Knapp 40 Teilnehmer vor dem Stadthaus Bonner Querdenker-Demo verlief ruhig

Bonn · Bis zu 40 Teilnehmer haben sich am Mittwoch am Stadthaus zur Demonstration gegen die geplante Änderung des Infektionsschutzgesetzes getroffen. Ab 18 Uhr fuhr ein Autokorso mit 30 Fahrzeugen durch Bonn. Ihr Ziel war der Platz der Vereinten Nationen.

 Zu der Querdenker-Demo vor dem Stadthaus kamen etwa 40 Teilnehmer.

Zu der Querdenker-Demo vor dem Stadthaus kamen etwa 40 Teilnehmer.

Foto: Benjamin Westhoff

Neugier, Verständnis und unverhohlene Abneigung: Die Reaktionen von Passanten, die am Mittwoch im Stadthaus etwas zu erledigen haben, können unterschiedlicher nicht sein. Sie alle müssen gegen 11 Uhr an einer Demonstration der Bonner Gruppe der Querdenker-Bewegung vorbei, die auf der Stadthaus-Plattform gegen die Änderung des Infektionsschutzgesetzes protestiert. 

Bis zu 40 Teilnehmer zählt die Polizei, die neben Ordnungskräften der Stadt das Geschehen beobachtet. Zehn mehr als angemeldet, was geduldet wird. Schließlich halten sich nahezu alle an die Corona-Schutzverordnung. Der Organisator, ein 36-jähriger Heilpraktiker, ermahnt die Demonstranten, Maske zu tragen und Abstand zu halten. Kurz flammt ein Disput auf, als ein Mann ohne Mund- und Nasenbedeckung der Polizei sein Attest vorzeigen soll, das in solchen Fällen nötig ist. Es stellt sich heraus, es ist korrekt.

„Wir halten die Maßnahmen der Bundesregierung gegen die Pandemie für inakzeptable Eingriffe in die Grundrechte“, sagt der 36-Jährige. Sie seien keine Corona-Leugner. Der Mann wehrt sich gegen den Vorwurf, die Querdenker-Bewegung werde von Rechtsradikalen und Antisemiten vereinnahmt. „Mit denen haben wir nichts zu tun.“ Unter ihnen seien Spirituelle, Linksliberale und Grünbewegte.

Sorge, dass Streit in der Gesellschaft eskaliert

Der Superintendent des Evangelischen Kirchenkreises Bonn, Dietmar Pistorius, hat sich unter die Demonstranten gemischt. Ihn treibt die Sorge, dass der Streit in der Gesellschaft um die Corona-Schutzmaßnahmen eskaliert. Pistorius spricht mit Teilnehmern, die erstaunt, aber freudig darauf reagieren, dass sie angehört werden. „Ich halte es für notwendig, dass wir mehr miteinander reden. Wir kommen in konfrontative Positionen und vertreten diese mit Vehemenz und häufig mit heftigen Attacken auf die jeweils andere Position und die Personen, die sie vertreten“, sagt er hinterher.

Zu einer Gegendemonstration auf dem Friedensplatz kommt nur eine Handvoll von Leuten. Sie löst sich nach wenigen Redebeiträgen schnell auf. Am Abend fuhren die Querdenker laut Aussage der Polizei in einem Autokorso mit etwa 30 Fahrzeugen über die Adenauerallee ins Bundesviertel. Auf dem Platz der Vereinten Nationen hielten sie danach eine Kundgebung mit 37 Teilnehmern ab. Größere Verkehrsstörungen auf der B9 habe es nicht gegeben.

Keine Probleme mit den Bonner Aktivisten

Mit den Bonner Aktivisten, die seit April jeden Samstag auf dem Kaiserplatz zu finden waren, hatte die Stadtverwaltung noch keine Probleme. „Die Gruppe war bisher kooperativ und hat sich weitgehend an Auflagen gehalten“, sagt Kathrin Krumbach, zuständige Sachgebietsleiterin in der Ordnungsbehörde. Ganz anders also als die bundesweit aktive „Corona-Info-Tour“, die hinter der illegalen Kundgebung mit rund 450 Teilnehmern am Samstag auf dem Marktplatz stand. Die Stadt hatte sie auf Grundlage des Infektionsschutzgesetzes verboten. „Nach intensiven Recherchen war absehbar, dass die Anmelder wahrscheinlich erneut gegen Infektionsschutz-Auflagen verstoßen würden“, berichtet Krumbach. „Wir haben zur Gefahrenabwehr gehandelt.“

Zwar meldeten andere Corona-Skeptiker nach dem Verbot insgesamt elf Eilversammlungen im Stadtgebiet an, um die Untersagung zu unterlaufen. Aus Sicht der Stadt waren dies aber unzulässige Ersatzveranstaltungen derselben Kundgebung. Den Demonstranten auf dem Markt drohen deshalb Bußgelder von je 250 Euro für die Teilnahme an einer verbotenen Veranstaltung laut NRW-Coronaschutzverordnung. Für Maskenverstöße sind es 100 statt 50 Euro – wegen der offenkundigen Vorsätzlichkeit.

Die ursprünglichen Anmelder Bodo Schiffmann und Wolfgang Greulich aus Baden-Württemberg sollen je 20 000 Euro Zwangsgeld zahlen, um das Verbot der Stadt durchzusetzen. Dafür haben sie zwei Wochen Zeit, sonst wird sofort vollstreckt. Sollten sie sich mit Erfolg vor Gericht wehren, erstattet die Kommune das Geld zurück. Die Ankündigung eines „Corona-Tour“-Anwalts, die Querdenker-Bewegung werde Bonn künftig verstärkt ins Visier nehmen, nimmt Günter Dick gelassen. „Wir lassen uns nicht Bange machen“, erklärt der Leiter der Bürgerdienste. „Der Umgang mit Rechtsanwälten gehört zu unserem Tagesgeschäft.“

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