Bundesjazzorchester Beim Probespiel kämpften 142 junge Musiker um einen Platz

BONN · Musik liegt in der Luft. Aus einem Klassenraum dröhnen fetzige Trompetenklänge hinaus auf den Flur: Berthold Brauer wippt im Takt mit und registriert zufrieden, dass die Jury lächelt. Ganz langsam fährt sein Puls wieder runter. "Mein Vorspiel ist gut gelaufen. Ich bin sehr froh", strahlt der 21-jährige Student aus Dresden, als sich seine Anspannung allmählich gelegt hat.

 Hoffen auf die große Chance: Trompeter Matthis Rasche aus Hamburg wird von Musikern des Bundesjazzorchesters begleitet. Die Jury hört aufmerksam zu.

Hoffen auf die große Chance: Trompeter Matthis Rasche aus Hamburg wird von Musikern des Bundesjazzorchesters begleitet. Die Jury hört aufmerksam zu.

Foto: Roland Kohls

Er ist einer von 142 jungen Musikern im Alter zwischen 15 und 23 Jahren, die aus ganz Deutschland zum Probespiel des Bundesjazzorchesters (BuJazzO) ins Bonner Ernst-Moritz-Arndt-Gymnasium gekommen sind.

Sämtliche Big-Band-Instrumente - Trompeten, Posaunen, Saxofone und Rhythmusgruppe - werden in diesem Jahr neu besetzt. Denn im Bundesjazzorchester gibt es alle zwei Jahre eine automatische Verjüngungskur: Jedes Mitglied wird maximal zwei Jahre in die Förderung aufgenommen, dann rücken neue Talente nach.

"Wer einmal in diesem Orchester gespielt hat, der hat beste Berufsaussichten", erklärt Ariane Simons vom Deutschen Musikrat. Allerdings sind unter den 142 Teilnehmern gerade einmal 19 junge Musikerinnen. "Wir wissen nicht voran das liegt", so Simons.

Noch bis einschließlich Donnerstag sucht die Jury mit Professor Jiggs Whigham, Professor Niels Klein und Projektleiter Dominik Seidler die besten Nachwuchskünstler. 30 Orchesterpositionen sind zu vergeben. Auch zwei Bonner bewerben sich um einen der begehrten Plätze im Ensemble.

"Nö, aufgeregt bin ich nicht. Ich freue mich, wenn?s endlich losgeht", erzählt Richard Münchhoff, der als jüngster Teilnehmer am letzten Prüfungstag am Schlagzeug Platz nehmen wird. Der Bonner, der zudem Schüler am EMA ist, hat in der Vergangenheit bereits erfolgreich an vielen Landes- und Bundeswettbewerben, Workshops sowie Aufführungen teilgenommen. Dass Richard einmal Schlagzeuger wird, das erkannten seine Eltern früh.

"Schon als Baby hat er ständig auf Töpfen, Kisten und Tischen gehauen", erzählt Mutter Ursula Mühlen-Münchhoff. Mit fünf Jahren bekam er dann den ersten professionellen Unterricht. Heute übt der 15-Jährige manchmal vier bis fünf Stunden am Tag. Dafür haben seine Eltern in ihrem Haus im Musikerviertel eigens den Keller schalldicht ausbauen lassen. Für sein Vorspielen hat er sich "Seven Steps To Heaven" von Miles Davis und Victor Feldmann sowie "Well, You Needn't" von Thelonious Monk ausgesucht.

Ganz "cool" will Anton Vashchenko, Abiturient am Tannenbusch-Gymnasium, heute zum Probespiel gehen. "Ich habe mich sehr gefreut, als die Einladung kam", erzählte er gestern. "Ich hatte schon vergessen, dass ich mich beworben habe." Seit fast sieben Jahren spielt der 17-Jährige Saxofon, der allerdings zunächst von seinem Vater Gitarrenunterricht bekam. "Das war aber nicht mein Instrument", erkannte er schnell. "Aber das Saxofonspielen, das macht mir richtig Spaß."

Während so manch junger Musiker gestern aufgeregt von einem Bein auf das andere tippelte und nervös wartete, hat Anton Vashchenko am Vortag noch die Ruhe weg. "Ich gehe da hin, spiele und schaue mal, was daraus wird", erklärt der Schüler. "Es geht ja nicht um Leben oder Tod." Er wird der Jury seine Interpretation von "On A Slow Boat To China" präsentieren.

Ob es für ihn, Richard Münchhoff oder Berthold Brauer am Ende gereicht hat, das werden die jungen Musiker Anfang nächster Woche erfahren. "Bis dahin drücken uns alle zu Hause die Daumen", so Anton Vashchenko und Richard Münchhoff.

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