zusammen zu kommen. Er übernimmt einfach die Arbeit, die ich nicht mehr so gut machen kann.“ Hans-Jörg Thilo näht für seine Frau ein kleines Stoffherz zusammen und scherzt: „Ich war lange genug Junggeselle, da lernt man nähen!“

In Zukunft sollen bei ZIP noch viele weitere Kurse angeboten werden. „Zum Beispiel zum Thema Handy und Computer – dabei lassen sich Jung und Alt sehr gut miteinander verbinden“, so Müller. Dafür sucht der Verein noch Ehrenamtliche, die die Schwesternschaft unterstützen wollen.

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