Übergabe im Niemandsland So lief der Medikamenten-Transport aus dem UKB in die Ukraine ab

Bonn/Ukraine · Der medizinische Hilfstransport aus Bonn hat seine Waren abgeliefert. Aus 18 Fahrzeugen bestand der Konvoi, dessen Aktion unter anderem vom GA-Weihnachtslicht und von der Uniklinik unterstützt wurde. Der nächste Einsatz ist schon in Planung.

 Der Bonner Koordinator (l.) Vitali Krusch und seinen Vater Sergii Kasian, Landrat in der Stadt Sokal, Gebiet Lviv, der bei Übergabe und der Verteilung der medizinischen Hilfsgüter.

Der Bonner Koordinator (l.) Vitali Krusch und seinen Vater Sergii Kasian, Landrat in der Stadt Sokal, Gebiet Lviv, der bei Übergabe und der Verteilung der medizinischen Hilfsgüter.

Foto: privat

Die letzten drei Tage waren für Vitaliy Krusch und seine Helfer sehr anstrengend. Immer wieder bremsten Staus den Konvoi aus insgesamt 18 Fahrzeugen aus. Teilweise ging es nur im Schneckentempo von Deutschland aus Richtung polnische Grenze. Seit Montag sind die Helfer jedoch wieder gesund und unversehrt zurück im Rheinland. „Wir sind müde und geschafft, aber wir sind unendlich glücklich, dass wir unser Ziel sicher erreicht haben“, sagt der gebürtige Ukrainer Krusch, der seit mittlerweile 16 Jahren in Bonn lebt.

Zum zweiten Mal hatte der Mitarbeiter eines großen Energiekonzerns seit Ausbruch des Krieges einen Hilfstransport an die ukrainische Grenze begleitet, um den Menschen in den bombardierten Städten Medikamente, medizinisches Gerät sowie Decken und Kleidung zu bringen. Diesmal führte Krusch eine Kolonne mit insgesamt 18 Fahrzeugen, darunter auch drei Rettungswagen sowie ein Notarztfahrzeug aus Bonn, an. An Bord hatten sie rund 50 verschiedene Präparate für die Erstversorgung von Verletzten und Verwundeten.

Aktion Weihnachtslicht des GA unterstützte die Spendenlieferung

Möglich wurde diese humanitäre Hilfe durch eine gemeinsame Aktion: Neben der Bonner Uniklinik und der Aktion Weihnachtslicht des General-Anzeigers unterstützten die UN-Flüchtlingshilfe mit 25.000 Euro sowie die Vereine ,,Aktion Würde und Gerechtigkeit‘‘ und ,,Stützpfeiler‘‘ das Projekt.

„Die polnischen Behörden haben mittlerweile die Grenzkontrollen zu Ukraine verschärft. Aber dennoch ist man uns immer freundlich und sehr hilfsbereit begegnet“, erzählt Krusch müde, aber zufrieden nach einer anstrengenden Nachttour. Dazu zählt, dass die Fahrer nicht wie bis vor wenigen Tagen mit einem deutschen Personalausweis passieren durften. Sie müssen sich jetzt vielmehr mit einem Reisepass ausweisen.

Nicht alle hatten den richtigen Ausweis dabei

Doch nicht alle hatten das entsprechende Dokument dabei. Das bedeutete, dass die Arbeit auf wenige Schultern verteilt wurde. „Wir haben die Wagen auf einem Grünstreifen zwischen Polen und der Ukraine abgestellt und die komplette Ladung auf andere Fahrzeuge verladen“, erzählt der junge Vater. Im „Niemandsland“ wurde die Fracht schließlich umgeräumt. Diejenigen, die den erforderlichen Ausweis dabeihatten, fuhren mehrmals hin- und her, damit die Ukrainer die Ladung jenseits ihrer Grenze in ihre Fahrzeuge verstauten. „Trotzdem lief alles wie am Schnürchen“, blickt Krusch auf die anstrengenden Tage zurück.

Möglich war das auch, weil sein Vater Sergii Kasian, Landrat der Stadt Sokal in der Region Lwiw, vorab alle notwendigen Papiere und Unterlagen besorgt hatte. „Er erwartete uns schon am Übergang. Dank seiner Unterstützung verlief die ganze Aktion reibungslos“, erzählt der Wahl-Bonner weiter.

Jenseits der Grenze wurden alle Einsatzfahrzeuge, die dauerhaft in der Ukraine bleiben, nach einem detaillierten Zeit- und Sicherheitskonzept vom dortigen medizinischen Personal übernommen. Die insgesamt 20 Helfer machten sich anschließend mit den anderen Transportfahrzeugen wieder zurück nach Nordrhein-Westfalen.

Der nächste Transport ist in Planung

Trotz solcher Erfolge macht sich Vitaliy Krusch täglich große Sorgen um seine Familie. Sein Vater wird die Ukraine auf gar keinen Fall verlassen. Ebenfalls einige seiner Cousinen und ihre Kinder. Lediglich seine Großmutter konnte er bei einer seiner ersten Hilfsfahrten mitnehmen. „Sie lebt jetzt in einem Pflegeheim in Bad Godesberg. Ich bin froh, dass wenigstens sie in Sicherheit ist“, erzählt er.

Auch wenn sich die Helfer nach ihrer Ankunft erst einmal von den Strapazen der vergangenen Tage erholen, plant Krusch bereits den nächsten Hilfstransport von Bonn aus in Richtung Lwiw. Wolfgang Holzgreve, Chef der Bonner Universitätsklinik, hat bereits Kontakt zu einem Pharmakonzern aufgenommen, um weitere Medikamentenlieferungen für die Menschen in den Kriegsgebieten zu organisieren. Krusch wird dann jedoch nicht in der Fahrerkabine eines Transporters sitzen. „Aber ich werde selbstverständlich die komplette Organisation übernehmen und steuern“, verspricht er. Da er in den nächsten Tagen zum zweiten Mal Vater wird, bleibt er in Bonn, um hier bei seiner Frau und der älteren Tochter zu sein.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort