Phosphatgehalt in Bonner Gewässer Spezialanlage pumpt den Schlamm aus Rheinauensee

Bonn · Die schuppigen Bewohner des östlichen Teils des Rheinauensees in Bonn sind umquartiert, das Wasser ist abgelassen. Jetzt ist eine Spezialanlage im Einsatz, die den verunreinigten Schlamm abpumpt und weiterverarbeitet.

 Das meiste Wasser ist abgelassen, jetzt wird der Rheinauensee vom verunreinigten Schlamm befreit. 360 Kubimeter pumpt eine Spezialanlage stündlich heraus.

Das meiste Wasser ist abgelassen, jetzt wird der Rheinauensee vom verunreinigten Schlamm befreit. 360 Kubimeter pumpt eine Spezialanlage stündlich heraus.

Foto: Benjamin Westhoff

Auf der Baustelle am Rheinauensee unterhalb der Konrad-Adenauer-Brücke herrscht ein Höllenlärm. Der Motor der Siebanlage hat wohl eine kleine Macke und ist daher viel lauter als sonst, hat Stefan Brück festgestellt. Kein Wort versteht man mehr, wenn dazu noch die Stadtbahn oben über die Gleise rollt.  Brück ist Herr über die Spezialanlage der niederländischen Fachfirma Kurstjes, die mit der Sanierung des 15 Hektar großen Rheinauensees betraut ist. Voraussichtlich bis März soll die östliche Hälfte der Seenlandschaft wiederhergestellt sein, danach ist bis etwa Mai der westliche Teil an der Reihe.  

Hintergrund: Schlamm und Algen hatten dem Gewässer in der 1979 im Rahmen der Bundesgartenschau eingeweihten Rheinaue in den letzten Jahren zugesetzt, was immer wieder zu Fisch- und Vogelsterben führte (der GA berichtete). Als eine Hauptursache hatte die Stadt Bonn nach vielfachen Untersuchungen des Wassers den zu hohen Phosphorgehalt ausgemacht. Obwohl verboten, wurden und werden die Tiere im Wasser nach wie vor von den Spaziergängern gefüttert. Das führt zu einer Überpopulation und damit zu vermehrten Tierkot, der mit den Essensresten im Wasser landet und es so auf Dauer verunreinigt.

Infrage kam nur noch eine Operation am offenen Herzen: Zig Tonnen mit Algen versetzten Schlamm müssen die Fachleute aus dem See herausholen, ihn von Schmutz, Sand und Wasser befreien, bevor er abtransportiert und in einer Bodenaufbereitungsanlage wiederaufbereitet werden kann.

Unter der Leitung von Jan Stiller vom Amt für Stadtgrün sind zuvor rund 1000 Fische ­ – darunter Hechte und Karpfen – sowie Schildkröten und Pflanzen aus dem See geholt und unter anderem im westlichen, noch unbehandelten Teil des Rheinauensees sowie im Allner See bei Hennef wieder ausgesetzt worden. „Einige Exemplare waren bis zu 1,50 Meter lang“, berichtet Andrea Schulte vom Presseamt. Auch mussten die Experten das Wasser von allerlei Unrat befreien, damit die Pumpen nicht verstopfen.  „Da war so einiges drunter“, antwortet Stiller auf die Frage, was man denn gefunden habe. „Wir haben sogar einen Winkelschleifer aus dem Wasser geholt.“ Dazu kam jede Menge Spielzeug, Elektrogeräte, viele Einkaufswagen, kaputte Mülleimer aus der Rheinaue und ein Container voller Glasflaschen.  

Mittlerweile läuft also die Spezialanlage der Firma Kurstjes: 360 Kubikmeter Schlamm pumpt sie in der Stunde aus dem Gewässer, der in einem ersten Schritt von grobem Kies, Aststöckchen und Laub befreit wird.  Anschließend wird der im Schlamm enthaltene Sand abgesiebt. Er ist danach zwar recht dunkel, aber sehr feinkörnig. Eingesetzt wird er Stiller zufolge vor allem im Bauwesen, etwa beim Straßenbau.

Bleibt noch der Restschlamm, dem aus Transportgründen das Wasser entzogen wird,  sodass am Ende eine kleinere, viel leichtere Schlammmasse übrigbleibt. „Sie wandert in eine Bodenaufbereitungsanlage nach Dinslaken, wo sie unter anderem zu Abdeckmaterial oder  Düngemittel verarbeitet wird“, erklärt Brück.

Derweil wird in die bereits entschlammten Seebereiche frischer Sand eingebracht. Insgesamt werden einmal 27 000 Tonnen Sand den Boden des Rheinauensees bedecken. Er dient künftig den neu zu pflanzenden Makroalgen als Substrat und als Lebensraum für Mikroorganismen.  Spezielle Filter an den Zuläufen sollen verhindern, dass er wieder ausgeschwemmt wird. Der aufbereitete Sand aus den Seen kann wegen seines immer noch zu hohen Phosphorgehalts nicht wiederverwendet werden, erklärt Fachmann Stiller. Zudem tragen Bauarbeiter in den Uferbereichen die Kiesbänke ab. Die Steine werden gewaschen und abtransportiert.

„Manche Seen müssen nie saniert werden“

Hätte man den Rheinauensee vielleicht viel früher grundsanieren müssen, um das Fisch- und Vogelsterben zu vermeiden? Das könne man so nicht einfach beantworten, meint Stiller. „Das Hauptproblem war, wie gesagt, der Phosphatgehalt. Manche Seen müssen nie saniert werden, andere nach 30 Jahren, manche sogar schon nach zehn Jahren.“   

Wichtig sei vor allem, dass sich die Rheinauenbesucher künftig strikt an das Fütterungsverbot hielten. „Darauf wird die Stadt verschärft achten müssen“, kündigt Stiller an. Allerdings wolle man zunächst auf Aufklärungsarbeit und die Wirkung der Verbotsschilder setzen, bevor Bußgelder verhängt würden.  „Wir werden die Kontrollen insbesondere an den Wochenenden über die Medien ankündigen. Wer dann immer noch beim Füttern erwischt wird, für den wird dann ein Bußgeld fällig.“