Opera Fuoco Berühmte Frauenschicksale beim Beethovenfest in Bonn

Bonn · Opera Fuoco widmet sich im WCCB berühmten Frauenschicksalen in der Musik. Orchestergründer und Dirigenten David Stern lässt keinen Augenblick Langeweile aufkommen

 Klagen und hoffen: Opera Fuoco mir dem Dirigenten und dem Mezzosopran Karine Deshayes.

Klagen und hoffen: Opera Fuoco mir dem Dirigenten und dem Mezzosopran Karine Deshayes.

Foto: Barbara Frommann

Es war der Abend der liebenden und verzweifelnden Frauen. In der Musik gibt es viele davon. Das Beethovenfest brachte einige von ihnen auf die Bühne des WCCB-Konzertsaals: die Margarete aus dem „Faust“, deren Ruhe hin und deren Herz schwer ist; die treue Dienerin Néris, die bereit ist, der rachsüchtigen Medea in den Tod zu folgen; die germanische Seherin Velleda, die sich ausgerechnet in einen römischen Soldaten verliebt hat.

Es ging also schicksalsträchtig zu und musikalisch sehr aufregend, weil man mit Opera Fuoco aus Paris ein Originalklang-Ensemble verpflichtet hatte, das unter seinem Gründer und Dirigenten David Stern keinen Augenblick Langeweile aufkommen lässt. Der Name (Fuoco/Feuer) ist Verpflichtung, das Orchester versteht sich auf die herbe Attacke ebenso gut wie auf die verführerische Idylle. Und es hat erstklassige Solisten in seinen Reihen (unter anderem Fagott und Englischhorn).

Bekanntes stand neben Unbekanntem. Cherubinis Néris-Arie aus „Medea“ und die Romanze der Marguerite aus Berlioz’ „Fausts Verdammnis“ gehören sozusagen zum Repertoire. Ferdinando Paers Ouvertüre zur Oper „Leonora“ – der italienische Komponist bearbeitet denselben Stoff, mit dem sich auch Beethoven im „Fidelio“ beschäftigt – gilt schon als Rarität des Musikbetriebs. Mit der Kantate „Velléda“ aus der Feder eines gewissen Xavier Boisselot (1811-1893) hatte David Stern ein gänzlich vergessenes Stück aufs Programm gesetzt, das von überrumpelnder Schönheit ist und dem man auf jeden Fall wiederbegegnen möchte.

Boisselot gab eine sehr erfolgversprechende Komponistenkarriere auf, um sich dem Klavierbau-Betrieb der Familie zu widmen. Mit „Velléda“ gewann er 1836 den Rom-Preis, vermutlich waren die Juroren damals genauso entzückt wie das Publikum heute. Boisselot beginnt mit der harfenumrankten Empfindsamkeit eines Bellini und endet mit einer Verzweiflungs-Arie von Wolfsschlucht-Zuschnitt à la Carl Maria von Weber. Die französische Mezzosopranistin Karine Deshayes begegnete dieser vokalen Herausforderung wie auch den Szenen von Cherubini und Berlioz mit einer großen und klaren, auch in den Höhen nie überstrapazierten Stimme, die den feinsten Seelenregungen nachspüren kann. Intensiver kann man für solch ein Überraschungsstück wie das von Boisselot nicht werben.

Nach soviel Frauenliebe und -leiden, nach soviel Klagen und Hoffen gab’s nach der Pause im bestenfalls zu zwei Dritteln besetzten Konzertsaal mit der 8. Sinfonie Beethoven pur. Dirigent David Stern, der sich zuvor schon auch als äußerst charmanter, zweisprachiger Konzert-Moderator bewährt hatte, gab in einer kurzen Einführung seine Sicht auf die Sinfonie preis: Für ihn ist sie so etwas wie Beethovens Blick aus dem Fenster aufs pralle Wiener Leben. Und so spielte sein Ensemble die Sinfonie denn auch, sehr frisch und lebendig, luftig und weitgehend unbeschwert, viel Tanz mit ein paar schroffen Einwürfen – eine rundum überzeugende und animierende Lesart.

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