Verkehrsausschuss beschließt Dutzende Fahrradstraßen in Bonn sollen kommen
Bonn · Die Koalition stimmt im Verkehrsausschuss für die Ausweitung des Radnetzes. Bürger haben mehr als tausend Unterschriften gegen den damit verbundenen Wegfall von Parkplätzen in der Südstadt gesammelt.
Das Einrichten weiterer Fahrradstraßen in den Bonner Stadtbezirken hat die erste kommunalpolitische Hürde genommen: Der Verkehrsausschuss hat den Plänen der Stadtverwaltung am Mittwochabend zugestimmt. Auf Grundlage des Bonner Fahrradstraßenkonzepts aus dem Jahr 2012 will die Stadt ab dem Sommer und dann voraussichtlich bis Ende 2024 mehrere Dutzend Straßen in den drei Stadtbezirken Bonn, Bad Godesberg und Beuel zu Fahrradstraßen markieren, die den im Bonner Radentscheid vorgesehenen Standards entsprechen. Diesem Bürgerbegehren, das 28.000 Bürgerinnen und Bürger unterschrieben haben, hat sich der Stadtrat mehrheitlich angeschlossen.
Die Standards sehen eine Breite von 4,50 Metern vor, um einen Radbegegnungsverkehr zu erleichtern. Im Verkehrsausschuss betonte Friederike Martin von Volt ausdrücklich, dass zugleich die Gehwege eine Mindestbreite von 1,50 Metern erhalten sollen. „Das ist elementar, weil heute Menschen mit Rollator oder Kinderwagen durch die engen Verhältnisse oft behindert werden“, sagte Martin.
Südstädter zeigt sich enttäuscht
Die Umsetzung der Pläne ist in den meisten Straßen mit dem Wegfall von Parkplätzen verbunden. Insgesamt würden 700 Stück entfallen. 200 davon sollen in der Südstadt gestrichen werden. Südstadt-Bewohner Robert Bininda hat einen Bürgerantrag verfasst mit dem Ziel, die Stadt möge die Bürger über die dortigen Pläne nicht nur informieren, sondern sie daran auch beteiligen.
Er ist der Auffassung, dass möglichst viele Parkplätze erhalten bleiben müssen, um die angespannte Parkplatzsituation vor Ort nicht unnötig zu verschärfen. Er weist auch auf die Poppelsdorfer Allee als Alternativroute zu den geplanten Fahrradstraßen auf Kurfürsten- und Königstraße hin. Der Bürgerantrag soll allerdings aus formalen Gründen erst nach der Sommerpause im Bürgerausschuss behandelt werden. Sollte der Stadtrat das Votum des Verkehrsausschusses in seiner Junisitzung planmäßig bestätigen, würde er erst nach der abschließenden Entscheidung behandelt.
Binanda reagierte am Donnerstag enttäuscht ob dieser Herangehensweise von Verwaltung und Politik. „Bei neuen Bebauungsplänen ist die Bürgerbeteiligung gesetzlich vorgeschrieben. Und bei einer solchen Entscheidung, die viele Bürger betrifft, soll das überhaupt nicht vorgesehen sein?“ Nach seinen Angaben hätten mittlerweile 1084 Anwohnerinnen und Anwohner für das Anliegen seines Bürgerantrags unterschrieben. Es gibt allerdings auch Befürworter der Fahrradstraßen in der Südstadt, wie eine Umfrage des GA vor Ort ergeben hatte.
Die Kommunikation der Verwaltung in Sachen Fahrradstraßen bemängelten einige Mitglieder des Verkehrsausschusses in ihren Redebeiträgen, auch über die Opposition hinaus. Das Vorhaben müsste auch an die Bürger herangetragen werden, sagte Rolf Beu von den Grünen: „Aber wir wollen schon möglichst schnell diese Fahrradstraßen haben.“ Er erinnerte auch in Richtung der Verwaltung an einen Mehrheitsbeschluss, beispielsweise auf Supermärkte zuzugehen und abzufragen, ob sie Parkplätze für Anwohner zur Verfügung stellen könnten. Arno Hospes führte an, dass die Stadt „in einem Dialog für Akzeptanz“ sorgen sollte. Man benötige Lösungen, die gut funktionierten und „gut für die Bürger sind“. Ein Antrag der CDU, die Pläne detailliert nach Straßen vorzulegen und die Bürger anschließend zu beteiligen, fand keine Mehrheit.
Informationsveranstaltung nach dem Sommer
Beschlossen wurde auf den Vorschlag von Rheingrün hin eine Bürgerinformationsveranstaltung, die nach Angaben der Verwaltung allerdings erst nach den Sommerferien werde stattfinden können. Möglicherweise, das konnte Stadtbaurat Helmut Wiesner am Mittwoch noch nicht fest zusagen, werde die Stadt die am kommenden Mittwoch geplante Bürgerveranstaltung (18 Uhr im Haus der Bildung) zum Transparenzbericht Bonner Radentscheid so planen, dass dort auch Informationen und Fragen zu den neuen Fahrradstraßen möglich wären.
Die Stadt geht nach Auskunft von Vizestadtsprecher Marc Hoffmann davon aus, dass die Ummarkierungsarbeiten und das Aufstellen der Schilder für die Fahrradstraßen im dritten Quartal 2023 beginnen und sich über das Jahr 2024 hinweg ziehen werden.
Mit der Durchführung wäre das Fahrradstraßenkonzept noch nicht abgeschlossen. Ein Teil der Umwidmungen hatte die Verwaltung zurückgestellt. Hoffmann sagte, die Stadt prüfe 40 Straßen, ob diese sich für Fahrradstraßen eigneten. In einigen im Konzept erwähnten Straßen habe sich durch andere Beschlüsse die Ausgangslage geändert.
Der Verkehrsausschuss hat sich am Mittwoch überdies mit den Plänen für ein Radverkehrsnetz befasst, allerdings in erster Lesung, also ohne einen Beschluss zu fassen. Ein Ziel dieses Plans ist es, über das Fahrradstraßenkonzept hinaus, wichtigere und unbedeutendere Radstraßen sowie Hauptrouten zu definieren und anhand der Ergebnisse die verschiedenen Projekte nach Priorität anzugehen. Bernhard Meier, sachkundiger Einwohner im Ausschuss und ADFC-Vorstand, sprach von einem großen Wurf für die Verkehrswende. Der Bürgerbund hingegen von einem „unkonkreten Vorschlag“, der ein Blankoscheck für die Oberbürgermeisterin sei.