Kunstwerk am ehemaligen Kanzleramt Helmut Schmidt erntete für „Large Two Forms“ in Bonn Kritik

Bonn · Was steckt hinter Kunstwerken im öffentlichen Raum? Bundeskanzler Helmut Schmidt wünschte sich Henry Moores „Large Two Forms“ und erntete Kritik.

 Henry Moores „Two Large Forms“ vor dem ehemaligen Bundeskanzleramt in Bonn.

Henry Moores „Two Large Forms“ vor dem ehemaligen Bundeskanzleramt in Bonn.

Foto: Benjamin Westhoff

Bundeskanzler Helmut Schmidt war besonders in Punkto Ästhetik ein kritischer Zeitgenosse, zudem – nicht nur am Piano – ein Mann von hohem Kunstverstand. So mäkelte er bei der Eröffnung seines Bonner Dienstsitzes an dessen Charme einer „etwas zu groß geratene Sparkassenzentrale“ herum. Was auf dem Vorplatz stand, die kugelförmige Edelstahlskulptur „Integration 1976“ von Hans Dieter Bohnet, gefiel Schmidt auch nicht. Er ließ sie vor den „Langen Eugen“ versetzen. Und wünschte sich ein Werk seines befreundeten Bildhauers Henry Moore, „Large Two Forms“ auf einer grünen Wiese, die den früheren Asphaltplatz ersetzte.

1979 wurde das Werk im Beisein von Moore durch Schmidt am Bundeskanzleramt an der Dahlmannstraße, heute Sitz des Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung, enthüllt. Der Kanzler sagte damals: „Für mich ist dieses Kunstwerk auf dem neuen Grün des Vorplatzes ein Zeichen für Leben, ein Symbol für menschliche Verbundenheit, auch ein Ausdruck für Menschlichkeit. Und diese Wirkung teilt sich – so meine ich – dem ganzen Platz mit."

„Large Two Forms“ an diesem prominenten Ort aufzustellen war eine gute Entscheidung, denn Moores meisterhafte Skulptur aus ineinandergreifenden organischen Formen bot sich nicht nur als Kontrast zur nüchtern-kühlen Anmutung der Kanzleramtsarchitektur der Planungsgruppe Stieldorf an – die Bundesbaudirektion hatte in ihrer Wettbewerbsausschreibung ausdrücklich eine „städtebauliche Zurückhaltung“ gefordert –, sondern wurde zum neuen Logo der Bundeshauptstadt Bonn.

Das neue Logo der Bundeshauptstadt

Wann immer „Tageschau“ und „heute“ aus Bonn berichteten, Moores Skulptur gab die prominente Staffage ab. Fast vergessen war bald die Debatte um das Werk – mancher monierte, dass kein deutscher Künstler vor der Schaltstelle der Macht mit einen Werk vertreten war.

Der Ankauf von Moores „Large Two Forms“ für 650.000 D-Mark beschäftigte sogar den Bundestag. Gegen die Stimmen der Opposition wurde das Werk, das zunächst als Leihgabe in Bonn stand, im Jahr 1981 erworben. Keine 20 Jahre später setzte sich übrigens Schmidt beim amtierenden Kanzler Gerhard Schröder dafür ein, die mehr als fünf Tonnen schwere Bronzeskulptur nach Berlin zu verfrachten. Was eine heftige Debatte auslöste und die Bonner Oberbürgermeisterin Bärbel Dieckmann dazu veranlasste, von „Beutekunst“ zu wettern. Parteifreund Schröder winkte – auch aus Kostengründen – ab.

Kunst für Rolandseck

Bei der schönen Moore-Ausstellung 2017 im Arp-Museum widmete sich ein Kabinett Bonn und den „Large Two Forms" mit ebenso schöner Gründlichkeit. Wiederholt war der 1986 gestorbene Moore in Johannes Wasmuths Künstlerbahnhof zu Gast gewesen, zeigte Zeichnungen und stellte kurz seine fast vier Meter hohe Bronze „Large Standing Figure: Knife Edge“ von 1961 vor den Bahnhof. Unklar ist, ob er tatsächlich vorhatte, für Wasmuths Künstlerbahnhof 1977 eine Skulptur zu stiften, wie der General-Anzeiger damals berichtete.

Das Werk „Large Two Forms“ geht auf eine Idee von 1966 zurück, die in Gips ausgeführt wurde. Es entstand ein Werkmodell in Travertinmarmor sowie Fassungen aus Fiberglas in Originalgröße (1969, 1971), Bronzeabgüsse stehen unter anderem in New York, Ontario, London und Bonn.

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