Täglich neue Funde Bezirksregierung warnt vor Granaten im Rhein

Düsseldorf · Fast täglich werden nicht nur am Bonner Rheinufer Granaten entdeckt. Das sei eine tödliche Gefahr, mahnt die Düsseldorfer Bezirksregierung.

Von der Kennedybrücke hat man einen wunderschönen Blick auf den Rhein – oder auf das, was von dem Fluss übrig geblieben ist: den Niedrigpegel, der allerhand Unrat zutage fördert. Immer häufiger tauchen Blindgänger aus dem Zweiten Weltkrieg auf. Sowohl am Montag als auch am Dienstag wurden am Rheinufer mehrere Granaten gefunden, die dann am frühen Abend vom Kampfmittelräumdienst gesichert und abtransportiert wurde.

Seitdem die Pegel des Rheins sinken, werden entlang des Stroms viele gefährliche Überbleibsel aus den Weltkriegen freigelegt. Beinahe täglich wird irgendwo eine Granate oder ein Blindgänger entdeckt. Allein am vergangenen Wochenende wurde der Kampfmittelräumdienst im Raum Köln zu 22 Einsätzen gerufen. Am Bonner Rheinufer wurden am Sonntag sieben Blindgänger geborgen, am Freitag davor war es eine 110 Kilogramm schwere, mit TNT gefüllte Granate, die mit einem Kran aus dem Flussbett gehoben werden musste. In Köln wurde in der vergangenen Woche ein 50 Kilogramm schwerer Blindgänger unschädlich gemacht.

Es gibt aber auch Fehlalarme, bei denen sich herausstellt, dass es sich bei den aufgefundenen Gegenständen nicht um eine Bombe handelt. Aber lieber einmal zu viel eine Behörde alarmiert, als zu wenig, heißt es bei der zuständigen Bezirksregierung Düsseldorf. „Durch das Niedrigwasser werden derzeit mehr Granaten entdeckt als sonst“, sagt eine Sprecherin der Aufsichtsbehörde.

„Es liegen nun Bereiche frei, die sonst nicht zugänglich sind“, erklärt sie. Die Bezirksregierung warnt alle Spaziergänger und vor allem die selbsternannten Schatzjäger und „Bombentouristen“, die jetzt vermehrt entlang des Rheins unterwegs sind, die Granaten anzufassen. „Finger weg“, sagt die Sprecherin der Bezirksregierung. „Das kann tödliche Folgen haben. Nicht nur für einen selbst, sondern auch für unbeteiligte Personen, die in der Nähe stehen“, sagt die Sprecherin. Außerdem sei das auch verboten.

Phosphor-Granaten können tückisch sein

Erst am vergangenen Freitag fand ein Familienvater aus Hamminkeln beim Spielen mit seinen Kindern am Rheinufer bei Kleve Reste einer Phosphor-Granate. „Ich dachte erst, es wäre ein schimmernder Stein“, sagt Denis Trisolini. „Als ich ihn aus dem Wasser holte und in meinen Händen hielt, fing die Oberfläche plötzlich an zu dampfen.“ Sofort legte Trisolini den Gegenstand zurück ins Wasser und informierte die Polizei. Bereits zwei Tage zuvor war an derselben Stelle eine Granate vom Kampfmittelräumdienst beseitigt worden.

Gerade Phosphor-Granaten können tückisch sein. Sie gehören zu den gefährlichsten Kampfmitteln überhaupt – und werden immer wieder entlang des Rheinufers angespült. Schon kleinste Splitter können zu schweren Verletzungen führen. Besonders schwer traf es einen 77-Jährigen vor drei Jahren. Der Mann hatte den Kampfmittelrest aus dem Zweiten Weltkrieg für einen harmlosen Kiesel gehalten und eingesteckt. Der Phosphor entzündete sich in der Hosentasche des Mannes. Er erlitt schwere Verbrennungen an Hand und Hüfte.

Wie viele Blindgänger und Munitionsüberreste noch im Rhein und anderen Gewässern liegen, kann man bei der Bezirksregierung nicht sagen. Man geht aber davon aus, dass es gerade im Rhein besonders viele sein müssen, insbesondere in der Nähe von Brücken, Großstädten und Industrieansiedlungen. Denn diese seien Ziele der Luftangriffe der Alliierten während des Zweiten Weltkrieges gewesen. Pauschal ließe sich aber feststellen, dass im Zweiten Weltkrieg etwa 2,7 Millionen Tonnen über dem damaligen deutschen Reichsgebiet abgeworfen wurden (inklusive aller Brandbomben und sonstiger Munition), davon etwa ein Viertel auf NRW.

Fast die Hälfte der Luftangriffe der Briten und Amerikaner zielten auf das industrielle Ballungszentrum im Rheinland und im Ruhrgebiet. Beim Aufspüren von Bomben spielt die Auswertung von Luftbildern der Alliierten eine wichtige Rolle. „Das machen wir am Rhein aber nur, wenn etwa ein neuer Brückenpfeiler gesetzt werden muss“, sagt die Sprecherin der Aufsichtsbehörde.

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