Nachbarschaftshilfe Beim Verein Tauschring Bonn wird für Hilfe mit Zeit bezahlt

Bonn · Jeder braucht mal Hilfe. Ob beim Anstreichen oder bei der Einrichtung der neuen Fritz-Box, bei der Kinderbetreuung oder im Haushalt. Und hier setzt der Tauschring Bonn an.

 Marktplatz Macke-Treff: Hier knüpfen und pflegen Mitglieder des Tauschrings Kontakte, bieten und erhalten Hilfe.

Marktplatz Macke-Treff: Hier knüpfen und pflegen Mitglieder des Tauschrings Kontakte, bieten und erhalten Hilfe.

Foto: Thomas Kölsch

Der Verein, der sich aus einer Art Nachbarschaftshilfe heraus entwickelt hat und in seiner jetzigen Form in diesem Jahr fünfjähriges Bestehen feiert, bringt Menschen zusammen, die ihre Fähigkeiten unkompliziert und vor allem unentgeltlich anderen zur Verfügung stellen. Es ist ein Geben und Nehmen, ein Austausch von Talenten auf Augenhöhe. Jede Dienstleistung ist gleichviel wert, so der Anspruch des Vereins. Das Konzept kommt an und zieht immer weitere Kreise.

Rund 100 Mitglieder verzeichnet der Verein inzwischen, aus der Stadt Bonn ebenso wie aus Bad Godesberg, Bad Honnef und Bad Neuenahr. Tendenz steigend. Schreibarbeiten, Hilfe beim Internet, Kochen, Fahrdienste, Babysitten – das Angebot ist breit gefächert, wenn auch nicht ganz ausgewogen. „Wir haben zum Beispiel sehr viele Mitglieder, die Nachhilfe anbieten, während uns Computerexperten, Putzkräfte und Handwerker fehlen“, sagt Eva Formaggio, die schon vor der Vereinsgründung im Tauschring aktiv war und inzwischen die Mail-Gruppe verwaltet. „Für mich ist das, was wir hier machen, unglaublich wichtig“, bekräftigt sie während einer kleinen Kaffeerunde im Macke-Treff.

„Jeder von uns hat seine Stärken, von denen wir als Gemeinschaft profitieren können.“ Und das alles ohne Bezahlung, wie Eva Malik, eine weitere langjährige Mitstreiterin bestätigt: „Kosten für Ersatzteile oder Backzutaten sollten schon erstattet werden, aber ansonsten gilt das Prinzip Zeit gegen Zeit. Wenn mich also ein Mitglied anspricht und fragt, ob ich mal für anderthalb Stunden mit einer Bohrmaschine vorbeikommen kann, ist das genauso viel wert wie wenn jemand mir anderthalb Stunden bei einem Computerproblem hilft.“ Diese Zeit wird in einem Konto vermerkt – gewissermaßen als Pseudo-Währung. „Ich plane demnächst einen Umzug, deshalb habe ich jetzt schon einiges angespart“, sagt Malik. „Wenn ich zehn Leute fragen möchte, ob sie mir einen Tag lang helfen, kommt einiges an Zeit zusammen.“

Regelmäßig veranstaltet der Tauschring Treffen, bei denen sich die Mitglieder kennenlernen können. „Viele tauschen lieber mit Menschen, die ihnen schon vertraut sind“, erklärt Formaggio, „deshalb lohnt es sich, ab und zu mal vorbeizukommen.“ Auch wenn gerade die Männer das anders zu sehen scheinen: Im Macke-Treff finden sich fast ausschließlich Frauen ein. „Ja, das ist ein bisschen schade“, bedauert Malik. „Wir haben einige Männer auf der Liste, die auch gerne helfen, wenn man sie fragt, aber gemeinsame Nachmittage sind offenbar nicht so ihr Ding.“ Dabei ist das der eigentliche Marktplatz: Hier werden Angebote gemacht, Hilfsgesuche gestellt, Kontakte geknüpft und gepflegt. Hier wird der Solidaritätsgedanke gelebt, weil es um mehr geht als Dienstleistungen: nämlich um Menschen.

Weitere Informationen unter www.tauschringbonn.de.

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