Beethovenhalle in Bonn Sanierung kostet fast 100 Millionen Euro mehr als geplant

Exklusiv | Bonn · Mindestens 160 Millionen Euro: Die aktuelle Kostenprognose für die Sanierung der Beethovenhalle liegt nur noch knapp unter dem bisherigen „Worst Case“-Szenario. Und bis zur geplanten Eröffnung in vier Jahren kann noch viel passieren.

 Die Beethovenhalle kostet mindestens 160 Millionen Euro.

Die Beethovenhalle kostet mindestens 160 Millionen Euro.

Foto: Benjamin Westhoff

Die Sanierungskosten der Beethovenhalle haben die Marke von 160 Millionen Euro erreicht. Damit liegen sie, einschließlich Mehrwertsteuer, schon jetzt fast 100 Millionen über der ursprünglich kalkulierten Summe – und nur noch 6 Millionen Euro unter dem „Worst Case“-Szenario der Stadtverwaltung. Bis die Sanierung abgeschlossen ist, sollen aber noch knapp vier Jahre ins Land ziehen.

In die aktuelle Prognose seien alle Kosten eingerechnet, die mit Stand Juli 2020 absehbar gewesen seien, erklärte Lutz Leide, Leiter des Städtischen Gebäudemanagements Bonn (SGB), am Donnerstag den Ratspolitikern im zuständigen Projektbeirat. „Im Rahmen des Risikomanagements bilden wir in der Prognose alle bezifferbaren Risiken ab“, sagte Leide. Noch im März dieses Jahres stand sie bei 147 Millionen Euro, was Bernhard Wimmer (Bürger Bund Bonn/BBB) bissig mit der Bemerkung kommentierte, die Kosten würden „wie eine Rakete in die Höhe schießen“.

Rat soll vier Millionen Euro für Projektsteuerer freigeben

Auf der Baustelle schlagen heute die Fehler der Vergangenheit zu Buche: Untergrund und Bausubstanz nicht gründlich untersucht, ohne ausreichende Planung gestartet, chaotischer Terminplan, mangelhafte Koordination des Projekts – was unweigerlich zu Reibereien zwischen Architekten, Fachplanern, externen Projektsteuerern, Baufirmen und SGB führte. Technikfirmen kündigten ihre Verträge wegen des Zeitverzugs und mussten mit satten Preisaufschlägen zurückgeholt werden.

Wegen der „erheblichen Bauzeitverschiebung“ verlangen jetzt auch andere Firmen eine Anpassung ihrer Verträge, die auf dem Preisindex von 2016 oder 2017 beruhen. Sprich: Sie wollen mehr Geld für dieselbe Leistung. Die Stadt rechnet mit Zuschlägen von 10 bis 22,5 Prozent. Allein diese „Anpassung von Einheitspreisen“ führt zu Mehrkosten von 10,8 Millionen Euro.

Planungsfehler sorgen für zusätzliche Kosten

Auch die Projektsteuerer aus der Unternehmensberatung Drees & Sommer bekommen mehr Geld, weil die Sanierung, die sie lenken sollen, so viel länger dauert als geplant. Die Stadt hat mit der Firma für die Zeit bis Juni 2024 ein zusätzliches Honorar von rund 4 Millionen Euro ausgehandelt. Der Rat muss dem in seiner Sitzung am nächsten Dienstag noch zustimmen, hat aber gar keine andere Wahl. Zwar waren SGB und Stadtverwaltung zwischenzeitlich unzufrieden mit den Leistungen von Drees & Sommer. Die Projektsteuerer zu wechseln, erschien der Stadtspitze aber zu riskant. Die Sorge war groß, die Sanierung, die eigentlich 2018 vollendet sein sollte, weiter zu verzögern.

Es sind aber auch Planungsfehler, die Zusatz-Kosten produzieren. So ergab ein neues Gutachten, dass das ursprüngliche Brandschutzkonzept für den Saal nicht ausreichend ist. Also muss mit entsprechendem Aufwand umgeplant werden. „Bei den Plänen für die Entrauchung sind wir in der finalen Phase“, berichtete Leide im Projektbeirat.

Oberbürgermeister Ashok Sridharan saß neben ihm, hörte aufmerksam zu, schwieg im öffentlichen Teil der Sitzung jedoch. Jahrelang lag die politische Verantwortung für die Sanierung bei Stadtdirektor Wolfgang Fuchs, Sridharan vertrat ihn während einer mehrwöchigen Erholungsphase nach einer Operation. Vor wenigen Monaten übernahm Leide als neuer SGB-Chef die Projektleitung von Fuchs.

Was Brandschutz kosten kann, zeigt ein Beispiel aus dem Nordfoyer der Beethovenhalle: Dort soll der Rat 360 000 Euro für zehn Entrauchungsöffnungen freigeben, die eine Baufirma mit Hochdruckwasserstrahl in die Decke fräst. Um das denkmalgeschützte Parkett und die „Wände mit historischen Putzen“ zu schonen, müssen die Arbeiter aufwändige Schutzmaßnahmen treffen.

Weiteres Beispiel aus dem nächsten Rat, wo solche Themen stets hinter verschlossenen Türen behandelt werden: Eine Schallschutzwand an der Wachsbleiche, deren Notwendigkeit das SGB erst mit „Fortschreibung der Schallschutzplanung“ entdeckt hat. Kostenpunkt: 174 000 Euro.

Weitere Störungen des Bauablaufs sind nicht ausgeschlossen. Die Ausführungsplanung für die Technische Gebäudeausstattung (TGA) ist nicht komplett fertig. Und der Terminplan für die Baustelle ist laut SGB zwar mit allen Planern abgestimmt, aber nicht mit sämtlichen Baufirmen. „Das wollen wir bis Jahresende in den wesentlichen Punkten hinbekommen, auch wenn es sportlich ist“, sagte Leide. Solange der Terminplan nicht steht, kann sich die Sanierung auch über den Juni 2024 hinaus verzögern.

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