Am Rheinauensee Modellschiffbauer feiern lang ersehnte Schiffstaufe

Bonn · Nach der Sanierung des Schiffchensees in der Rheinaue kommen Modellschiffbegeisterte zur ersten Schiffstaufe seit der Corona-Pandemie zusammen. Doch der See bietet alles andere als freie Fahrt.

 Ein Modell der Seenotrettung am Rheinauensee. „Man muss sich für den Bau Zeit nehmen“, sagt Helmut Grillo. Für den Bau eines Boots braucht es mindestens ein Jahr, einige Enthusiasten investieren aber auch fünf Jahre.

Ein Modell der Seenotrettung am Rheinauensee. „Man muss sich für den Bau Zeit nehmen“, sagt Helmut Grillo. Für den Bau eines Boots braucht es mindestens ein Jahr, einige Enthusiasten investieren aber auch fünf Jahre.

Foto: Jaqueline Jansen

„Ich taufe dich auf den Namen MS Bonn“, verkündet Jochen Reeh-Schall, Bezirksbürgermeister und Taufpate für 19 junge Boote, und gießt dabei feierlich Sekt über den Hals einer Akustikgitarre. Als Instrument hat diese ausgedient, jetzt flitzt sie für den Modellschiffbauer Helmut Grillo über den Schiffchensee des Schiffmodellclub Bonn in der Rheinaue. Der Verein feiert die erste Schiffstaufe seit vier Jahren, aufgeschoben wegen Corona und der Sanierung des Sees.

Die Inspiration für den Bau kommt von einem australischen Musiker: Der ließ sich für 7000 Dollar ein normalgroßes Gitarrenschiff anfertigen – aus einer preiswerten Gitarre für 50 Euro konstruierte Grillo sein Modellboot mit gekürztem Hals und Speziallackierung. Zwei Jahre arbeitet er schon an dem Gitarrenboot, nun muss es nur noch auf dem Wasser ausprobiert und austariert werden.

Die Algenplage macht den Bootsbauern weiterhin zu schaffen

Neben dem ungewöhnlichen Modellschiff sieht man erst wenige Boote auf dem Wasser, dabei eignet sich das Wetter perfekt. Das Problem schwimmt an der Wasseroberfläche: Trotz teurer Sanierung ist der See weiterhin von Algen geplagt. Die Modellbauer hatten sich das anders vorgestellt. Der Wind hat die Algen unmittelbar ans Startufer gespült. Wer sein Boot fahren möchte, muss hindurchmanövrieren. Besonders für Schiffe mit Schraube im Wasser ist das ein Problem, denn die Algen verfangen sich leicht im Propeller. Peter Ziegler, erster Vorsitzender des Vereins, gibt die Hoffnung aber noch nicht auf: „Wir sind zuversichtlich, dass wir hier bald vollkommen algenfrei fahren können.“

Nachdem ein Teil der Algen händisch mit Köcher aus dem Wasser gefischt wurde, stechen auch mehr Boote in See. Von kleinen Sumpfreitern mit Elektroantrieb aus einem Bausatz über große Segelschiffe aus dem Eigenbau, die nur vom Wind über den See getragen werden, ist alles dabei.

Wer sich diesem Hobby verschreibt, hat je nach Boot mit Kosten zwischen 100 und 2000 Euro zu rechnen. Für den Modellschiffenthusiasten Jürgen Sponholz macht der Selbstbau den Reiz aus. Die Materialien beschafft er unter anderem von Schrottplätzen und ist beim Bootsbau Fachmann für Holzverarbeitung, Elektronik und Metallverarbeitung zugleich. „Es ist das Hobby der 99 Berufe“, fasst es Grillo zusammen.

Modellschiffbau: Ein kreatives und interaktives Hobby

Die Grenzen beim Bauen der Miniaturboote liegt vor allem in der Größe. Zwischen einen halben und anderthalb Meter messen sie in der Länge. Darüber sind sie wegen Größe und Gewicht nicht mehr transportabel. In der Gestaltung ist man dafür so gut wie nicht limitiert. Für sein nächstes Projekt möchte Grillo ein Tier bauen, einen Biber vielleicht. Regelmäßig schwimmt auch ein Krokodilkopf durch die Gewässer der Rheinaue.

Ein Höhepunkt für Grillo und Sponholz sind ihre Paddelboote „Jakob“ und „Renate“, die Puppen an Bord haben, deren Köpfe sich per Fernbedienung steuern lassen. Ein Spaß für Bootsfahrer und Passanten: „Die Kinder wollen immer nach der Puppe greifen, dann muss ich den Kopf schütteln“, berichtet Grillo lachend. „Man spielt so mit den Leuten.“

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