Willkommenskultur in Bonn Bis zu 250 Flüchtlinge sollen in die Ermekeilkaserne
SÜDSTADT · Mehr als 200 Bürger folgten am Mittwochabend der Einladung der Bezirksregierung Köln in den Gemeindesaal der evangelischen Lutherkirche an der Kurfürstenstraße.
Vize-Regierungspräsident Wilhelm Steitz informierte dort über die voraussichtlich ab August geplante Nutzung eines Teils der nahe der Lutherkirche gelegenen Ermekeilkaserne als Notunterkunft für bis zu 250 Flüchtlinge.
Steitz lobte die Willkommenskultur in der Bundesstadt. Die Bonner seien nach der bisherigen Erfahrung extrem offen gegenüber den Menschen, die ihre Heimat wegen Krieg, Verfolgung oder Naturkatastrophen verlassen mussten. Einige von ihnen werden demnächst in der Südstadt ein vorübergehendes Zuhause finden. Zwei Gebäude der Ermekeilkaserne sollen als sogenannte Zwischenunterkunft hergerichtet werden, in der die Flüchtlinge nach der Erstaufnahme ein bis zwei Monate unterkommen, bis sie auf die Kommunen verteilt werden. Sie wohnen in den umgebauten ehemaligen Büros.
Als Sanitäranlagen dienen Container vor den Gebäuden. Die Kaserne stellt der Bund dem Land mietfrei zur Verfügung. Zu den Kosten des Umbaus konnte die Bezirksregierung gestern auf GA-Nachfrage noch nichts sagen. Als Betreiber der Unterkunft ist zurzeit der DRK-Kreisverband Bonn im Gespräch. "Wir stehen deswegen mit der Bezirksregierung in Verhandlung", sagte DRK-Kreisverbandsvorsitzender Georg Fenninger, der ebenfalls unter den Zuhörern weilte.
Wie lange die Kaserne Notunterkunft sein wird, steht noch nicht fest. Die Rede ist derzeit von bis zu zwei Jahren. Wie berichtet, hatte die Stadt ursprünglich vor, die Ermekeilkaserne als kommunale Flüchtlingsunterkunft zu nutzen. Mit Blick auf den aufwendigen Umbau, wollte sie allerdings für 2,4 Millionen Euro ein Containerdorf für 80 Flüchtlinge auf dem Gelände errichten
Die nach wie vor steigende Zahl an Flüchtlingen auch in Nordrhein-Westfalen sei eine hohe Herausforderung für eine humanitäre Unterbringungspraxis, machte Steitz in seinem Vortrag über die Entwicklung der Flüchtlingsströme und die entsprechenden Maßnahmen des Landes deutlich. Anschließend beantwortete er viele Fragen der Zuhörer, die von der Art der Unterbringung der Flüchtlinge über die Kinderbetreuung bis hin zu verschiedenen Hilfsmöglichkeiten reichten. "Wir erleben hier in der Südstadt eine große Welle der Hilfsbereitschaft", freute sich Lutherkirchen-Pfarrer Joachim Gerhardt mit seiner Kollegin Ulrike Veermann, die den Abend moderierte.
Steitz hatte zuvor berichtet, dass das Land 2014 einen bis dahin nie da gewesenen Anstieg der Flüchtlingszahlen verzeichnet, der zur Überforderung der Erstaufnahmeeinrichtungen in Dortmund und Bielefeld und zur kurzfristigen Schaffung von Notunterkünften geführt hätte.
Mit mehr als 40.000 Asylsuchenden waren es 2014 in NRW beinahe doppelt so viele wie noch 2013.
Die Ermekeilkaserne
Auf mehr als 130 Jahre Militärgeschichte schaut die Ermekeilkaserne in der Südstadt zurück. Von 1955 bis zum Sommer 2013 nutzte die Bundeswehr die Gebäude und das gut 25 000 Quadratmeter große Areal. Dann übernahm die Bundesanstalt für Immobilienaufgaben (Bima) die Kaserne. Langfristig soll auf dem Areal ein neues Wohnquartier entstehen.
Für die zivile Nutzung der Kaserne hat sich ein Verein gegründet. Mehr als hundert Hobbygärtner nutzen zurzeit Teile der Flächen im Rahmen des vom Verein initiierten sogenannten Urban-Gardening-Projekts für den Anbau von Obst, Gemüse und Kräutern in Hochbeeten. Seit Anfang 2015 betreibt der Verein dort auch ein Näh- und Repair-Café.