Impfskeptiker in der Innenstadt 800 Menschen demonstrieren in Bonn gegen Corona-Politik

Update | Bonn · Impfskeptiker sind am Montagabend erneut durch die Bonner Innenstadt gezogen. Mehrere hundert Menschen trafen sich dort zu einem so genannten „Spaziergang“. In der Kasernenstraße stoppte eine Polizeikette den Marsch zeitweilig und verlangte, einen Versammlungsleiter zu benennen.

 Am Montag haben rund 800 Menschen in der Bonner Innenstadt gegen Corona-Maßnahmen demonstriert.

Am Montag haben rund 800 Menschen in der Bonner Innenstadt gegen Corona-Maßnahmen demonstriert.

Foto: Benjamin Westhoff

Mehrere hundert Menschen haben am Montag in der Innenstadt an einem Protestzug gegen die Maßnahmen zur Pandemiebekämpfung teilgenommen. Die Organisatoren sprachen von 1000 Teilnehmern, die Zahl lag aber eher bei 700 bis 800. Die Polizei war mit einem Großaufgebot im Einsatz.

Die Protestierenden, darunter offenkundig viele Impfgegner und Querdenker, hatten sich über einen Telegram-Kanal zu einem weiteren „Spaziergang“ verabredet. Der Administrator des Kanals hatte Tipps parat: Die Coronaschutzverordnung gebe der Polizei „die Möglichkeit, jede Menschenmenge als unangemeldete Versammlung aufzulösen, die sich anhand äußerer Erkennungszeichen/-merkmale als eine nicht zufällige Zusammenkunft definieren lässt“, schrieb er. Deshalb sollten zum Beispiel keine Flugblätter „aus dem Zug heraus verteilt“ werden. Die Szene versucht bundesweit, offizielle Demo-Anmeldungen und damit mögliche Auflagen der Behörden zu unterlaufen.

Kurz nach 18 Uhr startete der Zug am Alten Rathaus, wo das Bündnis gegen Rechts eine Gegenkundgebung abhielt. In der Kasernenstraße stoppte eine Polizeikette den Marsch. Die Beamten verlangten, einen Versammlungsleiter zu benennen. Erst da gab sich ein junger Mann als Versammlungsleiter zu erkennen. Mit ihm legte die Polizei eine Route fest: über Friedrichstraße, Belderberg, Rathausgasse bis zum Hofgarten.

Sofort entrollte eine Gruppe junger Menschen an der Zugspitze ein Transparent, auf dem von „Maßnahmenterror“ die Rede war. Die Demo werde von der Gruppe „Studenten stehen auf“ organisiert, brüllte der Versammlungsleiter ins Megaphon. Später folgten lautstarke Drohungen. Impfungen würden das Recht auf körperliche Unversehrtheit brechen – dafür würden Politiker noch „zur Rechenschaft gezogen“. Die Menge skandierte „Widerstand, Widerstand“ sowie: „Das System ist am Ende, wir sind die Wende“. Bei vielen Passanten: entsetzte Mienen. Einige Demonstranten verstießen gegen die Maskenpflicht in der City.

Am Hofgarten löste sich der Protestzug gegen 19.30 Uhr ohne Zwischenfälle auf. Es gab keine Festnahmen. Die Strategie der Polizei, keinen Marsch über den Weihnachtsmarkt zu gestatten, ging auf. Der Versammlungsleiter kassierte eine Anzeige wegen Verstoßes gegen das Versammlungsgesetz. Für nächsten Montag hat er eine Demonstration angemeldet.

Viele Teilnehmer wirkten, als kämen sie aus bürgerlichen Verhältnissen. Versuche, mit Einzelnen ins Gespräch zu kommen, scheiterten. Eine Teilnehmerin schrieb aber vorher eine Mail an den GA. „Ich bin für demokratische Freiheit in einer pluralistischen Gesellschaft, die jeden Menschen selbst entscheiden lassen sollte über medizinische Eingriffe“, so die Frau aus Wachtberg. „Ich bin für das Grundgesetz und verstehe nicht, wieso wir unsere Grundrechte entzogen bekommen haben.“ Sie sei weder eine Querdenkerin noch eine Verschwörerin.

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