Schulen in Bonn Bonn zieht Schüler aus dem Umland wie ein Magnet an

Bonn · Bonner Schulen können Einpendler aus dem Kreis faktisch nicht abweisen. Schulpolitiker im Rat sehen wegen steigender Schülerzahlen akuten Handlungsbedarf.

Die Schulleitungen entscheiden über die Aufnahme von Kindern. In Bonn lernen immer noch viele Schüler aus dem Rhein-Sieg-Kreis.

Die Schulleitungen entscheiden über die Aufnahme von Kindern. In Bonn lernen immer noch viele Schüler aus dem Rhein-Sieg-Kreis.

Foto: dpa/Sebastian Gollnow

Der Frust einiger Eltern und ihrer Kinder ist groß. Im Losverfahren erhielten sie wie berichtet keinen Platz am gewünschten Gymnasium und sollen infolgedessen ab dem kommenden Schuljahr teilweise weit pendeln.

Ein Grund dafür: Die öffentlichen und privaten Schulen der Stadt Bonn nehmen nicht nur Kinder aus dem Stadtgebiet auf, sondern auch viele Mädchen und Jungen aus dem Rhein-Sieg-Kreis. 4488 von ihnen besuchen aktuell allgemeinbildende Schulen in Bonn. Darunter sind 1954 an städtischen Schulen angemeldet. Vor allem die Bonner Gymnasien sind beliebt. 1102 Kinder und Jugendliche aus dem Kreis lernen an städtischen, 1959 an privaten Gymnasien.

Schwerpunkt bei den Berufskollegs

Ein zweiter großer Schwerpunkt liegt bei den vier Bonner Berufskollegs in städtischer Trägerschaft. Hier stammt die Mehrheit der Schülerinnen und Schüler – es sind 6262 von insgesamt 10.856 – nicht aus der Stadt Bonn. Woher die jungen Einpendler kommen, registriert die Stadtverwaltung nicht.

Schon 2014 habe der Rat der Stadt als Schulträger deshalb konform zum Landesschulgesetz beschlossen, dass hiesige Schülerinnen und Schüler bei der Anmeldung an städtischen Schulen bevorzugt werden können, berichtet Lea Hoffmann aus dem Presseamt. Faktisch kommt es dazu allerdings nicht. Die Regelung ist nämlich nur dann anwendbar, wenn die Betroffenen in ihrer Heimatgemeinde eine entsprechende Schulform nutzen können.

Für die Berufsschulen gilt das zumindest nicht, denn „Stadt und Kreis haben sich schon seit vielen Jahren auf eine abgestimmte Schwerpunktsetzung im Angebot der Bildungsgänge verabredet, um eine regional abgestimmte, zukunftsfeste und diversifizierte Berufsbildungslandschaft vorzuhalten“, sagt Antonius Nolden aus der Pressestelle des Rhein-Sieg-Kreises. Die vier Berufskollegs des Kreises an insgesamt sieben Standorten würden im Gegenzug auch von Bonner Jugendlichen und jungen Erwachsenen besucht.

Kommunen für Gymnasien zuständig

Bei den Gymnasien ist nicht der Kreis Schulträger, sondern die einzelnen Kommunen. Gerade kleinere Gemeinden und Städte tun sich schwer, eigene Gymnasien zu unterhalten. Beispiel: Sankt Augustin. Die Stadt mit 55.000 Einwohnern betreibt zwei Gymnasien und die Fritz-Bauer-Gesamtschule. Trotzdem pendeln derzeit allein in Klasse 5 insgesamt 51 Kinder zu auswärtigen Gymnasien, die übergroße Mehrheit nach Bonn auf die katholische Adelheidisschule in Pützchen und das ebenfalls katholische Kardinal-Frings-Gymnasium.

33 Kinder besuchen auswärtige Gesamtschulen, allerdings mit großer Mehrheit in anderen Kreiskommunen. Im Gegenzug pendeln allerdings auch 44 Fünftklässler vor allem aus dem Stadtbezirk Beuel nach St. Augustin. „Grundsätzlich ist die Relation von 52 zu 95 Ein- und Auspendlern (in Klasse 5, Red.) vergleichsweise ausgeglichen und letztlich auch immer Ergebnis der individuellen Entscheidung der Schulplatzwahl durch Eltern und ihre Kinder“, sagt der städtische Pressesprecher Benedikt Bungarten. Zahlen für alle Jahrgänge von 5 bis 13 legt die Stadt Sankt Augustin allerdings nicht vor. Perspektivisch solle aber sowohl das Rhein-Sieg-Gymnasium wie auch die Gesamtschule um je einen Klassenzug erweitert werden, um die vorausgesagt zunehmenden Schülerzahlen aufnehmen zu können.

Aufnahme ist Sache der Schulen

Auch die Stadt Alfter hat zum Beginn des zweiten Schulhalbjahrs mit der Gründung eines eigenen Gymnasiums auf den wachsenden Bedarf reagiert. Die Mindestzahl von 84 Anmeldungen sei deutlich überschritten worden, heißt es auf der Schulhomepage. Das entlastet vor allem die Gymnasien im Bonner Westen von Tannenbusch bis zum Brüser Berg.

Bonner Schulpolitiker sehen deshalb keinen akuten Handlungsbedarf. Sowohl den Ratsvertretern von SPD, FDP, Volt, CDU sind aktuell keine konkreten Fälle abgewiesener Schulbewerber bekannt. Auch der Bürgerbund geht davon aus, dass die weiterführenden Bonner Schulen und das Schulamt sich bemühen, alle Schulwünsche zu erfüllen. Auch die Ausschussvorsitzende Sabine Kramer (CDU) spricht von Einzelfällen. Sie verweist darauf, dass die Aufnahme Sache der Schulen sei und der Rat darauf keinen Einfluss nehmen könne.

Perspektivisch müsse die Stadt allerdings tätig werden und „mehr Schulen bauen und vor allem die bereits existierenden zügig sanieren“, sagt Kramer, „Es wird mir bange, wenn ich in Richtung 2026 schaue und der Rechtsanspruch auf Ganztagsbetreuung in Bonn umgesetzt werden muss.“ Auch bei Volt und in der SPD sieht man Handlungsbedarf, um ansteigenden Schülerzahlen in den kommenden Jahren zu begegnen.

Zwar bekommt die Stadt vom Kreis für die überzählig einpendelnden Schülerinnen und Schüler keinen finanziellen Ausgleich. Allerdings erstattet das Land den Kommunen einen Teil der Kosten. Diese Schulpauschale aus Düsseldorf gibt es abhängig von der Schülerzahl, egal wo die Kinder und Jugendlichen herkommen.

Aus Sicht der Stadtverwaltung reicht das Geld aber nicht: „Grundsätzlich kritisieren die Kommunen und die kommunalen Spitzenverbände seit Jahren, dass die Schulfinanzierung nicht ausreichend ist und fordern daher dringend Reformen“, sagt Lea Hoffmann. In den letzten Jahrzehnten seien Schulträgern mit Ganztagsbeschulung, Schulsozialarbeit, Inklusion oder Digitalisierung eine Vielzahl neuer Aufgaben erwachsen. Diese würden von der bisherigen Finanzierung aber nicht abgedeckt.

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