Bonner Schwurgericht Hammerattacke aus Frust über Wohnungsverlust?

Bonn · Ein 48-Jähriger muss sich seit Dienstag wegen versuchten Mordes vor dem Bonner Landgericht verantworten. Mit einem Schlosserhammer hat er auf einen ehemaligen Mitbewohner eingeschlagen bis die Polizei kam. Dem Mann droht die dauerhafte Unterbringung in der Psychiatrie.

 Ein 48-Jähriger ist vor dem Bonner Landgericht angeklagt. Er soll einen ehemaligen Mitbewohner mit einem Schlosserhammer angegriffen haben.

Ein 48-Jähriger ist vor dem Bonner Landgericht angeklagt. Er soll einen ehemaligen Mitbewohner mit einem Schlosserhammer angegriffen haben.

Foto: dpa/Oliver Berg

Wegen versuchten Mordes steht seit Dienstagmorgen ein 48-jähriger Sizilianer vor einem Bonner Schwurgericht: Der ungelernte Hilfsarbeiter soll am 10. September vergangenen Jahres einem Nachbarn im Morgengrauen vor dem bis zum Vortag von beiden bewohnten Kessenicher Mehrfamilienhaus aufgelauert und den Mann mit einem Schlosserhammer lebensgefährlich verletzt haben. Die Anklage geht davon aus, dass der Mann, der an einer paranoiden Psychose leidet, zum Tatzeitpunkt schuldunfähig war. Im Falle einer Verurteilung droht ihm die unbefristete Einweisung in ein psychiatrisches Krankenhaus. Die Staatsanwaltschaft vermutet, dass der Mann glaubte, sein Nachbar habe ihn bei dem Vermieter angeschwärzt und sei daher für den Verlust seiner Wohnung verantwortlich.

Unmittelbar nach der Verlesung der Anklage wandte sich der Vorsitzende Richter mit der Frage an den Beschuldigten, ob er etwas zu den Vorwürfen sagen möge: Er mochte, und was der 48-Jährige dann in den folgenden Minuten mit italienischem Akzent aus seinem bisherigen Leben vortrug, klang zunächst völlig normal. Der Bauernsohn ist das jüngste von insgesamt sieben Geschwistern; im Alter von 21 Jahren sei er von der süditalienischen Insel nach Deutschland gekommen, um hier sein Glück zu machen. Nach einer ersten Etappe in Süddeutschland habe es ihn irgendwann nach Bonn verschlagen, wo er seinen Angaben zufolge die letzten zwölf Jahre lebte.

Opfer und Täter kannten sich von der Arbeit

Mit Lackierer-, Maurer- oder Fliesenlegerarbeiten, so sagte er, sei er trotz fehlender Ausbildung immer gut über die Runden gekommen. Ohne einen merklichen Bruch in seinen Erzählungen drifteten die Schilderungen im Folgenden jedoch Zug um Zug ab, bevor die Geschichte gegen Ende völlig abstrus wurde. Immer wieder in den letzten zwölf Jahren habe er die Wohnung und die Arbeitsstelle wechseln müssen. Den Grund dafür habe er nie verstanden. Jedenfalls seien ihm sowohl Nachbarn als auch seine Kollegen anfangs freundlich, kurz darauf aber mit Ablehnung begegnet. „Die haben alle versucht, mich verrückt zu machen“, sagte er dem Gericht. Den Grund dafür, warum er schließlich jenen Nachbarn, den er im vergangenen September fast umgebracht hätte, für seine Situation in den gesamten vergangenen zwölf Jahren in der Verantwortung sieht, erschloss sich den Zuhörern nicht mehr. Opfer und Täter kannten einander offenbar von der Arbeit und hatten des Öfteren auch zum Beispiel gemeinsam Fußballspiele angesehen.

„Ich musste das tun“, so der Beschuldigte zu der Hammerattacke. Umbringen habe er den Nachbarn allerdings nicht wollen, und auch mit der Kündigung seiner Wohnung habe die Tat nichts zu tun. Er habe gewusst, dass der Nachbar täglich um zwei Uhr nachts zum Zeitungsaustragen aufbrach und gegen sechs Uhr  zurückkehrte. Zu dieser Zeit habe er ihn auf der Zufahrt zur Tiefgarage des Hauses abgepasst. Mit den Schlägen hörte der Mann erst auf, als die Polizei eintraf. Im Grundsatz bestätigte der Beschuldigte alle Vorwürfe, die die Staatsanwaltschaft gegen ihn erhoben hat. Allerdings sei der Antrag für eine Unterbringung in der Psychiatrie für ihn nicht nachvollziehbar. Er sei doch nicht verrückt und wolle seine Strafe im Gefängnis absitzen.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort