Filiale in Bonn Ideen gegen die drohende Leere bei Galeria Kaufhof gesucht

Bonn · Viele Filialen von Galeria Karstadt Kaufhof stehen vor dem Aus. Sollte es auch Bonn treffen, ist die Frage, wie das Gebäude am Münsterplatz künftig genutzt werden kann. Wie lösen andere Städte das Problem?

Zukunft ungewiss: Angesichts der Probleme der Kaufhauskette Galeria Karstadt Kaufhof droht auch der Bonner Filiale am Münsterplatz das Aus

Zukunft ungewiss: Angesichts der Probleme der Kaufhauskette Galeria Karstadt Kaufhof droht auch der Bonner Filiale am Münsterplatz das Aus

Foto: Benjamin Westhoff

Nach wie vor hängt auch über Galeria Kaufhof in Bonn das Damoklesschwert einer möglichen Schließung. Im Laufe dieses Monats soll entschieden werden, so hatte ein Unternehmenssprecher im Dezember öffentlich angekündigt, welche Häuser der insgesamt 131 Filialen in Deutschland geschlossen werden. Sollte es auch Bonn treffen, dann stellt sich die Frage, was mit dem großen Kaufhaus-Gebäude am Münsterplatz geschieht.

Eine Frage, die Stadt, Politik und Handel vor mehr als zwei Jahren schon einmal umtrieb, als Karstadt an der Poststraße für immer seine Pforte dichtmachte. Inzwischen ist wieder Leben im Haus. Handwerker bereiten alles vor, damit voraussichtlich im Frühjahr Peek &Cloppenburg auf drei Etagen seine Mode anbieten kann. Wenige Monate nach der Schließung zogen damals eine Aldi-Filiale und ein dm-Markt ins Basement des Gebäudes, in dem einst Hertie untergebracht war.

Noch eingerüstet ist ein Teil der Fassade des früheren Karstadt-Gebäudes in der Bonner Innenstadt. Auf drei Etagen soll dort im Frühjahr das Modegeschäft Peek & Cloppenburg einziehen.

Noch eingerüstet ist ein Teil der Fassade des früheren Karstadt-Gebäudes in der Bonner Innenstadt. Auf drei Etagen soll dort im Frühjahr das Modegeschäft Peek & Cloppenburg einziehen.

Foto: Benjamin Westhoff

Untergeschoss ist geschlossen

Derzeit ist allerdings das Untergeschoss, wie berichtet, bis auf Weiteres geschlossen. Die Eigentümerin Aachener Grund hatte mitgeteilt, ein Defekt der Brandschutzanlage habe Wasserdampf im Stromkreisverteiler abgesetzt. Deshalb habe man aus Sicherheitsgründen die Stromversorgung im Untergeschoss abstellen müssen.

Am Dienstag teilte Sonja Nees von der Aachener Grund mit, der Gutachter habe nun festgestellt, dass einzelne Komponenten der Stromversorgung ausgetauscht werden müssten, bevor die Stromversorgung wiederhergestellt werden könne. „Wir bitten bezüglich genauerer Informationen hierzu noch um ein wenig Geduld.“ Auch zur Frage, wie die beiden oberen Stockwerke, die P&C nicht angemietet hat, genutzt werden sollen, bat Nees um Geduld. Diskutiert worden war einst, das Stadtmuseum dort unterzubringen, die Pläne hat die Stadt Bonn jedoch wieder ad acta gelegt.

Kaufhaus als Museum?

Ein Blick über den Tellerrand zeigt indes, dass eine museale Nutzung eines früheren Kaufhauses durchaus eine Möglichkeit sein kann, die Mauern wieder mit Leben zu füllen. So wurde 2014 nach längerem Leerstand das 1930 errichtete Kaufhaus Schocken in Chemnitz, in dem nach der Wende bis 2001 eine Kaufhof-Filiale untergebracht war, Sitz des Staatlichen Museums Sachsen für Archäologie. Schon vor der Jahrtausendwende mussten sich die Neusser Stadt- und Kreisverwaltung mit der Frage befassen, was aus dem früheren Horton-Kaufhaus in der City werden sollte. Sie beschlossen den Umbau des Gebäudes für 85 Millionen Euro. Heute beherbergt das Haus das Rheinische Landestheater, ein Kino und Teile der Kreisverwaltung. Und in Oldenburg hat eine regionale Investorengruppe eine frühere Hertie-Filiale in eine Art Haus der Begegnung umgebaut, unter anderem mit individuellen Läden und Gastronomie sowie Büros.

Stefan Kruse vom Dortmunder Büro „Junker und Kruse Stadtforschung Planung“, das seit mehr als 25 Jahren bundesweit Kommunen im Bereich der Stadtentwicklung berät, erstellt mit seinem Kollegen Ralf Junker Einzelhandelskonzepte und war bereits als Einzelhandelsgutachter in Bad Godesberg im Einsatz. Er sieht das Problem bei den großen Warenhäusern vor allem in deren Betriebskonzepten, die nicht mehr zeitgemäß seien. „Da hat man einfach die Entwicklung verschlafen“, sagt der Fachmann. „Man hätte sich schon viel früher mit moderneren, innovativen Konzepten aufstellen müssen.“ Stattdessen, das habe er selbst auch bei den Kaufhäusern in seiner Heimatstadt Dortmund erlebt, habe man all die Jahre immer nur hier und dort umgebaut, Personal abgebaut und die Kassensysteme zentral zusammengeführt. Die Folgen: Kunden fänden kaum Beratung und müssten sich in langen Schlangen vor den Kassen anstellen.

Mischkonzepte können Kaufhäuser retten

Eine Möglichkeit zur Lösung der Probleme sieht Kruse in Mischkonzepten, etwa verschiedene Shops und Gastroangebote unter einem Dach. Allerdings: „Das ist bei diesen speziellen Gebäuden natürlich baulich nicht einfach zu lösen.“ Im Grunde kämen die Kommunen mit Blick auf die aktuelle Entwicklung im Handel nicht daran vorbei, ein Gesamtkonzept für die Innenstädte zu entwickeln, um die Zukunft zu sichern. „Aber auch hier sehe ich das Problem, dass dazu vor allem die Eigentümer der Immobilien involviert werden müssen. Ohne sie geht es nicht“, betont Kruse.

Ein weiteres wichtiges Kriterium, das den Bonner Handel schon seit Langem umtreibt, sei die verkehrliche Entwicklung einer Stadt. „Ein ewiger Konflikt“, sagt Kruse. Sicherlich sei die Erreichbarkeit einer Innenstadt auch für Autofahrer ein wichtiger Punkt. Auf der anderen Seite müsse der Umwelt- und Klimaschutz beachtet werden. Wer von außerhalb in die Stadt käme, der müsse deshalb auf jeden Fall Möglichkeiten bekommen, sein Auto am Stadtrand abstellen und bequem mit dem öffentlichen Nahverkehr in die City weiterfahren zu können.

Doch auch, wenn sich die Ära der Kaufhäuser nach den Schließungswellen in den vergangenen Jahren und dem bevorstehenden Aus vieler Galeria Kaufhof-Filialen dem Ende zuneigt, so sind Karina Kröber und Jannis Vassiliou zuversichtlich, dass sich Bonns Galeria Kaufhof am Münsterplatz halten wird. Kröber ist Vorstandsmitglied des Vereins City-Marketing sieht ähnlich wie Kruse allerdings Versäumnisse. „Wenn Warenhäuser wie Galeria Kaufhof überleben wollen, müssen sie sich überlegen, wie sie moderner und frischer werden können.“

Vassiliou, Vorsitzender des Einzelhandelsverbands Bonn/Rhein-Sieg/Euskirchen, verweist darauf, dass das Gebäude im Besitz der Signa ist, zu der Galeria Kaufhof gehört und er sich ein Aus für Bonn schon deshalb nicht vorstellen könne. „Dennoch ist klarzustellen, dass an einer Veränderung des Konzeptes kein Weg vorbeiführt. Das Konzept Kaufhaus, welches wir seit über 60 Jahren kennen und jahrzehntelang die deutschen Innenstädte dominierte, ist ohne eine Veränderung nicht mehr überlebensfähig.“ Kröber könnte sich zum Beispiel vorstellen, dass man Pop-Up-Geschäfte in dem Gebäude unterbringt, also Läden, die nach einem halben oder ganzen Jahr durch andere wieder ersetzt werden. „Wichtig ist, dass man die Kunden neugierig macht, damit sie weiterhin in die Innenstadt kommen.“

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