Haus Dottendorf Betreiber weiter unter Druck

BONN · Nach der Schließung von Haus Dottendorf gerät der Betreiber des Seniorenheims, die Dortmunder Senator GmbH, weiter unter Druck.

Der Landesverband der Ersatzkassen (VDEK) hat nun die fristlose Kündigung des für die Heimzulassung nötigen Versorgungsvertrages eingeleitet, wie Sprecherin Sigrid Averesch am Freitag mitteilte. Die Kündigung betrifft nur das Haus in Dottendorf.

Wie berichtet, hatte sich der Verband in den vergangenen Tagen mit allen Krankenkassen in NRW in Verbindung gesetzt, um die für die Kündigung nötige Einigung zu erzielen. Erster Kündigungsgrund ist nach Avereschs Angaben die Schließung des Heimes durch die Bonner Heimaufsicht, da etwa die medizinisch-pflegerische Versorgung der Senioren nicht mehr sichergestellt war. Zweiter Kündigungsgrund sind, bezogen auf einen Todesfall, pflegerische Mängel.

Bekannt geworden sind zwei Todesfälle: Einem 75-Jährigen war fälschlich Insulin gespritzt worden, ein 70-Jähriger lag aus ungeklärten Gründen morgens tot in seinem Zimmer. Die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft dauern weiter an, sagte gestern Sprecherin Monika Volkhausen.

Einbezogen seien auch die Sabotagevorwürfe der Bediensteten. Die vermuten, dass es in ihren Reihen schwarze Schafe gebe, die etwa während der Überprüfungen durch die Heimaufsicht abgelaufene Medikamente ausgelegt hätten. Wie berichtet, haben die Pfleger gekündigte und unzufriedene Mitarbeiter im Blick.

Der Betreiber kann gegen die fristlose Kündigung, die laut Averesch wohl Mitte März ausgesprochen wird, klagen. Dabei sei eine solche Kündigung des Versorgungsvertrags ein Sonderfall, der letzte in NRW liege etwa acht Jahre zurück. "In der Regel wird versucht, das Angebot an Pflegeheimplätzen zu erhalten und auf einen Wechsel des Trägers hinzuwirken. Das braucht allerdings Zeit", sagte Averesch. In einem Fall wie in Dottendorf aber "muss schnell gehandelt werden" - deshalb die Einleitung der Kündigung.

Die ist bei Senator nun eingegangen, wie Nicole Jakobs, Sprecherin des Dottendorfer Heimbetreibers, gestern sagte. Das weitere Vorgehen werde noch beraten. Auch bei einer Mitarbeiterversammlung am Donnerstag habe man dem Personal noch nicht sagen können, wie es weitergeht.

Auch das NRW-Gesundheitsministerium hat sich eingeschaltet, um die Zustände an 18 Einrichtungen der Senator GmbH in Nordrhein-Westfalen abzufragen. Das teilte Ministeriumssprecher Christoph Meinerz mit. Es sei nicht auszuschließen, "dass die Missstände im Seniorenzentrum Haus Dottendorf auf strukturelle Mängel nicht nur in dieser Einrichtung zurückzuführen waren".

So sollen die zuständigen Behörden an den Standorten der Senator-Gruppe die Lage darstellen. Es sind Zahlen im Umlauf, wonach die Leiharbeiterquote in Dottendorf bei 90 Prozent gelegen haben soll. Senator bestreitet das: sie habe zeitweise bei maximal 25 Prozent gelegen.

Die Heimaufsicht in Euskirchen hatte im dortigen Haus Veybach einen Belegungsstopp bis April angeordnet. Dort wurden Mängel bei der Versorgung mit Medikamenten und der Dokumentation festgestellt. Es handele sich dabei überwiegend um ehemalige Bewohner des Seniorenzentrums in Dottendorf, "die wegen der Schließung ad hoc in Euskirchen aufgenommen werden mussten", so Meinerz.

In zwei anderen Einrichtungen in Dortmund und Hagen seien ebenfalls "wesentliche Mängel" festgestellt worden, die eine enge Begleitung durch die dortigen Aufsichtsbehörden erforderlich machten. Das konnte Jakobs gestern nicht bestätigen, sie wisse aber, dass Senator unter besonderer Beobachtung steht.

Am Standort Warendorf (Kreis Steinfurt) hat es laut Jakobs nach einer Beschwerde eine sogenannte Anlassprüfung gegeben. Sie sei ohne Beanstandung beendet worden. Nach Ministeriumsangaben wurden in den 13 anderen Senator-Einrichtungen "entweder gar keine oder nur geringfügige Mängel festgestellt".

Chronologie zur Schließung von Haus Dottendorf

19. Januar: Die Bonner Heimaufsicht kündigt an, dass 65 Bewohner der Pflegestufen 2 und 3 das Haus verlassen müssen.

22. Januar: Die Senioren ziehen in einer Hau-Ruck-Aktion um. Der Grund: "gefährliche Pflege". Das ist vor allem deshalb tragisch, weil viele von ihnen bettlägrig oder dement sind. Sie werden aus ihrer gewohnten Umgebung herausgerissen, verlieren ihr Zuhause. Die Staatsanwaltschaft Bonn ermittelt wegen des Verdachts der fahrlässigen Tötung in zwei Fällen. Bis heute sind die Ermittler damit beschäftigt, die vielen Patientenakten zu sichten und zu prüfen.

26. Januar: Nach intensiver Prüfung entscheiden Heimaufsicht und Medizinischer Dienst der Krankenversicherung, Haus Dottendorf ganz zu schließen.

4. Februar: Zwei beim Verwaltungsgericht Köln eingereichte Eilanträge des Heimbetreibers sowie später ein Widerspruch vor dem Oberverwaltungsgericht Münster nutzen am Ende nichts: Am Abend müssen die übrigen Bewohner ausziehen.

5. Februar: Pfleger, die im Haus Dottendorf arbeiten, melden sich zu Wort und sprechen von Sabotage in dem Seniorenheim. Sie vermuten, ehemalige Kollegen hätten dafür gesorgt, dass etwa Medikamente vertauscht wurden. Außerdem kritisieren einige Mitarbeiter die Arbeitsweise der Bonner Heimaufsicht.

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