Preise steigen ungebremst Spritpreise belasten Pendler, Taxifahrer und ÖPNV in Bonn
Bonn · Der Spritpreis steigt ungebremst, doch die Preisspannen an Bonner Tankstellen bleiben groß. Die lokale Wirtschaft schlägt Alarm. Die Bürger stöhnen unter der Belastung. Sorgen vor dem Ende der Homeoffice-Pflicht.
Er steigt und steigt und steigt, der Spritpreis. Auch an den Zapfsäulen in Bonn bekommen die Autofahrer die Auswirkungen von Ukraine-Krieg, Inflation und Steuern derzeit brutal zu spüren. Die lokale Wirtschaft schlägt ebenfalls Alarm.
„Immerhin, die Firma zahlt“, sagt etwa Julia Nüsse aus Bad Godesberg, die täglich auf unterschiedlich langen Strecken mit dem Firmenwagen im Außendienst unterwegs ist und deshalb auf das Auto „definitiv nicht verzichten“ kann. Wer sein Benzin selbst bezahlen muss, spielt indes fast schon zwangsläufig mit dem Gedanken an einen Umstieg auf öffentliche Verkehrsmittel: „Natürlich macht man sich Gedanken zum Beispiel mit dem Bus zu fahren, aber das bedeutet dann deutlich mehr Aufwand“, gibt ein Fahrer aus Siegburg zu bedenken. „Ich habe das Glück, ich bin Rentner“, meint hingegen Jochen Vock aus Bonn.
Fast schon unverschämt findet hingegen eine Kundin aus Mehlem die aktuellen Preise: „Ich habe zu einer Zeit den Führerschein gemacht, da habe ich noch unter einer Mark pro Liter gezahlt“, erinnert sich die 61-Jährige. Sie benötige das Auto, zumal sie ihren Vater zu versorgen habe. Der lebe auf einem Dorf. „Dorthin wäre ich ohne Auto wahrscheinlich drei Stunden unterwegs, und die Einkäufe könnte ich gar nicht tragen“, sagt sie. „Noch denke ich nicht darüber nach, auf Bus und Bahn umzusteigen. Wenn der Liter irgendwann drei Euro kostet mache ich mir Gedanken über eine Alternative“, meint derweil Federico Schneeberger an der Zapfsäule nebenan.
Taxi-Zentrale: Extreme Belastung
Für gar nicht so unwahrscheinlich hält das Ahmet Gencer, der an einer Tankstelle an der B 9 in Bad Godesberg arbeitet. „Es kann bis zu drei Euro nach oben gehen“, ist er überzeugt. Wenig Hoffnung macht da auch die aktuelle Einschätzung des Wirtschaftsverbandes Fuels und Energie: Die Lage an den Märkten dürfte „in nächster Zeit angespannt bleiben“, so ein Sprecher auf Nachfrage.
Und das betrifft neben Privatkunden sämtliche Wirtschaftszweige, für die Mobilität wichtig ist. „Das ist ganz einfach: weniger Geld in der Tasche“, bringt es Georg Avgoustis, Erster Vorstand der Taxi-Zentrale Bonn, auf den Punkt. Dabei sei der Spritpreis nicht der einzige Grund für die schwierige Wirtschaftslage seiner Branche: „Die Autos werden teurer, wir haben Inflation, dann steigt der Mindestlohn, das ist zusammengenommen natürlich eine extreme Belastung“, so der 54-Jährige. Eine Mitschuld sieht Avgoustis beim Staat, der prozentual an höheren Benzinpreisen mitverdient, aber an Steuersenkungen keinen Gedanken verschwende. Er sei beinahe verwundert darüber, dass es bisher unter den Bonner Taxiunternehmen keine Pleite gegeben hat. „Wahrscheinlich durch die Corona-Hilfen“, glaubt der Vorstand. Er ist sicher, dass sich die Krise mittelfristig auch in den Fahrpreisen der Taxis niederschlagen werde.
Sorge wegen Ende der Homeoffice-Pflicht
Derweil blickt mancher auch mit Bangen auf das Ende der Homeoffice-Pflicht in der übernächsten Woche. Wo Chefs dann wieder auf Präsenz der Mitarbeiter bestehen, wird auch mehr gependelt werden müssen. Cordula van Almsieck aus Niederkassel etwa ist wegen des Homeoffice derzeit weniger von den hohen Preisen betroffen. Allerdings wohnt ihre Familie 200 Kilometer entfernt, wie sie erzählt: „Da merke ich es an den Tankstellen dann natürlich. Das ist schon gruselig und ich denke, es wird noch schlimmer.“
Auch die Industrie- und Handelskammer ist alarmiert: Zwar habe bei einer Umfrage im Januar die Mehrheit der Unternehmen für 2022 mit steigenden Energiepreisen gerechnet, so IHK-Geschäftsführer Stephan Wimmers. „Doch auf die aktuellen Entwicklungen war kaum ein Unternehmen vorbereitet. Unsere Unternehmen leiden nun darunter und nicht alle werden in der Lage sein, ihren Verbrauch weiter zu reduzieren oder die gestiegenen Kosten an die Kunden weiterzugeben“, so Wimmers.
SWB-Busse verbrauchen fünf Millionen Liter Diesel pro Jahr
Und selbst ein kommunales Unternehmen wie die Stadtwerke Bonn (SWB) beschäftigt die aktuelle Krise intensiv – trotz Sonderkonditionen, eigener Tankstelle und einer Einkaufskooperation mit anderen Verkehrsbetrieben: „Die 45-prozentige Steigerung des Dieselpreises innerhalb der vergangenen zwei Wochen trifft uns erheblich“, sagt Vizesprecherin Veronika John und verweist auf den jährlichen Dieselverbrauch der SWB-Busse von mehr als fünf Millionen Litern. Inwieweit die steigenden Rohstoffpreise durch erneute Fahrpreiserhöhungen aufgefangen werden müssen, lasse sich derzeit nicht sagen: Über die Ticketpreise entscheide die Zweckverbandsversammlung im Verkehrsverbund Rhein-Sieg.
Zurück zu den Zapfsäulen. „Normalerweise ist es vielleicht jeder zweite, aber im Moment sind es 90 Prozent der Kunden die hier reinkommen und die Preise anmerken oder sich beschweren“, fasst Christian Schlug, Mitarbeiter an einer Tankstelle in Bad Godesberg, die aktuelle Stimmungslage unter seinen Kunden zusammen. Da sei Geduld gefragt. Und das, obwohl sein Betrieb im innerstädtischen Vergleich zu den Günstigsten zählt: Wohl deshalb sei der Andrang trotz der allgemein hohen Preise sogar noch stärker als gewöhnlich, berichtet Schlug. Offenbar kalkulieren viele Kunden ein, dass das Ende der Fahnenstange noch immer nicht erreicht ist. Somit lautet ihr Motto: Schnell tanken, bevor es noch teurer wird.
Freie Tankstellen in Bonn am günstigsten
Von Lieferausfällen wurde von Bonner Tankstellen bislang nichts bekannt. Dennoch grassiere zunehmend diese Sorge, heißt es beim ADAC. Ähnlich wie das Bundeskartellamt hat auch der Automobilverband für seine Klientel nur einen Rat übrig: Nur zu bestimmten Tageszeiten an der Zapfsäule zu halten und die Preise zu vergleichen. Auswertungen zeigten, dass Benzin und Diesel morgens gegen 7 Uhr am meisten kosten, in den Abendstunden zwischen 18 und 19 Uhr sowie zwischen 20 und 22 Uhr am günstigsten sind. Einsparungen von bis zu sieben Cent pro Liter Kraftstoff seien realistisch, so der ADAC.
Dem Internetportal clever-tanken.de zufolge mussten Autofahrer in Bonn am Mittwochmittag an zwei Tankstellen in Bad Godesberg besonders tief in die Tasche greifen: 2,28 Euro betrug an der B 9 in Rüngsdorf der – bisherige – Bonner Rekordwert für einen Liter Super (E 10). Der Spitzenwert in einem Zehn-Kilometer-Radius um das Bonner Zentrum war mit 2,50 Euro pro Liter Super (E 10) an der Autobahnraststätte Peppenhoven-West zu finden. Vergleichsweise günstig war es da mit 2,13 Euro am unteren Ende der Preisskala. Zu den Preistipps unter Bonner Autofahrern gehören generell die bft-Tankstellen an Endenicher Straße, Kölnstraße und Godesberger Allee, die Jet-Tankstellen an Bornheimer und Rochusstraße, ED am Lievelingsweg oder die Filiale von HEM an der Hausdorffstraße.
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