180 Jahre alte Buche am Finanzamt Blutbuche im Eilverfahren gefällt

WESTSTADT · Trotz Widerstand der Anwohner und Auflagen der Stadt hat der Bau- und Liegenschaftsbetrieb NRW den 180 Jahre alten Baum auf dem Parkplatz des Finanzamtes Bonn-Außenstadt entfernt.

 GA-Leserin Luisa Vollmar schickte uns dieses Foto der Fällaktion.

GA-Leserin Luisa Vollmar schickte uns dieses Foto der Fällaktion.

Foto: Luisa Vollmar

Die Anwohner in der Mozartstraße können es nicht fassen: Am Ende haben sie den Kampf um den Erhalt der Rot-/Blutbuche auf dem Parkplatz des Finanzamtes Bonn-Außenstadt doch verloren. „Ich bin schockiert“, sagte Elmar Conrads-Hassel, der diesen Kampf vehement geführt hatte. Gestern morgen gegen 7.15 Uhr fällten Arbeiter den rund 180 Jahre alten Baum. Der Bau- und Liegenschaftsbetrieb NRW (BLB), Niederlassung Köln, hat sich damit über Auflagen hinweg gesetzt, die die Stadt Bonn mit der Fällung verbunden hatte.

Zwei Tage vorher hatte Conrads-Hassel, der für die FDP in der Bezirksvertretung Bonn sitzt, noch frohlockt: In der Sitzung der Bezirksvertretung waren besagte Auflagen – Rückbau der unrechtmäßigen Pflasterung rund um die Buche und Ersatzpflanzung von fünf neuen standortgerechten Bäumen –, die vor der Fällung zu erfüllen waren, per Dringlichkeitsbeschluss noch verschärft worden. Unter anderem wird darin die Pflanzung von fünf weiteren Bäumen festgelegt. Vom Abholztermin wusste da noch niemand etwas.

Anscheinend hatte man beim BLB massiven Widerstand der Anwohner befürchtet und deshalb vorsorglich einen Sicherheitsdienst engagiert, der während der gestrigen Fällung niemanden auf den Parkplatz ließ. Zudem wurde an einem weiteren Baum auf dem Parkplatz die Kettensäge angesetzt. Er wurde gefällt, damit die Blutbuche sicher auf den Platz kippen konnte. Das Ganze war in wenigen Minuten erledigt. Als die Nachbarn sich auf dem Privatgrundstück, in das der Baum hineinragt, einfanden, wurde der dicke Stamm bereits für den Abtransport zerstückelt.

Zwei Tage nach Beginn des Korruptionsprozesses um Ex-BLB-Chef Ferdinand Tiggemann habe der Betrieb „seinen bundesweiten Ruf erneut bestätigt“, kommentiert Conrads-Hassel. „Fakten schaffen – koste es was es wolle.“ Schließlich werde mit Steuergeldern gearbeitet. „Und auch die Rechts- und Sachlage war allen Verantwortlichen im landeseigenen Baubetrieb offensichtlich gleichgültig.“

In einer Pressemitteilung, die der BLB gestern um 7.50 Uhr verschickte, argumentiert die Kölner Niederlassung mit ihrer Verkehrssicherungspflicht. Und beruft sich dabei auf ein Gutachten aus dem Jahr 2014, das den Baum als durch Pilzbefall irreversibel geschädigt bewertete. Weiterhin wird auf die Fällgenehmigung der Stadt Bonn aus dem Jahr 2014 – die aber eben mit Auflagen verbunden ist – und die Klage der Nachbarschaft verwiesen, die das Verwaltungsgericht Köln 2015 abgewiesen hatte.

„Somit ist die durch die Stadt Bonn erteilte Genehmigung zur Fällung der Blutbuche rechtskräftig“, schreibt Pressesprecher Frank Buch. Im Nachgang zu den Fällarbeiten werde die derzeit noch bestehende Pflasterung im Bereich der Blutbuche zurückgebaut und der Bereich renaturiert. Wann das geschehen wird und ob man dabei die Auflagen der Stadt einhalten will, war gestern beim BLB nicht zu erfahren. Auch seitens der Stadt war keine Stellungnahme zu bekommen.

Die Anwohner sind frustriert. Als Privatperson würde man damit nicht durchkommen, kommentierte Conrads-Hassel. Mit Galgenhumor vermerkte er, dass der Baum am „Welttag der Erde“ gefällt wurde, an dem die Umwelt wertgeschätzt werden soll. Immerhin hatte der BLB nicht bis kommenden Montag gewartet, dann ist der „Tag des Baumes“.

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