Klage am Bonner Landgericht Urteil nach Kollision von Drachenflieger und Paraglider

Bonn · Ein Drachenflieger aus Köln ist in Italien mit einem Gleitschirmflieger aus dem Bonner Umland kollidiert und abgestürzt. Der Kölner hat den Unfallgegner verklagt, das Bonner Landgericht hat am Donnerstag in dem Fall entschieden.

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Foto: picture alliance / dpa/Julian Stratenschulte

Wenn's hinten kracht, gibt's vorne Geld, sagt der Volksmund. Dass diese Regel nur am Boden und nicht in der Luft gilt - davon ging offenbar ein Kölner Drachenflieger aus, der während des Fluges einen Gleitschirmflieger von hinten gerammt hatte. Weil er bei dem Unfall selber abgestürzt war, verklagte er seinen Unfallgegner vor dem Bonner Landgericht. Das hat nun am Donnerstag seine Klage abgewiesen: Der Kläger habe den Unfall selber verschuldet, ist das Gericht überzeugt. Die Kosten des Verfahrens muss er ebenfalls tragen.

Am 16. April 2014 herrschten am norditalienischen Monte Grappa perfekte Wetterbedingungen. Die Gegend um die höchste Erhebung des Grappastocks in den südlichen Dolomiten ist bei Drachen- und Gleitschirmfliegern gleichermaßen als idealer Ausgangsort für längere Streckenflüge beliebt - entsprechend rege war der Flugbetrieb.

Unfall verlief glimpflich

Zwei Rheinländer machten allerdings nicht sehr viel Strecke an diesem Dienstagvormittag im Frühling: Ein Kölner Drachenflieger kollidierte mit einem Gleitschirmflieger aus dem Bonner Umland und stürzte aus rund 80 Metern Höhe ab. Der Unfall verlief zum Glück glimpflich: Der Kölner erlitt mehrere Prellungen und eine Stauchung des linken Handgelenks, sein Drachen ging allerdings zu Bruch und musste für knapp 2500 Euro repariert werden. Dafür wollte er nun Schmerzensgeld und Schadenersatz von seinem Kontrahenten haben.

Weil beide Unfallgegner Deutsche sind, wurde am zuständigen Landgericht des Beklagten nach italienischem Luftrecht verhandelt. Eine zentrale Rolle kommt hier dem italienischen Präsidialdekret 133/2010 zu: Das besagt, dass Piloten nichtmotorisierter Fluggeräte, die im Aufwind kreisen, "vorflugberechtigt" sind. Genau auf diese Regel berief sich auch der Kölner Kläger: Der Gleitschirmflieger hätte sehen müssen, dass er mit seinem Drachen die Thermik des Aufwinds nutze und die Kollision durch ein einfaches Ausweichen nach links verhindern können.

Gericht rekonstruierte das Geschehen

Mit Hilfe von Zeugenaussagen und zwei Gutachtern rekonstruierte das Gericht das Geschehen und kam zu einem anderen Ergebnis: Zum einen sei es nämlich nicht der Kläger, sondern der Beklagte gewesen, der den Aufwind zuerst erreicht habe. Rund 20 Sekunden vor dem Drachenflieger habe der Mann mit dem Gleitschirm den Steigflug begonnen. Das ergab die Rekon-struktion der Flugbahn durch die Gutachter; zur Auswertung zogen sie dabei die Flugdatenschreiber der beiden Luftsportler heran.

Und wer den Aufwind zuerst erreicht - so ist es ebenfalls in dem erwähnten Dekret geregelt - gibt auch die Drehrichtung vor, in der dieser spiralförmig zu nutzen ist. Der Kläger sei ihm aber plötzlich viel zu nahe gekommen, weshalb er, ohne dazu verpflichtet gewesen zu sein, versucht habe, den Aufwind wieder zu verlassen, gab der Beklagte an. Dieser Weg sei ihm jedoch durch eine Felswand versperrt gewesen.

Gestützt wurde dieses Szenario auch durch sachkundige Zeugen: Denen war vom Boden aus schon länger das "aggressive Flugverhalten" des Drachenpiloten aufgefallen. Der Paraglider konnte übrigens einen Rettungsschirm auslösen und überstand den Zwischenfall unbeschadet.

AZ: LG Bonn 18 O 338/16

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