Hilfe für die Ahr Bonner Rad-Enthusiasten reparieren Räder von Flutopfern

Bonn · Für eine große Zahl der Bewohner des Katastrophengebiets sind Fahrräder bis heute das einzige Fortbewegungsmittel. Die Bonner Rad-Enthusiasten reparieren am Sonntag Räder von Flutopfern an der Ahr.

 Es geht ins Ahrtal: Melanie Krischer und ihr Sohn Frederick (r.) reparieren mit Max Neumann am Sonntag Fahrräder.

Es geht ins Ahrtal: Melanie Krischer und ihr Sohn Frederick (r.) reparieren mit Max Neumann am Sonntag Fahrräder.

Foto: Sebastian Flick

Die Eindrücke, die Melanie Krischer schildert, erschrecken: „Man kannte die Bilder aus dem Fernsehen. Aber es war alles noch viel schlimmer, als man sich vorstellen konnte – eine totale Zerstörung, wie im Kriegsgebiet“. In den Wochen nach der verheerenden Flutkatastrophe im Ahrtal war Krischer mehrfach an der Ahr gewesen. Als Ärztin für Unfallchirurgie zählte sie zu den zahlreichen Freiwilligen, die bei der Erstversorgung geholfen hatten. Den Weg von Bonn ins Ahrtal legte sie jedes Mal mit dem Fahrrad zurück.

„Die Straßen waren ja mit dem Pkw nicht befahrbar“, sagt Krischer. Viele Menschen haben ihre Autos verloren, von den Fluten weggespült. Für eine große Zahl der Bewohner des Katastrophengebiets sind Fahrräder bis heute daher das einzige Fortbewegungsmittel. Doch auch die mussten erst einmal aus den Schlammmassen herausgezogen werden. „Ich hatte die Menschen vor Ort gefragt, was sie am dringendsten benötigen. Jemand meinte zu mir, bring doch mal eine Luftpumpe mit. Kurze Zeit später hatte ein kleines Mädchen ihr Kinderrad im Schlamm wiedergefunden und gefragt, ob ihr das jemand wieder fit machen kann“, so die Bonnerin.

Selbst begeisterte Radrennfahrerin, hatten sie diese Erlebnisse zur Organisation einer größeren Hilfsaktion inspiriert: „Zunächst hatte ich in Bonn Spenden in Form von Werkzeug für Fahrradreparaturen gesammelt“, berichtet sie. Dann startete sie einen Aufruf in sozialen Netzwerken und begab sich so auf die Suche nach Leuten, die sich mit Fahrradreparaturen auskennen und helfen können.

„Ich habe Kontakt zu verschiedenen Radhändlern aufgenommen, Sach- und Geldspenden organisiert und alle angeschrieben, die ich kenne, die gerne Radfahren und dadurch Sachkenntnis haben“, sagt die Ärztin. Einige Personen hatten sich direkt gemeldet: „Ich habe den Aufruf auf Facebook gesehen“, sagt Max Neumann. Der Kfz-Mechatroniker hatte nicht lange gezögert und sich sofort bereit erklärt mitzumachen. „Einige meiner Bekannten sind selbst betroffen. Ein Arbeitskollege in Heimerzheim wäre beinahe ertrunken. Deshalb bin ich schon mehrfach ins Katastrophengebiet gefahren, um zu helfen. Als ich hörte, dass Leute gesucht werden, die Fahrräder reparieren, war ich sofort dabei“, so Neumann.

Durch seinen Beruf verfügt Neumann über die notwendige Ausrüstung. Spezialwerkzeug wie Zentrier- und Montageständer packt er am Sonntagmorgen ins Auto, dann geht’s nach Ahrbück. „Man kann alles reparieren. Auch einen Totalschaden bekommt man wieder hin“, ist Neumann überzeugt. Seinen Laptop nimmt er mit: „Mit dem können wir die Elektronik von E-Bikes diagnostizieren“, erklärt der ebenfalls leidenschaftliche Radfahrer.

Etwa 15 Mitstreiter haben sich auf Krischers Aufruf gemeldet, die meisten von ihnen aus Bonn. In Ahrbrück treffen sich alle um 9 Uhr: „Wir haben eine Tankstelle zur Verfügung gestellt bekommen, die nicht mehr in Betrieb ist. Dort können uns die Leute ihre kaputten und verschlammten Räder überlassen“, sagt Krischer.

Vieles deutet darauf hin, dass die Ehrenamtlichen den ganzen Tag über sehr beschäftigt sein werden. „Wir bauen unsere Werkstatt am Sonntagmorgen mal auf und schauen, wer kommt“, zeigt sich Neumann noch recht entspannt. Läuft die Aktion erfolgreich, möchten die Bonner Radenthusiasten auch die nächsten Wochen sonntags zu verschiedenen Orten im Ahrtal fahren.

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