Bilanz nach fünf Jahren Die Wahlversprechen des Bonner OB im Faktencheck

Bonn · Was hat Ashok Sridharan vor fünf Jahren angekündigt, und was konnte er in seiner Amtszeit umsetzen? Der Bonner Oberbürgermeister im GA-Faktencheck.

Ashok Sridharan 2016. (Archivfoto)

Ashok Sridharan 2016. (Archivfoto)

Foto: Barbara Frommann

Der Kommunalwahlkampf läuft langsam an. Argwöhnisch beobachtet die politische Konkurrenz, wie oft Oberbürgermeister Ashok Sridharan medienwirksame Termine besucht oder als Corona-Krisenmanager Videoansprachen an die Bonner veröffentlicht. Der Amtsbonus, von dem der CDU-Mann profitiert, ist aber auch Verpflichtung. Er muss sich an Erfolgen messen lassen. Was hat er bei Amtsantritt versprochen, und was ist daraus geworden?

Der GA analysiert dies anhand von Interviews, die Sridharan vor und kurz nach seiner Wahl 2015 gegeben hatte (siehe „Damit warb der heutige OB vor seiner Wahl vor fünf Jahren“). Natürlich ist ein Oberbürgermeister oft auf Ratsbeschlüsse und immer auf die eigenen Fachleute angewiesen. Aber als Chef der Verwaltung trägt er auch eine besondere Verantwortung für Wohl und Wehe der Stadt.

  • Service im Dienstleistungszentrum verbessern: Mit der Zusammenlegung von Bürgeramt, Führerschein- und Zulassungsstelle zum Dienstleistungszentrum (DLZ), der Umstellung auf Online-Terminvergabe sowie die Reduzierung der Dienstleistungstage in den Bezirksrathäusern begannen die Probleme. Seither beschweren sich Bürger über lange Wartezeiten auf einen Termin – zeitweise bis zu vier Monate. Die Stadtspitze, hier vor allem Stadtdirektor Wolfgang Fuchs, reagiert vor allem mit zusätzlichen Stellen. Dabei wollte er mit der Umstrukturierung Stellen abbauen und 1,3 Millionen Euro im Jahr sparen. Stattdessen stieg die Zahl der Vollzeitstellen von 106 auf 127 – was die Stadt auch mit neuen Aufgaben begründet. Die Öffnungszeiten wurden 2019 und im Juni 2020 stundenweise ausgeweitet. Mit seinem Vorstoß, auch samstags zu öffnen, konnte sich der OB aber nicht durchsetzen. Im Meldeamt schwankten die Wartezeiten auf einen Termin vor der Corona-Krise zwischen acht und zehn Wochen.

Fazit: Ziel nicht erreicht.

Die Stadthalle in Bad Godesberg ist sanierungsbedürftig

Die Stadthalle in Bad Godesberg ist sanierungsbedürftig

Foto: Axel Vogel/AXEL VOGEL
  • Den Sanierungsstau städtischer Gebäude anpacken: Der Godesberger Stadthalle droht ein Teilabriss, an Opernfassaden bröckelt der Beton, die Zukunft des Stadthauses noch immer unklar – der Sanierungsstau an städtischen Gebäuden ist gewachsen, auch wenn das Städtische Gebäudemanagement Bonn (SGB) seit 2015 laut Presseamt in allen Häusern rund 452 Millionen Euro investiert hat. Eine Prioritätenliste existiert nicht, auch kein Investoren-Projekt oder eines in öffentlich-privater Partnerschaft. Für die Sportstätten rät ein Fachgutachter, in den nächsten Jahren rund 150 Millionen Euro zu investieren – das nötige Umsetzungsprogramm hat die Stadt noch nicht vorgelegt. Für die Bäder sind weitere 130 Millionen Euro vorgesehen. Das SGB ist personell aufgestockt worden und hat seit November 2019 nach mehrjähriger Vakanz einen neuen Leiter.

Fazit: Ziel nicht erreicht

  • Kooperation mit dem Rhein-Sieg-Kreis vorantreiben: Die Stadt ist auf Flächen für Industrie und Gewerbe angewiesen, die sie selbst nicht hat. Doch die Suche nach Kooperationen mit Nachbar-Kommunen verläuft schleppend. Während ein gemeinsames Gewerbegebiet mit Rheinbach weiter in der Verhandlungsphase steckt, gab es anderswo einen kleinen Erfolg: Bonn, Alfter und Bornheim bilden eine kommunale Arbeitsgemeinschaft zur Vermarktung des Gewerbegebiets Alfter-Nord. Planungshoheit und Steuereinnahmen bleiben aber bei Alfter.

Fazit: Teilerfolg, aber kein Durchbruch.

 Krisenmanager in schweren Zeiten: Ashok Sridharan während einer Pressekonferenz zur Corona-Pandemie im März.

Krisenmanager in schweren Zeiten: Ashok Sridharan während einer Pressekonferenz zur Corona-Pandemie im März.

Foto: Benjamin Westhoff
  • Schnellere Genehmigungen für Wohnungsbau: Aktuelle Zahlen zu Baugenehmigungen nennt die Stadt nicht. Aus einer Vorlage von 2017 geht hervor, dass mit dem Personal im Planungsamt zehn Bebauungspläne pro Jahr (rund 850 Wohnungen) abzuarbeiten waren. Die Stadt verweist auf 10,75 damals vom Rat bewilligte zusätzliche Stellen, um Baulandaktivierung und Planung voranzutreiben. Noch sind nicht alle Stellen besetzt. Unter Ratspolitikern heißt es, dass das Bauordnungsamt recht flott genehmigt, wenn eine Bebauung nach Paragraf 34 Baugesetzbuch möglich ist, also orientiert an Nachbargebäuden. Beim Ex-Studentenwohnheim am Erzbergerufer setzte der OB statt Wohnungen einen Hotelneubau durch. Dafür sollen in der früheren Poliklinik an der Wilhelmstraße Wohnungen entstehen. Doch wie es dort weitergeht ist unklar. Das Verfahren für ein rund 300 umfassendes neues Wohngebiet im Buschdorfer Rosenfeld stockt, die Vergabe ist noch nicht erfolgt. Dabei datiert der Ratsbeschluss von Juli 2018. Nichts mehr zu hören bekam der Rat nach seinem Beschluss, die Verwaltung möge Pläne für eine Stadtentwicklungsgesellschaft erarbeiten, um Grundstücke selbst zu entwickeln. Mit dem Bonner Baulandmodell liegt ein Beschluss vor, von Investoren mindestens 40 Prozent günstigen Wohnraum bei größeren Neubauprojekten von Investoren zu verlangen.

Fazit: Viel Luft nach oben. Kompromisse in der Ratskoalition aus CDU, Grünen und FDP sind bei diesem Thema allerdings schwierig.

  • Die Bäderfrage beantworten: Sridharan und die Ratskoalition kämpften für das Wasserland-Bad in Dottendorf, das von den Stadtwerken gebaut und betrieben werden sollte. Kurfürsten- und Frankenbad sollten dafür dauerhaft schließen. Ein Bürgerentscheid verhinderte das Projekt mit knapper Mehrheit. Auf Basis eines Bürgergutachtens legte der OB in diesem Jahr ein Konzept vor, nach dem alle Stadtbezirksbäder saniert oder durch Neubauten ersetzt werden sollen. Der Rat gab jetzt eine vertiefte Prüfung aller Vorschläge in Auftrag.

Fazit: Ziel nicht erreicht, aber womöglich eine Lösung für die jahrzehntelang debattierte Bäderfrage gefunden. Unklar ist, ob es bei den nur grob geschätzten Gesamtkosten von 130 Millionen Euro bleibt.

 Das Frankenbad in Bonn.

Das Frankenbad in Bonn.

Foto: Nicolas Ottersbach
  • Stadtverwaltung effizienter machen, Controlling einführen: Nach Angaben der Verwaltung wurde eine Abteilung installiert, die neben anderen Aufgaben mit einem Mitarbeiter und den entsprechenden Fachämtern ein Berichtswesen für große Bauprojekte aufgebaut hat. Die Berichte sind im Internet unter opendata.bonn.de nachzulesen. Außerdem wurde im Schulamt 2017/2018 eine Stelle zur Entwicklung und Aufbau eines Controllings der OGS-Betreuung eingerichtet. Das SGB erhielt zwei Controlling-Stellen, in dieser Woche kommen zwei weitere hinzu. Die Projektberichte geben eine gute Übersicht etwa über den Kosten- und Zeitplan. Berichte zu anderen Themen sind bei opendata nicht zu finden, bis auf einen vom Amt für Soziales von 2015.

Fazit: Ziel teilweise erreicht. Von einem umfassenden, zentralen Controlling ist die Verwaltung noch weit entfernt.

  • Die städtischen Ausgaben senken: Trotz der guten Konjunktur der vergangenen Jahre stiegen Bonns Schulden auf 1,87 Milliarden Euro (März 2020); die Corona-Krise wird die Kasse mit zweistelligen Millionensummen belasten. Einsparungen in Millionen-Größenordnung gab es nicht. 2018 scheiterte die Kämmerei mit Vorstößen, den Zuschuss zum Beethovenfest zu kürzen und eine Sportstättennutzungsgebühr einzuführen, am Widerstand des Rates. Gestrichen wurden Zuschüsse für das Euro Theater Central und das Kleine Theater. Gleichzeitig steigen die Personalkosten der Stadt immer weiter: von 313 Millionen Euro im Jahr 2018 auf 339 Millionen im vorigen Jahr. Für 2020 rechnet die Kämmerei mit 378 Millionen Euro.

Fazit: Ziel nicht erreicht.

  • Steuererhöhungen vermeiden: Die letzte Grundsteuererhöhung griff zum 1. Januar 2015, der Hebesatz der Gewerbesteuer ist stabil seit 2013. Zwar ging die Stadt für die Jahre 2017 bis 2019 von hohen Defiziten aus (tatsächlich erzielte sie überraschend Überschüsse). Steuererhöhungen schlugen Sridharan und Kämmerin Margarete Heidler dem Rat aber nicht vor.

Fazit: Ziel erreicht.

  • Zusammenarbeit mit dem Rat verbessern: Funktionierende Kommunikation ist schwer zu messen. Sridharan sagt, er besuche wöchentlich die CDU-Fraktion und Vertreter der Jamaika-Koalition, 14-tägig gebe es Treffen mit den Vorsitzenden der FDP- und der SPD-Fraktion. Auf Einladung habe er auch andere Fraktionen besucht. Doch bemängeln nicht nur Politiker der Opposition, sondern auch solche der Koalition, dass Antworten auf Anfragen nicht schnell genug vorlägen. Jüngst, als es um die Fortführung der Lead-City-Maßnahmen ging, legte die Verwaltung ihre Vorschläge als Dringlichkeitsantrag erst wenige Stunden vor der Sitzung des Verkehrsausschusses vor.

Fazit: Von einer signifikanten Verbesserung kann nicht die Rede sein.

 Ein Teil des Cityrings in Bonn.

Ein Teil des Cityrings in Bonn.

Foto: Benjamin Westhoff
  • Öffentlichen Nahverkehr und die Rad-Infrastruktur verbessern: Zwei Schritte vor, ein Schritt zurück: So ließe sich das Ringen um Verkehrslösungen in der Innenstadt aus Sicht der Befürworter des Nahverkehrs und besserer Radwege beschreiben. Nach dem Ratsbeschluss, den Cityring für die Durchfahrt der Wesselstraße zu kappen, kam mit Stimme des OB im Juni eine Mehrheit auf Antrag der CDU zustande, den Ring wieder zu öffnen. Immerhin: Der Radstreifen Am Hof und in der Rathausgasse soll bleiben, ebenso in der Kaiserstraße die ÖPNV-Spur für Busse und Radfahrer stadtauswärts. Die Ratskoalition hat die Fortführung des vom Bund geförderten Projekts Lead City mit teilweise städtischem Geld für mindestens ein Jahr beschlossen. Ab 2023 sollen 22 neue Stadtbahnen im Fünf-Minuten-Takt zwischen Siegburg und Bonn fahren. Sridharan reklamiert auch Beschlüsse zu Radschnellrouten als Erfolg. Auf scharfe Kritik stieß bei der Opposition sein Rücktritt aus dem Aufsichtsrat der Stadtwerke Bus und Bahn, den er mit Zeitmangel begründete.

Fazit: Ziel teilweise erreicht.

  • Die Beethovenhalle mit vertretbarem Aufwand sanieren: Sridharan wollte nur das Nötigste sanieren, konnte sich aber auch in der eigenen CDU-Ratsfraktion nicht durchsetzen. Die Jamaika-Koalition beschloss 2015 die umfassende Kernsanierung mit Technikanbau und tiefer gelegtem Studio – trotz des engen Zeitfensters bis zum Beethoven-Jubiläum. Heute ist klar: Die Planer waren nicht weit genug, Erdreich und Bausubstanz nicht ausreichend untersucht, das Städtische Gebäudemanagement seiner Bauherrenfunktion laut Rechnungsprüfungsamt nicht gewachsen. Ergebnis: die Sanierung zieht sich wohl bis 2024, die Kosten steigen nach Stadtangaben von 61,5 auf schlimmstenfalls 166 Millionen Euro. Die Weichen für die Sanierung, so Sridharan, seien lange vor seinem Amtsantritt gestellt worden.

Fazit: Ziel deutlich verfehlt.

Die komplette Stellungnahme von Ashok Sridharan gibt es unter diesem Link.

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