Warnstreik im öffentlichen Dienst in Bonn So erleben Bonnerinnen und Bonner den Streiktag

Bonn · Für Menschen, die auf den Nahverkehr angewiesen sind, ist ein Warnstreiktag unerfreulich. Besonders, wenn sie mit Kindern unterwegs sind und der Bus nicht kommt.

Bonn: So erleben Bonnerinnen und Bonner den Streiktag​
Foto: Benjamin Westhoff

Ein Streiktag ist für die meisten nicht vergnügungssteuerpflichtig, auch nicht für Niklas Plützer. Am Montagmontag steht er – wie so viele – am Busbahnhof und versucht, sich den Weg durch diesen Tag zu bahnen. Rüber nach Röttgen muss der Familienvater in einen Kindergarten des Deutschen Roten Kreuzes. Nicht weil er den kleinen Sohn zu bringen hätte, sondern weil er dort als Erzieher arbeitet. Was wiederum bedeutet: Wenn er zu spät kommt, steht die Betreuung auf etwas wackligeren Füßen.

Nur jeder dritte Bus fährt

Doch der Bus fährt nicht so wie an anderen Tagen, weil neben städtischen Mitarbeitern auch die Bus- und Bahnfahrer der Stadtwerke Bonn die Arbeit für diesen Tag niedergelegt haben. Nur die Subunternehmer sind unterwegs, was unterm Strich bedeutet, dass die SWB nur ein Drittel der sonstigen Fahrleistung anbieten.

„Das ist schon blöd. Wir haben kein Auto“, sagt er, der mit Frau und Kind in der Innenstadt wohnt. Immerhin sei er nicht doppelt betroffen. Plützers Frau ist noch in Mutterschutz, der Sohn noch nicht in einer Kita. Andere seien da gebeutelter. Diejenigen zum Beispiel, die nicht nur mit dem Nahverkehr zur Arbeit pendeln, sondern zugleich ihre Kinder in städtischen Kindertagesstätten untergebracht haben. Nach Angaben der Stadt haben an diesem Warnstreiktag 22 von insgesamt 70 kommunal geführten Kitas geschlossen. Weitere 20 haben auf Notgruppen umgestellt, arbeiten also nur eingeschränkt. Auch der offene Ganztag der Carl-Schurz-Schule sei bestreikt worden.

Im Vergleich zu den zurückliegenden Warnstreiktagen ist das schon eine andere Qualität der Einschränkungen. Der Vorsitzende der Komba-Gewerkschaft, Christian Dröttboom, spricht vom „zweiten Gang“, den die Gewerkschaften einlegten, um den Druck auf die Arbeitgeber im Streit um Tariferhöhungen zu erhöhen.

Für Plützer sind die Forderungen nach mehr Gehalt im öffentlichen Dienst in Zeiten von Inflation und Kostensteigerungen schon verständlich. Zumal er als Erzieher wohl im Nachgang davon profitieren würde. „Ich frage mich aber manchmal, ob das nicht anders geht.“ Er meint die immer gleiche Abfolge des ritualisierten Streiks mit gegenseitigen Vorhaltungen. „In manchen Ländern wird das anders geregelt.“

Lange Anfahrt

Am Bussteig für die Fahrten hoch auf den Venusberg warten seit einer halben Stunde Naa Doumbouya und Mathew Rabaham mit ihren kleinen Kindern in der Kälte. Auch sie besitzen kein Auto. Die beiden sind Kollegen und arbeiten zusammen in der Küche des Bonner Universitätsklinikums (UKB). Ihre Kinder werden während der Arbeit im Kindergarten des UKB betreut. Aber dort müssen sie erst mal hinkommen. Doumbouya kommt aus Wachtberg. Sie muss schon ohne Warnstreik drei Stunden für den Hin- und Rückweg einplanen. „Mir macht das Warten nichts aus, aber für das Kind ist es anstrengend“, sagt sie, zugleich ruckelnd am Kinderwagen. Rabaham versucht derweil, mit dem Smartphone zu ermitteln, wann der nächste Bus wohl ankommen wird. Zu Hause in Duisdorf hat er schon 40 Minuten auf die erste Verbindung warten müssen. Irgendwann, sagt wer, muss es doch vorwärtsgehen.

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