Umzug wegen Brexit Bonn bewirbt sich um Sitz der Europäischen Arzneimittel-Agentur

Bonn/Berlin · Die Stadt Bonn wird sich um den Sitz der Europäischen Arzneimittelagentur (EMA) bewerben. Kanzlerin Angela Merkel gab bei der Kabinettssitzung am Mittwoch grünes Licht für die Bewerbung.

 Die Ansiedlung könnte Leerstände – wie etwa des Landesbehördenhauses – beenden.

Die Ansiedlung könnte Leerstände – wie etwa des Landesbehördenhauses – beenden.

Foto: Volker Lannert

Dies erfuhr unsere Redaktion aus Kreisen des Bundeskabinetts. Die EMA mit rund 890 Mitarbeitern muss im Zuge des Brexits ihren bisherigen Standort London aufgeben. Die Stadt Bonn wird ihr Bewerbungsschreiben an die Europäische Kommission und an den Europäischen Rat richten.

Die Stadt Bonn hatte am Mittwochnachmittag zunächst noch keine entsprechende Nachricht aus Berlin und wollte sich auf GA-Nachfrage deshalb noch nicht zur aktuellen Nachricht äußern. Oberbürgermeister Ashok Sridharan hatte die Bewerbung seit Monaten vorangetrieben (der GA berichtete). Für die Stadt Bonn als Dienstsitz spricht die internationale Vernetzung des UN-Standorts.

Präsident äußert sich positiv zu Bonn

In Bonn sitzen zudem das Bundesministerium für Gesundheit, das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) sowie viele medizinische Forschungseinrichtungen. Mitarbeiter einer EU-Behörde fänden außerdem internationale Schulen und Kindergärten vor.

Auch der Präsident des BfArM, Karl Broich, äußerte sich am Mittwoch positiv zu einer EMA-Ansiedlung in Bonn: „Entschlossenes Eintreten für neue Therapieoptionen und mehr Arzneimittelsicherheit braucht ein optimales Umfeld aus regulatorischer und wissenschaftlicher Expertise. Das BfArM bietet der EMA mit kurzen Wegen und exzellentem Support beste Bedingungen für eine Neuansiedlung. Eine deutsche Bewerbung für Bonn als Standort würde ich daher sehr begrüßen“, so Broich. Mit der räumlichen Nähe zwischen EMA und BfArM wären enorme Chancen für eine Stärkung des Pharmastandorts Deutschland und der deutschen Position in der europäischen Arzneimittel-Regulierung auch im Sinne des Patientenschutzes verbunden.

Konkurrenz aus Straßburg

Hauptaufgaben der EMA sind Schutz und Förderung der Gesundheit von Mensch und Tier. Die 1995 gegründete EU-Behörde beurteilt und überwacht Human- und Tierarzneimittel. Die EMA unternimmt zum Beispiel die erforderlichen Schritte, wenn über Nebenwirkungen von Medikamenten berichtet wird und das Verhältnis von Nutzen und Risiko neu bewertet werden muss.

Konkurrenz für die Bonner Bewerbung kommt unterdessen aus Straßburg. Wie berichtet, wollen EU-Parlamentarier den Wechsel zwischen den zwei Standorten beenden und als Ausgleich die Europäische Bankenkontrolle (EBA) und die Europäische Arzneimittel-Agentur ins Elsass verlegen.

Demgegenüber setzt sich auch Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe (CDU) für Bonn als neuen Standort der EMA ein. Wann genau eine Entscheidung fällt, ist derzeit noch offen.

Bonn wird Sitz für Chemie-Kompetenzzentrum

Entschieden ist dagegen, dass Bonn Sitz eines internationalen Kompetenzzentrums für nachhaltige Chemie wird. Bundesumweltministerin Barbara Hendricks hat am Mittwoch in Berlin die Gründungsurkunde an Geschäftsführer Friedrich Barth überreicht. In enger Zusammenarbeit mit den Vereinten Nationen soll das „International Sustainable Chemistry Collaborative Centre“ (ISC3) in Bonn dazu beitragen, die UN-Nachhaltigkeitsziele zu erreichen, teilten Umweltministerium und Umweltbundesamt mit.

„Ab heute können wir vom UN-Standort Bonn aus einen substanziellen Beitrag zu einer nationalen und weltweiten Chemikalienpolitik leisten“, sagte Hendricks. Die zunächst 20 Mitarbeiter sollen eng mit UNEP, dem Umweltprogramm der Vereinten Nationen, zusammenarbeiten. Der Bund fördert das Kompetenzzentrums dieses Jahr mit 1,7 Millionen Euro und ab 2018 pro Jahr mit 2,4 Millionen Euro.

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