Übertragung im Internet So läuft der Livestream eines Gottesdienstes aus dem Bonner Münster ab

Bonn · Die sonntags stattfindenden Gottesdienste im Bonner Münster werden seit einiger Zeit per Livestream im Internet übertragen. Fünf Kameras fangen dazu das Geschehen in der Kirche ein. Hinter den Übertragungen steht ein kleines Team von Ehrenamtlichen.

 Wolfgang Dorlöchter (2.v.l.) übt unter Anleitung von Juan Alfaro (l.) und Ursula Bachem-Niedermeier das Zoomen mit einer der Kameras. Als Zielobjekt hat sich Stefan Schultz ins Bonner Münster gestellt.

Wolfgang Dorlöchter (2.v.l.) übt unter Anleitung von Juan Alfaro (l.) und Ursula Bachem-Niedermeier das Zoomen mit einer der Kameras. Als Zielobjekt hat sich Stefan Schultz ins Bonner Münster gestellt.

Foto: Stefan Knopp

Ihre Mutter, erzählt Ursula Bachem-Niedermeier, habe ein Alter erreicht, in dem sie nicht mehr ohne Weiteres in die Kirche gehen könne. Aber sie kann sich ja heutzutage den Gottesdienst in die Wohnung holen. Das Bonner Münster bietet das an, immer sonntags. „Meine Mutter hat schon öfters teilgenommen“, sagt Bachem-Niedermeier. Dass die Mutter die Hostie nicht empfangen kann, scheint sie verkraften zu können.

Die betagte Dame hat aber auch eine gute Motivation, dieses Angebot zu nutzen, denn ihre Tochter gehört zu dem Team, das diese Livestreams organisiert. Etwa ein Jahr lang wurde Bachem-Niedermeier von Juan Alfaro eingearbeitet, inzwischen kann sie die Übertragung alleine durchführen. Und bei der Einführung von Wolfgang Dorlöchter helfen, der sich auch für diese Aufgabe gemeldet hat. Zu dritt werden sie die Sonntagsgottesdienste gut abdecken können, manchmal auch andere Messen. Aber um auch Freitags- oder Samstagsgottesdienste zu streamen oder auch mal besondere Wünsche außer der Reihe zu erfüllen, müsste das Team größer sein.

Alfaro ist der Fachmann und arbeitet auf Honorarbasis, die beiden anderen machen das ehrenamtlich. Der Stream war – wenig überraschend – eine Idee in Pandemiezeiten. Damals wurden, weil die Münsterbasilika generalsaniert wurde, die Gottesdienste mit Stadtdechant Wolfgang Picken aus der Remigiuskirche übertragen – nur mit einer Kamera und einem weiteren Übertragungsgerät. „Der Stadtdechant fragte, ob auch eine andere Perspektive möglich sei“, erzählt Alfaro. „Dann hat es angefangen mit dem Basteln.“

Während der Pandemie musste er weitgehend mit dem auskommen, was er schon hatte. In die Geschäfte konnte man nicht, und als das wieder möglich war, bekam man die Technik nicht, die man brauchte, weil die oft aus China kommt. „Am Anfang war es mit dem Ton schwierig, da gab es Rückmeldungen von den Leuten.“ Er musste viel improvisieren, was ihm viel Spaß machte. Vor allem, weil es trotzdem funktionierte.

Fünf Kameras filmen Gottesdienst im Münster

Inzwischen ist das Münster wieder geöffnet, und im Zuge der Sanierung hat man auch Kameras an fünf Stellen installiert, die aber nur während der übertragenen Gottesdienste aktiv sind oder wenn Dorlöchter das Heran- und Herauszoomen am Mischpult übt. Sie sind auf 2,5 bis drei Meter Höhe angebracht, und man wird sie kaum entdecken können, wenn man nicht weiß, wo man suchen muss. Sie ermöglichen den Blick auf den Altarraum aus mehreren Blickwinkeln, aber auch in das Kirchenschiff, in den Chorraum und zur Orgel. Die Aufnahmen werden auch auf Monitoren in den Seitenschiffen übertragen, damit auch die Leute dort sehen, was am Altar passiert. Bei Lesungen wie der von Franz Hartwig am 31. Mai wird nur auf diese Bildschirme übertragen, da dafür Eintritt genommen wird.

Das gibt den Übertragungen einen professionellen Anstrich, den nicht viele andere Kirchen mit ähnlichem Angebot so bieten können. Vielleicht erklärt sich daraus der Zuspruch auch über die Bonner Stadtgrenzen hinaus. „Wir haben auch Menschen aus München und Lübeck, die zuschauen“, sagt Stefan Schultz, Pressesprecher des katholischen Stadtdekanats.

Für die Gottesdienste erhält das Livestream-Team immer vorab Ablaufpläne mit den Liedtextnummern im Gotteslob oder Namen von Beteiligten, die sie auf den Bildschirmen einblenden können. An normalen Sonntagen sind die nicht sehr umfangreich, der Ablauf ist ja immer gleich. Aber an Feiertagen sieht das anders aus: Zum Beispiel musste in der Osternacht bedacht werden, dass Menschen auch im Kreuzgang laufen, wo eigens eine Kamera aufgestellt war. Und Fronleichnam wird für Alfaro wieder eine Herausforderung, denn diese Messe soll auf dem Münsterplatz gefeiert und auch übertragen werden. Da darf er dann wieder improvisieren.

Warum haben die Ehrenamtler speziell dieses Ehrenamt gewählt? „Ich habe Spaß daran, dass man an der Gestaltung der Messe teil hat“, sagt Dorlöchter. „Als Laie hat man nie die Möglichkeit, näher an die liturgische Gestaltung heranzukommen.“ Für Bachem-Niedermeier liegt der Reiz auch darin, den Zuschauern Details zu zeigen, die sie beim normalen Gottesdienstbesuch nicht sehen. Die Skulpturen, das Jesus-Mosaik, die Apsis oder auch Organist und Chor. Für sie ist es eine sinnvolle Tätigkeit, „die Chance, eine viel größere Reichweite für den Gottesdienst herzustellen“.

Der Erfolg gibt ihr Recht. Nicht selten, so war jüngst in einer Pressemitteilung des Stadtdekanats zu lesen, würden mehrere 100 Personen von zu Hause zugucken, an Feiertagen sogar bis zu 2000. Auch im Münster selbst seien viele Messen sehr gut besucht. Stadtdechant Picken resümiert: „Die Münsterbasilika ist für viele wieder eine geistliche Heimat und ein Ort, an dem man einer lebendigen und sympathischen Kirche begegnen kann.“ Daran teilzuhaben und dabei mit moderner Technik kreativ zu arbeiten, wiegt für die Ehrenamtler den überschaubaren Zeitaufwand auf.

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