Erinnerungen an 1970er Jahre Warum das Karussell am Bonner Busbahnhof ein beliebter Treffpunkt war

Bonn · Das Karussell am Bonner Busbahnhof war vor allem in den 1970er Jahren ein beliebter Treffpunkt. Mit der Zeit geriet es aber zusehends in Vergessenheit. Jetzt sind die Reste des Karussells wieder zum Vorschein gekommen.

 Das Karussell am Bonner Busbahnhof war in den 1970er Jahren bei Kindern sehr beliebt.

Das Karussell am Bonner Busbahnhof war in den 1970er Jahren bei Kindern sehr beliebt.

Foto: GA-Archiv

Ein kurzer Abstecher zum Karussell am Bonner Busbahnhof: Das war in den 1970er Jahren für viele Eltern wohl ein bewährtes Mittel, um ihre Kinder nach einem langen Fußmarsch durch die Läden der Innenstadt bei Laune zu halten. Zumindest erinnert sich der 50-jährige Thorsten Hackner, der heute in Adenau wohnt, daran, dass seine Mutter dafür damals sogar einen Umweg in Kauf nahm. Als Junge sei er dann begeistert auf eines der beiden Pferde geklettert und habe sich anschieben lassen.

Die Pferde sind verschwunden

Das Karussell gibt es heute noch, an derselben Stelle im Rondell links neben dem Eingang zum Maximiliancenter am Busbahnhof. Jedoch lässt es sich schon seit Langem nicht mehr drehen. Die beiden weiß-schwarzen Schimmel wurden entfernt. Und auch der Platz hat den Charme der 1970er Jahre verloren. Nachdem das Rondell sich zum Treffpunkt der Drogen- und Alkoholszene in Bonn entwickelt hatte, verwahrloste das Areal zusehends. 2018 verschwand es im Zuge der Eröffnung des Maximiliancenters sogar hinter einem Holzzaun (siehe Infobox).

Wie berichtet, ist Anfang Januar wieder Bewegung in die Sache gekommen. Der Platz wurde aufgeräumt und aufgehübscht. Und das Karussell? „Es hat schon einen emotionalen Wert. Es wäre zu schade, es abzureißen“, sagt Clarissa Pütz von den Stadtwerken Bonn (SWB). Allerdings erhalte es lediglich einen neuen Anstrich, ertüchtigt werde es nicht mehr. Das heißt: keine neuen Pferde, auf denen Kinder herumtollen können – wobei die Erinnerungen an den Platz auch nicht nur positiv sind.

Schon damals wollte sie dort nie lange bleiben, sagt zum Beispiel Katarina O’Grady. Die 51-Jährige, die in Kessenich aufgewachsen und immer auf dem Weg zu ihrer Beueler Schule am Busbahnhof umgestiegen ist, fand den Platz mit dem Karussell schon Anfang der 1980er Jahre unangenehm. Zwar gab es das Karussell mitsamt den Pferden noch, aber auch die Obdachlosenszene hatte den Platz schon für sich entdeckt.

Morgens hätten sich zwar andere Schüler dort vor der Schule getroffen, „ich wäre aber lieber zehn Minuten länger im Bett geblieben, als mich dahinzustellen“. Später sei das Rondell dann zu einem beliebten Treffpunkt für Jugendliche und junge Erwachsene geworden. „Da haben sich alle getroffen, das kannte jeder. Wir haben es damals ‚Karusel’ genannt, dann wusste jeder, was gemeint war. Wieso wir das so genannt haben, weiß ich auch nicht“, sagt O’Grady.

Treffpunkt vor dem Kinobesuch

Für Hackner war das Karussell in seiner Jugend der Ausgangspunkt für einen schönen Abend im Kino. Den Platz hätten er und seine Freunde jedoch nicht unbedingt gewählt, weil der Ort so schön war, sondern weil die Alternativen noch schlechter waren. „Am Bonner Loch war es damals schlimm. Da wollte man nicht länger warten“, erinnert sich Hackner.

Die Stadt will das Rondell ab Montag, 27. Februar, zwecks Verlagerung der Drogen- und Obdachlosenszene wieder öffnen. Dann soll auch der Holzzaun abgebaut werden, der derzeit noch den Eingang zum Maximiliancenter versperrt. Auf Facebook hatten einige Bürger bereits Kritik an dieser Maßnahme geäußert. Die Stadt verweist darauf, dass die Öffnung des Rondells in Abstimmung mit der Caritas, dem Verein für Gefährdetenhilfe, der Polizei und den SWB erfolge. Alle Beteiligten wollen sich laut Verwaltung regelmäßig an einem Runden Tisch über die Szene austauschen und die Entwicklung „engmaschig“ begleiten.

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