Budget noch nicht ausgeschöpft Schulfrühstück an Bonner Schulen um ein Jahr verlängert
Hardtberg · Zwei Jahre lang haben die Schüler ein kostenloses Frühstück bekommen. Nun hat die Stadt Bonn das Modellprojekt verlängert, an dem 14 Einrichtungen teilnahmen. Auch danach müsse es weitergehen, fordern eine Schulleiterin und die Diakonie.
„Mit leerem Bauch, lernt es sich nicht gut“, sagt Schulleiterin Christina Lang-Winter. An der Kettelerschule gibt es deswegen Schulbrote für die Kinder – und dazu auch mal eine Möhre, einen Apfel oder eine Mandarine. „Das läuft spontan, ganz ohne Anmeldung“, berichtet Lang-Winter. „Die Kinder können einfach in den Essensraum kommen.“
Das Ganze ist Teil des Modellprojektes Schulfrühstück. 2019 hatte der Rat beschlossen, für zwei Schuljahre an verschiedenen Schulen ein Frühstück anzubieten. Für das freiwillige Projekt meldeten sich am Ende insgesamt 14 Grund- und Förderschulen an: neben der Kettelerschule unter anderem auch die Carl-Schurz-Schule, die Marktschule und die Grundschule Om Berg.
In einer Pressemitteilung zum Beschluss von 2019 heißt es: „Voraussichtlich liegen die Ausgaben für alle Schulen für die beiden Schuljahre bei circa 500.000 Euro. Diese übernimmt die Stadt Bonn.“ Nun teilt die Stadt mit, dass von der ursprünglich vorgesehenen Summe noch Geld übrig ist. Damit soll das Angebot auch im Schuljahr 2021/2022 fortgesetzt werden. Die Stadt geht davon aus, dass nach dem Schuljahr die Kosten bei rund 460.000 Euro liegen.
Schule ist nicht mehr auf Sponsoren angewiesen
Als Teil des Modellprojektes bekamen Schülerinnen und Schüler ein kostenloses Frühstück. Wie sich das am besten umsetzen ließ, konnten die Schulen selbst entscheiden. An der Kettelerschule gebe es schon seit 20 Jahren ein Schulfrühstück, sagt Lang-Winter. Was neu ist: Durch das Modellprojekt musste sie nicht wie sonst überlegen, wie das Frühstück finanziert werden kann. In der Vergangenheit halfen oft Sponsoren oder der Förderverein. „Ich bin sehr dankbar dafür, dass ich mir die letzten beiden Jahre keine Gedanken darum machen musste“, sagt Lang-Winter.
„Die Einführung eines Schulfrühstücks ist ein freiwilliges Angebot der Kommune zur Verbesserung der Teilhabechancen und zur Bekämpfung der Kinderarmut“, schreibt die Stadt in der Pressemitteilung von 2019. „Allen Kindern- und Jugendlichen soll so die konzentrierte Teilnahme am Schulunterricht ermöglicht werden, auch wenn sie kein Frühstück in der Familie zu sich genommen oder ein Pausenbrot vergessen haben.“ Um bedürftige Kinder nicht zu stigmatisieren, wurde darauf geachtet, dass das Angebot allen Schülern offensteht. Bei der Zusammenstellung des Frühstücks orientierten sich die Schulen am Konzept der optimierten Mischkost.
Die Stadt hat das Projekt wissenschaftlich auswerten lassen. Die Forscher der Klinik für Kinder- und Jugendmedizin an Universitätskinderklinik der Ruhr-Universität Bochum haben dazu kürzlich ihren Abschlussbericht vorgelegt. „Gesundheitsförderliche Essgewohnheiten sind ein bedeutender Faktor für die Vorbeugung der heute weitverbreiteten chronischen Krankheiten im Erwachsenenalter, wie Herzkreislauf-Krankheiten und Diabetes Mellitus“, heißt es darin. „Die Essgewohnheiten können bereits in der frühen Kindheit geprägt werden. Konzepte und Strategien für eine gesunde Ernährung von Anfang an spielen deshalb eine zentrale Rolle in der Gesundheitsförderung und Prävention.“
Zum Abschlussbericht teilt Ulrich Hamacher, Geschäftsführer der Diakonie Bonn, in einer E-Mail mit: „Der Bericht unterstreicht die Bedeutung und Notwendigkeit eines gesunden Frühstücks für Kinder“. Hamacher hält es auch für richtig, das Frühstück für alle Kinder anzubieten, um niemanden zu stigmatisieren. Das Schulfrühstück sei ein wichtiger Faktor auf dem Weg zu mehr Chancengerechtigkeit und sollte etabliert und ausgeweitet werden, fordert er.
Im Abschlussbericht haben die Forscher die Schulen auch zu den Gründen befragt, aus denen sie am Modellprojekt teilgenommen haben. Ganz oben auf der Liste: das mitgebrachte Frühstück sei von „mangelnder Qualität“ gewesen. Als weitere Beweggründe nannten die Schulen, dass Kinder ohne Frühstück hungern und dass Schüler an gesunde Ernährung herangeführt werden sollen.“
In den USA ist Schulfrühstück schon lange üblich
Wie viele Kinder letztendlich am Frühstück teilnahmen, variierte von Schule zu Schule: Der prozentuale Anteil lag zwischen sieben und 100 Prozent. Nur bei sechs Schulen bekamen weniger als die Hälfte der Schüler ein Frühstück, bei fünf Einrichtungen waren es alle Kinder. Gerade bei den Schülern kam das Angebot gut an. In zwölf Schulen bewerteten sie es als sehr gut. Von den Eltern wurde es an acht Einrichtungen positiv aufgenommen.
Auch zu den Problemen, die während des Projekts auftraten, befragten die Wissenschaftler die Schulen: Zehn Einrichtungen berichteten, es habe keinerlei Schwierigkeiten gegeben. Für zwei Schulen waren der schwankende Bedarf und übriggebliebene Lebensmittel ein Problem. Eine Schule nannte den Mehraufwand für die Verteilung der Reste.
Es gebe kein Patentrezept, um das Frühstücksprojekt zu einem Erfolg zu machen, stellen die Wissenschaftler fest. Sie loben, dass die Stadt den Schulen bei dem Projekt keine Vorgaben gemacht hat. Die Stadt habe ihre institutionelle Verantwortung erkannt, gegensätzliche Chancen auf Gesundheit und Bildung der Kinder auszugleichen. Die Wissenschaftler schreiben auch: „Ob das Frühstücksprojekt tatsächlich Ungleichheiten behebt und eine Veränderung der Ernährungsmuster und langfristige Vorteile für die Gesundheit herbeiführen kann, kann mit dieser Evaluierung nicht beantwortet werden.“ Solche Projekte hätten sich aber als wirksam erwiesen. In Ländern wie den USA und Großbritannien seien landesweite Frühstücksprogramme bereits fest in den Schulen verankert. Schulleiterin Lang-Winter plädiert dafür, das Projekt auch über dieses Schuljahr hinaus fortzusetzen. Sie sagt: „Es darf nicht abgesetzt werden. Wir brauchen das ganz dringend.“
Das Forschungsinstitut für Kinderernährung (FKE) Dortmund hat in den 1990ern das Konzept der optimierten Mischkost entwickelt. Für die Auswahl der Lebensmittel formuliert es drei einfache Regeln: Es sollen reichlich Getränke und pflanzliche Lebensmittel (Getreide, Kartoffeln, Gemüse, Obst) verzehrt werden, mäßig viele tierische Lebensmittel (Milch, Fleisch, Fisch, Eier) sowie fett- und zuckerreiche Lebensmittel (Speisefette, Süßigkeiten, Gebäck, Limonade) nur in Maßen.