Bornheimer Straße und Josefshöhe Anwohner kritisieren Bürgerbefragung zu Tempo 30 in Bonn

Bonn · Kritik an der Bürgerbefragung zu den neuen Tempo-30-Zonen in Bonn: Die Anwohner der Bornheimer Straße und der Josefshöhe hinterfragen das Verfahren, an dem sich offenbar jedermann beteiligen kann.

 Über die Tempo-30-Zone in der Straße Auf dem Hügel ist noch nicht abschließend entschieden worden.

Über die Tempo-30-Zone in der Straße Auf dem Hügel ist noch nicht abschließend entschieden worden.

Foto: Benjamin Westhoff

Die Bürgerbefragung zum Thema Tempo 30 auf mehreren Bonner Straßen hat begonnen – und das offenbar bereits vor der eigentlich angekündigten Frist. Wie Anfang Dezember im Hauptausschuss beschlossen, können Bürger auf dem städtischen Internetportal „Bonn macht mit“ auf Fragen der Stadtverwaltung mit Zustimmung oder Ablehnung votieren. Ziel ist ein Stimmungsbild aus der Bevölkerung, welches bei den künftigen politischen Entscheidungen berücksichtigt werden soll. Während es sich beim Tempolimit An der Josefshöhe und Auf dem Hügel bislang um vorläufige Pilotprojekte handelt, gilt Tempo 30 an der Bornheimer Straße (seit 2014) und der Reuterstraße (seit Januar 2020) bereits dauerhaft. Dem politischen Beschluss entsprechend, sollen die Anwohner aller vier Straßen zu ihren Erfahrungen befragt werden.

Doch gerade in deren Reihen hat das bisherige Verfahren zunächst einmal Überraschung und Kritik hervorgerufen: „Per Zufall habe ich im Bonner Ratsinformationssystem den Hinweis auf eine mögliche Bürgerbefragung zu Tempo 30 auf der Bornheimer Straße gefunden“, schreibt beispielsweise eine Anwohnerin. So berichteten einige Anlieger, den vom Hauptausschuss beschlossenen Bürgerbrief bislang nicht erhalten zu haben. Eine Anwohnerin der Straße An der Josefshöhe hat ihn zwar bekommen, ärgert sich aber über die Art der Zustellung: So habe sie das Informationsschreiben in einem Anzeigenblatt zwischen den Werbebeilagen der Discounter gefunden, berichtet sie mit den Worten: „Beinahe hätte ich alles weggeschmissen“. Die Stadtverwaltung, die am Montag eine Pressemitteilung zu der Umfrage herausgab, erklärte jetzt auf Anfrage, der Bürgerbrief sei in allen vier Straßen verteilt worden.

Technischer Fehler auf der Umfrageseite

Doch noch etwas anderes wirft unter Anwohnern offenbar Fragen auf: Laut Bürgerbrief sollte sich die Befragung auf den Januar erstrecken, wie es auch im Bürgerbrief steht. Tatsächlich aber ist die Beantwortung schon seit über einer Woche auf der Seite „Bonn macht mit“ möglich. Mit einem technischen Fehler, der sich aber nicht auf die Auswertung auswirken werde, erklärt dies unterdessen ein Sprecher der Stadtverwaltung: Alle Antworten würden gleichermaßen berücksichtigt.

Dass dieses Motto „Bonn macht mit“ in diesem Fall wörtlich zu nehmen und die Beteiligung offensichtlich nicht nur für die betroffenen Anwohner, die in der Anrede des Bürgerbriefs explizit angesprochen werden, sondern für jedermann möglich ist, sorgt vor Ort ebenfalls für Stirnrunzeln. So konnte man sich zunächst einfach per Mausklick wahlweise als Anwohner der Straßen Auf dem Hügel, Bornheimer Straße, An der Josefshöhe oder Reuterstraße zu erkennen geben – und dies beliebig oft. Auch dies bestätigte die Stadtverwaltung auf Anfrage. Doch zum einen, so ein Sprecher, habe man ein „niedrigschwelliges Beteiligungsverfahren ausgewählt, bei dem der Aufwand, auch in Bezug auf die Anmeldung/Registrierung möglichst gering gehalten wurde“. Eine eindeutige Nachverfolgung, dass jeder abgegebene Fragebogen von Anwohnern stammt, sei – wenn überhaupt – nur mit deutlich erhöhtem Aufwand zu gewährleisten, der wiederum viele Bürger von einer Teilnahme abbringen würde, so die Verwaltung. Überdies könne die Stadt bei der Auswertung die IP-Adressen einsehen, von denen die Fragebögen eingereicht wurden. „Sollte also zum Beispiel eine Vielzahl von Fragebögen mit identischem Inhalt über dieselbe IP-Adresse eingereicht werden, so ist dies erkennbar. Diese oder ähnliche ungewöhnliche Nutzungsverhalten werden dann dem Einzelfall entsprechend berücksichtigt“, so der Sprecher. Am Dienstag hatte sich die Online-Umfrage dann überraschend verändert: Nachdem sich bis dahin jedermann beliebig oft beteiligen konnte, ist nun plötzlich eine Registrierung mit E-Mail-Adresse und Postleitzahl erforderlich.

„Für Senioren ist so eine Internetumfrage wieder eine große Herausforderung und Barriere“, meint eine Anliegerin An der Josefshöhe. Doch ohnehin sei ein Tempolimit dort nicht die Lösung, weil es den Verkehr allenfalls bremse, der aber weiterhin unverdrossen zum Hafen und über die vermeintliche Abkürzungsstrecke zwischen den A 555 und Nordbrücke fließe. „Die Konsequenz kann nur in einer Tonnagebegrenzung und einem Straßenrückbau bestehen“, ist die GA-Leserin überzeugt.

Zweifel an Befragung für Bornheimer Straße

Auch an der Bornheimer Straße ergibt die Befragung aus Sicht einer Anwohnerin nicht viel Sinn: Immerhin sei die Geschwindigkeitsbegrenzung auf Tempo 30 dort seinerzeit Voraussetzung für den Erlass des Bebauungsplans für das Einkaufszentrum im angrenzenden Gewerbegebiet gewesen. „Bereits beim Satzungsbeschluss war dem Rat damals klar, dass ein temporeduzierender Umbau erforderlich ist, da der vorhandene Straßenquerschnitt zu höheren Fahrgeschwindigkeiten verleitet“, gibt sie zu bedenken. De facto nämlich werde die Geschwindigkeit nur dann eingehalten, wenn Radarkontrollen stattfinden. „Nur dann ist auch eine Lärmminderung wahrnehmbar“, so ihre Beobachtung. Statt der Befragung solle die Stadt lieber die Messergebnisse auswerten, meint sie. Nicht zuletzt habe bereits im Spätsommer eine privat initiierte Umfrage ergeben, dass 400 Anwohner für den Umbau der Bornheimer Straße plädieren. „Deshalb finde ich die vorgegebenen Antwortmöglichkeiten etwas einseitig, ziemlich wirklichkeitsfern und zur Teilnahme wenig motivierend.

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