Prozess gegen Marco G. Bombe am Bonner Hauptbahnhof soll keinen Zünder gehabt haben

Bonn/Düsseldorf · Der Prozess gegen den angeklagten Islamisten Marco G., der im Dezember 2012 an Gleis 1 des Bonner Hauptbahnhofs eine explosionsfähige Bombe deponiert haben soll, gestaltet sich weiter als detailreiches und schwieriges Indizienpuzzle. Zuletzt ging es wieder einmal um eine für das Strafmaß des Angeklagten wichtige Frage: Hatte die Bombe einen Zünder oder nicht?

Ein Beamter des Landeskriminalamtes berichtete als Zeuge vor dem Düsseldorfer Oberlandesgericht, man habe den Sprengsatz für Ermittlungszwecke nachgebaut und auch die Entschärfung der möglichen Bombe nachgeahmt. Man müsse demnach zwingend davon ausgehen, dass der Sprengsatz keinen Zünder gehabt habe.

Der Rechtsanwalt von Marco G., Mutlu Günal, sieht dies als Entlastung für seinen Mandanten, wie er dem GA sagte. Weniger eindeutig scheint die Frage zu beantworten zu sein, ob es sich bei dem Material, das Ermittler in der Tannenbuscher Wohnung von Marco G. fanden, und dem in der Rohrbombe um ein und dieselbe Substanz handelte. Die beiden Stoffe seien zwar chemisch identisch, könnten aber aus zwei unterschiedlichen Produktionen stammen, so ein Polizeibeamter als Zeuge.

Bombe nach Plan von Al-Quaida gebaut?

Fraglich ist auch, ob Marco G. die mögliche Bombe nach einem Plan von Al-Quaida gebaut hat. Immerhin sei die auf einem Speicherstick von G. gefundene Bombenbauanleitung übereinstimmend mit einer Anleitung von Al-Quaida, so ein anderer Beamter.

Dem 27-jährigen Deutschen Marco G. wird vorgeworfen, er habe mit einem versuchten Bombenanschlag am Bonner Hauptbahnhof im Dezember 2012 möglichst viele Menschen töten wollen. Der Anschlag sei nur deshalb fehlgeschlagen, weil die Bombe falsch konstruiert oder der Zünder instabil war. Im Falle einer Verurteilung droht G. eine lebenslange Haftstrafe.

Zusammen mit drei weiteren Männern soll Marco G. außerdem im März 2013 einen Mordanschlag auf den Vorsitzenden der rechtspopulistischen Partei "Pro NRW" geplant und dafür Pistolen beschafft haben.

Staatsanwaltschaft ermittelt gegen Unbekannt

Zuletzt hatte G. Schlagzeilen gemacht, weil bei einer der regelmäßigen Durchsuchungen seiner Zelle fünf Einweg-Rasierköpfe mit Klingen gefunden worden, deren Stiele abgebrochen waren. Darüber hinaus entdeckten die Vollzugsbeamten einen mit Verbandsmaterial umwickelten Kugelschreiber, dessen Mine umgedreht war, möglicherweise ein Stichwerkzeug.

Nun ermittelt die Staatsanwaltschaft gegen Unbekannt wegen des Verdachts eines Befreiungsversuchs von Marco G. Nach Informationen des Nachrichtenmagazins Spiegel wurde auch eine Skizze des Gefängnisses entdeckt.