Kanal- und Straßenbauarbeiten in Bonn Baustelle in der Römerstraße feiert siebten Geburtstag

Bonn · Aus Laiensicht gehen die Bauarbeiten in der Römerstraße kaum voran. Nicht nur die Anwohner ergeben sich allmählich ihrem Schicksal. Auch die Geschäftsleute müssen sich etwas einfallen lassen.

„Fleißig sind die schon“, sagt die Anwohnerin, die von ihrem Fenster aus das Treiben auf der Baustelle beobachtet. Dennoch scheinen die Arbeiten in der Römerstraße aus Laiensicht nicht recht voranzugehen: Baulöcher kommen und gehen, die Straße gleicht einem Flickenteppich, auf dem sich die Verkehrsteilnehmer irgendwie im Einbahnstraßenverkehr stadtauswärts miteinander arrangieren müssen. Viele Radfahrer weichen notgedrungen auf die Bürgersteige aus. Die Polizei kontrolliert hin und wieder, aber das bewegt die Radfahrer nicht dazu, auf den Parallelstraßen zu fahren, wie es bislang stadteinwärts eigentlich geboten war.

Seit gut sieben Jahren wird im Gesamtverlauf der Römerstraße gearbeitet. Drei Jahre, von 2011 bis 2014, schmückten Baustellenschilder zunächst den Abschnitt nördlich des Augustusrings. Dann waren dort zwar die Kanalbauarbeiten beendet, längst aber nicht die Straßenoberfläche erneuert. Schließlich folgte, in ähnlichem Tempo, das gleiche Spiel in Richtung Beethovenhalle.

Sarah Dusend ist mit ihrer Familie während der Baustelle an die Römerstraße gezogen. „Nach hinten ist es ruhig“, sagt sie. Lägen die Zimmer nur zur Baustelle hin, „wäre das ziemlich hart. Bei offenem Fenster ist das sehr nervig“. Deswegen hat sie auch kein Problem mit den archäologischen Grabungen, die die Baustelle immer wieder verzögern. „Wenn die buddeln, ist es ruhig.“

Anfang 2018 soll alles fertig sein

Ob es besser wird, wenn die Kanalarbeiten abgeschlossen sind und stattdessen wieder der Verkehr zweispurig durch die Römerstraße rollt? Und ob die Familie es zu spüren bekommen wird, dass, wie das Bonner Presseamt mitteilt, die inzwischen abgeschlossene Kanalerneuerung und die Umgestaltung der Straße Beitragspflichten für die Grundstückseigentümer auslösen? Die Stadt hat die Eigentümer darüber informiert, es würde nicht verwundern, wenn die die Kosten auf die Mieter umlegen. Anfang 2018 sollen die aufwendigen Kanal- und Straßenbauarbeiten endlich abgeschlossen sein.

Zu spät für die Römerstraßen-Zweigstelle des Elektrogeschäfts Elgema mit Hauptsitz in Hersel. Inhaber Andreas Schmelz bestätigt, dass das Bonner Geschäft wegen der Baustelle geschlossen wurde. „Die Kunden wollten da nicht mehr hinfahren.“ Die Umsätze gingen immer weiter in den Keller. Die Schließung kann dadurch kompensiert werden, dass die Verkaufsfläche in Hersel verdoppelt wurde. Genau andersherum hat es Heiko Lackstetter gemacht. Als „Oat King“ vertreibt er seit 2010 Muskelaufbauprodukte im Internet, 2016 hat er an der Römerstraße, gleich neben der eigentlichen Geschäftsstelle, ein Geschäft mit Café mit Namen „Protein Dudes“ für Laufkundschaft aufgemacht. Es laufe schon ganz gut. Wie es ohne Baustelle sein wird, kann er nicht einschätzen. „Ich gehe davon aus, dass dann mehr Leute reinkommen.“

Gewürzsortiment zu günstigen Preisen

Um sich zu halten, musste sich Kioskbesitzer Willi Kanertz etwas einfallen lassen: Er bietet seit drei Monaten ein umfangreiches Gewürzsortiment zu günstigen Preisen an. Das soll seine Umsatzeinbußen von bis zu 60 Prozent kompensieren, sagt er. „Die Miete bleibt ja die gleiche.“ Vor allem die Kunden, die auf dem Weg zur Arbeit aus Richtung Graurheindorf mal eben anhielten, um eine Zeitung zu kaufen oder Lotto zu spielen, sie würden ihm fehlen. Und sein Geschäft ist nicht mehr so leicht zu erreichen, zum Beispiel für Rollstuhlfahrer. Er gehe oft zu ihnen raus und bringe ihnen, was sie haben wollten.

„Die Situation ist so, dass sie keine Freude macht“, sagt er. Inzwischen wünschen sich alle ein Ende der Baustelle, die Frau mit dem Hund auf der Straße ebenso wie Domenik Vellmer am Empfang des Hotels Römerhof. Dieses kann sich noch halten, weil es viele Zimmer Richtung Rhein hat. „Die Zimmer nach vorn werden als letzte vergeben.“ Einige Gäste hätten diese aber wegen der Baustelle auch schon abgelehnt. Anderen sei die Anfahrt zu umständlich.