Telekom Dome in Bonn Mehr Arbeitgeber und Jobsuchende beim Karrieretag

Hardtberg · Die Besucher standen am Donnerstagmorgen vor dem Telekom Dome Schlange, als ginge es zum Basketballspiel. Doch sie wollten zum Bonner Karrieretag, wo sich mehr als einhundert Arbeitgeber präsentieren. Insgesamt besuchten rund 3500 Menschen die Veranstaltung.

 Besonders Vormittags war der Andrang beim Karrieretag im Telekom Dome groß.

Besonders Vormittags war der Andrang beim Karrieretag im Telekom Dome groß.

Foto: Benjamin Westhoff

„Interesse an Buchhaltung?“, mit dieser doch etwas gewagten Frage spricht Peter Radermacher vom Steuer- und Rechtsberatungsunternehmen VRT eine Gruppe Jugendlicher an, die gerade an seinem Stand im Telekom Dome vorbeigehen. „Zahlen?“, schiebt er hinterher und lächelt freundlich. Immerhin: Ein junger Mann guckt schon interessierter. Die Gruppe bleibt stehen und kommt mit Radermacher ins Gespräch.

Rund 3500 Besucherinnen und Besucher zählte der Veranstalter des Bonner Karrieretags am Donnerstag. Bei der Veranstaltung, die der General-Anzeiger zusammen mit dem Portal Kalaydo zum 13. Mal ausrichtet, stellten sich diese Mal rund 100 Arbeitgeber vor. Das sind etwa 30 Betriebe mehr als beim letzten Karrieretag im Frühjahr.

Um 10 Uhr stehen die Besucherinnen und Besucher vor dem Telekom Dome fast bis zum Kreisverkehr Schlange. Einige Wartende wie Ali Sarlak haben ihre Bewerbungsmappe in der Hand. Der 29-Jährige ist mit einer Gruppe von Kaufleuten und ITlern gekommen, die gerade für ihre Umschulung einen Praktikumsplatz suchen. Stephan Gelen (32) startet optimistisch in den Karrieretag, der nicht seine erste Jobmesse ist: „Hier kommt man gut ins Quatschen.“

Auf der Messe gibt es für Menschen auf Jobsuche Tipps, zum Beispiel in Form von Bewerbungsmappenchecks, Einzelcoachings und Vorträgen. Die Arbeitgeber wiederum präsentieren sich und ihre offenen Stellen. Erstmalig beim Karrieretag dabei sind beispielsweise das Helios Klinikum Bonn/Rhein-Sieg, Henrich Baustoffe, die Johanniter und der Nürburgring.

Corinna Bruder aus der Personalabteilung des Helios Klinikums erzählt gerade einer Interessentin am Stand, dass das Ausbildungsgehalt bei rund 1000 Euro beginnt. „Wir sind vor allem für unsere Ausbildungen hier“, sagt Bruder. Bisher seien auch viele Menschen aus dem Ausland am Stand gewesen, etwa ein Arzt aus der Ukraine und junge Mütter, die Teilzeitstellen suchten.

 An Stellwänden im Telekom Dome warben die Unternehmen für ihre Jobangebote, teilweise konnten Interessenten direkt über einen QR-Code zur Bewerbung geleitet werden.

An Stellwänden im Telekom Dome warben die Unternehmen für ihre Jobangebote, teilweise konnten Interessenten direkt über einen QR-Code zur Bewerbung geleitet werden.

Foto: Benjamin Westhoff

Gülay Basaran fotografiert mögliche Stellenanzeigen mit dem Handy ab. Die 38-jährige Informatikerin aus der Türkei, die nun in Bonn lebt, ist mit ihrem Integrationskurs zur Messe gekommen. „Jetzt versuche ich herauszufinden, ob meine Ausbildung anerkannt wird“, sagt sie.

Aussteller schätzen breites Publikum bei Karrieretag

„Das Besondere hier ist, dass die Messe nicht spezialisiert ist, zum Beispiel auf Ausbildungen“, sagt Johannes Franken vom Henrich Baustoffzentrum mit Hauptsitz in Siegburg, das zum ersten Mal beim Bonner Karrieretag dabei ist. Dementsprechend sei das Publikum gemischt von jungen Leuten auf der Suche nach Ausbildungen über Quereinsteiger bis hin zu erfahrenen Fachkräften.

„Ich finde die Flyer gut und den direkten Austausch mit den Personen aus dem Unternehmen“, sagt eine Schülerin (18), die mit ihren Freundinnen die Messe besucht, um sich für die Zeit nach dem Abitur im nächsten Jahr inspirieren zu lassen. „Wir müssen unser Gesicht zeigen“, sagt Radermacher vom Steuer- und Rechtsberatungsunternehmen VRT, das für wachsende Aufgaben der Branche viel Personal suche. „Wir haben sicher 70 Gespräche geführt, mit unterschiedlichsten Leuten – von jungen potenziellen Auszubildenden bis zum erfahrenen Steuerberater“, berichtet er am frühen Nachmittag.

Die Unternehmen machen mit Flyern, Videos und Merchandise auf sich aufmerksam. Die Evangelische Jugendhilfe Godesheim hat zwei Ipads an ihrem Stand, auf denen sich Interessierte etwa einen Kurzfilm über die Einrichtung anschauen können. „Auf solchen Messen sind wenige Träger aus sozialen Bereichen. Das finde ich sehr schade“, sagt Natascha Lange-Siekmann von der Jugendhilfe, die seit dem vergangenen Jahr intensiver auf Jobmessen vertreten ist. „Wir suchen einen speziellen Typ, da ist das persönliche Gespräch gut.“

Zusammenfinden können beide Seiten auch beim Speeddating des Jobcenters Bonn: Dort lernen Menschen, die aktuell Bürgergeld beziehen, zehn Unternehmen in zehnminütigen Gesprächen kennen. „Wir hatten nach einer Stunde schon mehr Kundenzulauf als letztes Mal“, sagt Pressesprecher Markus Waschinski. Bis 13 Uhr seien es an diesem Tag schon über 60 Teilnehmer gewesen.

Interesse auf beiden Seiten wächst

Ein spontaner Teilnehmer ist Hasan Oral. Er kam vor sechs Monaten aus der Türkei nach Bonn. „Ich suche einen Job in der IT-Branche“, erzählt der 53-Jährige auf Englisch. Bürokratie und schleppende Digitalisierung stören ihn in Deutschland.

„Für uns ist der Reiz, dass man direkt mit Bewerbern in den Austausch kommt und sich kennenlernen kann“, sagt Ilektra Afentopoulou von der Lebenshilfe Bonn, die zum ersten Mal beim Speeddating dabei ist. Man könne so deutlich schneller herausfinden, ob es passt.

Die Lebenshilfe Bonn war einer von zehn Arbeitgebern, die beim Speeddating des Jobcenters mitmachten.

Die Lebenshilfe Bonn war einer von zehn Arbeitgebern, die beim Speeddating des Jobcenters mitmachten.

Foto: Benjamin Westhoff

Auch die Veranstalter sind zufrieden. „Das Interesse auf beiden Seiten nimmt zu“, sagt Stefan Barislovits vom Veranstaltungsteam. Kita-Träger findet man auf der Messe kaum – warum? „Der pädagogische Bereich ist tatsächlich noch nicht so vertreten, obwohl es ein Mangelberuf ist“, sagt Barislovits. Bei der Pflege habe das aber auch etwas gedauert. Bei den Bewerbern falle auf, dass zunehmend internationales Publikum die Messe besucht, das künftig durch englischsprachiges Material berücksichtigt werden soll. „Die müssen wir abholen, wenn wir sagen: Wir wollen diese Arbeitskräfte haben.“ Auch auf ältere Bewerber müsse sich der Arbeitsmarkt einstellen. „Wegen der Aussicht, bis Ende 60 zu arbeiten, ist mit 50 noch lange nicht Schluss“, sagt Barislovits, der selbst gerade noch mal studiert.

Die nächsten Bonner Karrieretage finden 2024 am 11. April und am 10. Oktober statt.

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