Kommentar zu den Haushaltszahlen Bitte keine Illusionen

Meinung | Bonn · Trotz der Freude über den Überschuss von fast 60 Millionen Euro, sollten weder Bürger noch Ratspolitiker der Illusion erliegen, die Kommune habe kein finanzielles Problem mehr, meint GA-Redakteur Andreas Baumann.

Wie von Zauberhand scheint sich die Bonner Finanzkrise plötzlich in Wohlgefallen aufgelöst zu haben. Ein überraschender Überschuss von fast 60 Millionen Euro im vorigen Jahr – wer will da noch über Sparmaßnahmen im städtischen Haushalt diskutieren?

Aber Vorsicht: Bei aller Freude über sprudelnde Steuern sollten weder Bürger noch Ratspolitiker der Illusion erliegen, die Kommune habe kein finanzielles Problem mehr. Jeder zusätzliche Steuer-Euro ist für die Stadt in Wahrheit nur etwa 20 Cent wert, weil Landeszuweisungen entsprechend sinken und die Umlage an den Landschaftsverband steigt.

Auch die cleverste Kämmerin besitzt zudem keine Glaskugel, in der sie die künftigen Einnahmen lesen könnte. Gerade die Gewerbesteuer, für Kommunen eine der wichtigsten Quellen, ist sehr schwankungsanfällig. Kühlt die Konjunktur ab, brechen auch die Einnahmen weg. Und wenn dann noch die Zinsen wieder steigen...

Denn eines sollte niemand vergessen: Bonns Schuldenberg steht schon bei 1,7 Milliarden Euro. Und die Kommune ist in den kommenden Jahren zu Investitionen in dreistelliger Millionenhöhe gezwungen: Stadthaus, Oper, Godesberger Stadthalle, die Ertüchtigung des Kanalsystems, Schulerweiterungen und Kindergarten-Neubauten müssen finanziert werden. Ungebremst schwellen zudem die laufenden Kosten weiter an, vor allem bei den Ausgaben für Kinder, Jugend und Familie sowie das städtische Personal.

Für die eigenen Mitarbeiter plant die Kommune allein in diesem Jahr 340 Millionen Euro ein. Vom Stellenabbau, vor Jahren angekündigt, kann keine Rede mehr sein: Die Stadtverwaltung schafft im Gegenteil neue Posten, für die sie Bedarf sieht: im Gebäudemanagement ebenso wie beim Ordnungsdienst. Ohne Gegenmaßnahmen ist es nur eine Frage der Zeit, bis Bonn wieder dick im Minus steckt.