19. Oktober 1944 Bombenangriff vor 75 Jahren kostete viele Bonner das Leben

Bonn · Bonn hat im Verlaufe des Krieges 72 Luftangriffe über sich ergehen lassen müssen, darunter sieben Großangriffe. Doch der Angriff vom 18. Oktober 1944 prägte sich als der stärkste und folgenschwerste ins Bewusstsein der Kriegsgeneration ein.

 Ein paar Bonner laufen durch die zerstörten Straßen.

Ein paar Bonner laufen durch die zerstörten Straßen.

Foto: GA-Archiv

Am 19. Oktober 1944 machte der Schweizer Generalkonsul von Weiss folgende Eintragung in sein Tagebuch: "Nachdem ich in letzter Zeit des öfteren von verschiedenen Seiten gefragt worden war, ob es wahr sei, daß die Stadt Bonn als Lazarettstadt oder als Rote-Kreuz-Stadt verschont bleiben würde, ereilte gestern morgen auch die altehrwürdige Universitätsstadt ein über die Grenzen Deutschlands bekanntes Zentrum des Wissens und der Kultur, ihr Schicksal. Alliierte Bomber erschienen auch über dieser Stadt in größerer Zahl und verwandelten sie in circa 25 Minuten in eine Stätte des Grauens."

Bonn hatte im Verlaufe des Krieges 72 Luftangriffe über sich ergehen lassen müssen, darunter sieben Großangriffe. Doch der Angriff vom 18. Oktober 1944 prägte sich als der stärkste und folgenschwerste ins Bewusstsein der Kriegsgeneration ein. Die Bilanz: Mehr als 300 Tote, rund 1000 Verletzte und an die 20.000 Obdachlose. Am Ende des Kriegs hatte Bonn mit 1564 Zivilopfern, also 15,5 pro 1000 Einwohnern, einen traurigen Spitzenplatz unter den deutschen Städten.

Von den 11.107 Wohngebäuden der Stadt waren 2088, von den rund 30.000 Wohnungen mehr als die Hälfte unbewohnbar. Fast 600.000 Kubikmeter Schutt lagen als Bombentrümmer in den Straßen. Hinzu kam, dass mit Bauten wie der Universität, dem Alten Rathaus, dem Stadttheater, der Beethovenhalle und der Kreuzkirche in dem Inferno das alte Bonn endgültig unterzugehen schien. Im alliierten Hauptquartier der Luftwaffe war man von sentimentalen Skrupeln, die etwa die Schonung einer "Musenstadt" hätte nahelegen können, offenbar nicht geplagt.

Was für Bonn und seine Bewohner eine Katastrophe bedeutete, entpuppte sich für die die britische Luftwaffenführung als Misserfolg. Sie hatte Bonn als Gebiet ausgesucht, um ein neues System zu testen, das den Bombenflotten ermöglichen sollte, ihre Ziele über einer dichten Wolkendecke anzufliegen und die Bombenlast auf das Kommando einer Bodenleitstelle genau über dem Ziel abzuwerfen. Entgegen den Erwartungen der Meteorologen war über dem Rheinland strahlend blauer Himmel.

Die deutsche Flak, deren Batterien in Tannenbusch, auf dem Hardtberg, in Friesdorf, in Niederkassel und in Hangelar standen, konnte wirkungsvoll auf Sicht schießen. Das System, das das Kommando zum Auslösen der Bomben geben sollte, fiel aus. Da die Besatzungen der Flugzeuge jedoch bei klarer Sicht das Ziel erkennen konnten, warf ein Teil von ihnen seine Bombenlast, wie befohlen, über der Bonner Altstadt ab. Für den Angriff der britischen Bomber gab es also keine besondere militärische Motivation.

In Zeitzeugenberichten fällt auf, welchen Schock die Bombardierung auslöste. Das Bombardement dauerte sechs Minuten, doch fast alle redeten von viel längerer Zeit, wenn nicht von Stunden. Der ehemalige Sprecher der Stadt Bonn, Paul Zurnieden (gestorben 2002), erinnerte sich im GA: "Brennende Sorge um andere Familienmitglieder oder Apathie bestimmten weitgehend die Gemütsverfassung. So ist es kein Wunder, dass Franz Rademacher vom Rheinischen Landesmuseum, der sich zum Beethovenhaus durchkämpfte, dort den Hausmeister Hasselbach und seine Frau alleine antraf, in dem Bemühen, das Beethovenhaus vor dem Abbrennen zu schützen. Stunden dauerte es, bis die Hasselbachs und Rademacher in der Bonngasse Hilfe erhielten.

Dennoch ging das Leben weiter. Während noch Bomben fielen, wurde im Keller des Malteser Krankenhauses an der Endenicher Allee Hannelore Z. geboren. Und während in der Altstadt noch der Feuersturm wütete, die Rauchwolken 1000 Meter hoch zum Himmel aufstiegen, hatten die Geschäfte in Poppelsdorf und in anderen Vororten bereits wieder geöffnet."

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