50 Millionen Euro So soll Bonn bis 2035 klimaneutral werden

Bonn · Oberbürgermeisterin Katja Dörner hat am Donnerstag den Plan vorgestellt, wie Bonn bis 2035 klimaneutral werden soll. Die Verwaltung will in den kommenden zwei Jahren 50 Millionen Euro in das Großprojekt investieren und 55 neue Stellen besetzen.

Erneuerbare Energien sind ein wichtiger Baustein des Klimaplans. Der Sportpark Nord hat schon eine Photovoltaikanlage, viele weitere städtische Gebäude sollen folgen.

Erneuerbare Energien sind ein wichtiger Baustein des Klimaplans. Der Sportpark Nord hat schon eine Photovoltaikanlage, viele weitere städtische Gebäude sollen folgen.

Foto: Benjamin Westhoff

50 Millionen Euro will die Stadt Bonn alleine in den Jahren 2023 und 2024 in die Umsetzung des Klimaplans investieren, den Oberbürgermeisterin Katja Dörner mit ihrem Team am Donnerstag im Alten Rathaus vorgestellt hat. Für die zahlreichen Maßnahmen, die Bonn bis 2035 klimaneutral machen sollen, haben Gutachter einen Bedarf von insgesamt 168 Vollzeitstellen in der Verwaltung errechnet, davon sollen 55 Stellen neu geschaffen werden. Die Verwaltung hat für Personalkosten für das Jahr 2023 insgesamt eine Million Euro und für das Jahr 2024 insgesamt fünf Millionen Euro in den Entwurf des Doppelhaushalts eingestellt. Die Verortung der Stellen innerhalb der Verwaltung wird im Rahmen der Stellenplanfortschreibung 2023/2024 finalisiert.

„Große Investitionen und Anstrengungen der gesamten Stadtgesellschaft sind nötig, die sich aber insgesamt auszahlen werden. Denn der Klimaplan ist auch ein umfassendes Stadtentwicklungsprogramm, das die Stadt sozial gerechter ausgestalten kann“, sagte Dörner. Die Berechnungen hätten ergeben, dass die Folgekosten des Klimawandels letztlich höher seien als die Investitionen in den Klimaschutz. In der Kosten-Nutzen-Analyse werden die Kosten für die Reduzierung des CO2- Ausstoßes mit gesparten Umweltkosten und wirtschaftlichen Effekten, etwa durch zusätzliche Aufträge für das Handwerk, verrechnet.

 Im Alten Rathaus stellen (von links) Monika Hallstein, Katja Dörner und und Bernd Tenberg den Klimaplan vor.

Im Alten Rathaus stellen (von links) Monika Hallstein, Katja Dörner und und Bernd Tenberg den Klimaplan vor.

Foto: Benjamin Westhoff

Der Klimaplan umfasst rund 450 Seiten, Teil eins umfasst die Klimaneutralitäts-Strategie für die Gesamtstadt, Teil zwei das Arbeitsprogramm Klimaschutz für die Stadtverwaltung für die kommenden drei Jahre. Gutachter und Wissenschaftler aus einem Konsortium aus Gertec Ingenieurgesellschaft, Jung Stadtkonzepte und Wuppertal Institut haben die Strategie erarbeitet, beteiligt waren alle städtischen Dezernate und Ämter sowie Bonnorange, die Stadtwerke und die Wohnungsbaugesellschaft Vebowag. „Klimaneutralität bis 2035 ist möglich, sofern die Aufgabe als gesamtstädtisches und gesamtgesellschaftliches Projekt angepackt wird und die Rahmenbedingungen stimmen. Diese werden zum Teil auch auf Landes-, Bundes- und EU-Ebene gesetzt“, sagte Dörner.

Gute Voraussetzungen in Bonn

Projektleiter Bernd Tenberg vom beauftragten Klimaplan-Konsortium berichtete: „Unsere Analysen haben ergeben, dass Bonn im Vergleich zu anderen Städten vergleichbarer Größe eine gute Ausgangssituation mitbringt, um Klimaneutralität unter Einhaltung des 1,5-Grad-Ziels zu erreichen.“ Einen Vorteil hat Bonn: Es gibt vergleichsweise wenig klimaschädliche Industrie.

Seit dem Beschluss zur Klimaneutralität im Jahr 2019 hat die Stadt bereits Klimaschutzmaßnahmen auf den Weg gebracht wie das Förderprogramm Photovoltaik, die Solarpflicht für bestimmte Neubauten und Maßnahmen zur Mobilitätswende. Um das Ziel bis 2035 zu erreichen, ist laut Oberbürgermeisterin Dörner eine systematische Herangehensweise nötig, „die uns zeigt, welche Aktivitäten das größte Einsparpotenzial bieten und somit oberste Priorität haben“.

Projektleiter Tenberg verdeutlichte: „Klimaneutralität funktioniert nur mir einer grundlegenden Änderung der Energieversorgung.“ Ziel ist, 2035 Erdgas, Öl und Kohle vollständig durch erneuerbare Energie zu ersetzen und auch den Verbrauch von Diesel und Benzin in der Stadt um 99,5 Prozent zu reduzieren. Gleichzeitig soll der Energiebedarf um 42 Prozent gesenkt werden.

Die Stadt will bei der Solarenergie als Vorbild vorangehen. „Wir haben rund 1000 Dächer in der Hand, die wir in den nächsten Jahren mit Photovoltaik ausstatten können“, erklärte Monika Hallstein, Leiterin des Programmbüros Klimaneutrales Bonn 2035. Bisher gibt es auf den städtischen 1000 Gebäuden nur 65 PV-Anlagen. Unter Federführung des Städtischen Gebäudemanagements (SGB) sollen bis 2028 rund 700 neue Photovoltaikanlagen installiert werden. Dieser Sechs-Jahres-Plan ist mit vier Vollzeitstellen und Investitionen von 46,2 Millionen Euro hinterlegt.

Zwei Millionen Euro Förderung pro Jahr für PV-Anlagen

Auch die privaten Eigentümer und die Unternehmen sind gefragt: Wenn alle geeigneten Bonner Dachflächen im Bestand in Bonn mit Photovoltaik ausgestattet werden, kann laut Solardachkataster etwa die Hälfte des heutigen Jahresstromverbrauchs gedeckt werden. Für das Förderprogramm Solares Bonn werden im Doppelhaushalt 2023/24 jeweils zwei Millionen Euro pro Jahr bereitgestellt.

Weitere Maßnahmen des Klimaplans sind der Ausbau von Radwegen als Alternative zum Autoverkehr, die Sanierung von Wohngebäuden und Beratungsangebote für Wirtschaft und Bürger. Die Stadt möchte Quartiersbüros einrichten, die Interessierte mit Informationen zur Gebäudemodernisierung versorgen. Anwohner sollen den Wandel vor der eigenen Haustür mitgestalten. Und wie lassen sich die Erfolge messen? „Es wird ein Monitoring und Controlling für den gesamten Prozess geben. Wir überwachen zentrale Indikatoren für den CO2-Ausstoß und holen Feedback zum Stand der einzelnen Projekte ein“, erklärte Tenberg.

OB Dörner will mit dem Klimaplan auch in Verhandlungen mit Bund und Land eintreten. Dabei geht es um finanzielle Unterstützung für die Kommunen, aber auch um erforderliche Regelungen. So ist beispielsweise Förderung für den Austausch privater Heizungsanlagen bislang an einzelne Heizungsarten gebunden und damit nicht flexibel genug, wenn es beispielweise um die Anbindung eines ganzen Straßenzugs an Fernwärme geht.

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