Benefizabend für Deutsche Aids-Stiftung Starke Stimmen von umwerfender Qualität bei Bonner Operngala

Bonn · Das Beethoven Orchester, die Solokünstler und Moderator Johannes B. Kerner machen den Abend zu einem unvergesslichen Erlebnis. Der GA-Konzertkritiker ist begeistert.

 Rocio Perez (Sopran) und Giorgos Kanaris (Bariton) hatten sichtlich Freude an ihrem Duett im Opernhaus.

Rocio Perez (Sopran) und Giorgos Kanaris (Bariton) hatten sichtlich Freude an ihrem Duett im Opernhaus.

Foto: Benjamin Westhoff

„Starke Stimmen“ hatte Johannes B. Kerner, Moderator der diesjährigen Operngala zugunsten der Aids-Stiftung, dem Publikum versprochen. Natürlich galt das auch im übertragenen Sinne, als Stimme aller, die sich für Aufklärung, Prävention, therapeutische Begleitung oder medizinische Forschung im Zusammenhang mit HIV einsetzen. Aber es traf auch exakt die Qualität des musikalischen Programm des Abends, das wahrlich „starke Stimmen“ aufbot.

So konnte man etwa die fantastische italienische Sopranistin Lidia Friedman in der Arie „Casta diva“ aus Donizettis „Norma“ erleben. All die Koloraturen verwandelte sie trotz ihres virtuosen Schmucks in pure romantische Ausdrucksmusik, die von der Zerrissenheit der Titelfigur kündet. Friedman berührte durch Hingabe und Innigkeit (wie zuvor in der Arie der Vitellia aus Mozarts „La Clemenza di Tito“).

Umwerfend gut auch ihre Stimmfach-Kollegin Rocio Perez. Als Puppe Olympia aus Offenbachs „Hoffmanns Erzählungen“ absolvierte sie den Balanceakt zwischen Mensch und Maschine mit Bravour. Mittendrin verliert die Puppe bekanntlich an Spannung und hört auf zu funktionieren. Jacques Lacombe, der an diesem Abend in der Oper das bestens aufgelegte Beethovenorchester dirigierte, griff zu einem riesigen Schlüssel und „zog“ das Kunstwesen wieder auf.

Grandios auch die Arie der Isabella „Pensa alla Patria“ aus Rossinis „L’Italiana in Algeri“. Die Mezzosopranistin Nadezhda Karyazina betörte mit einer hochdramatischen Interpretation, in der sie ebenfalls das Kunststück vollbrachte, Koloraturen in Seelensprache zu verwandeln, sie nicht einfach abzusingen, sondern vielfach abzuschattieren: ein Ereignis, das sie später mit Bizets berühmter „Habanera“ wiederholte. Ein Genuss auch „Largo al factotum“ von Rossini mit Johannes Kammler, der so kurzfristig für Nahuel di Pierro einsprang, dass man ihm aus dem Theaterfundus einen Anzug bereitstellen musste.

Johannes B. Kerner, der Friesdorfer Junge, der zur „TV-Ikone“ wurde, blieb sich in den Anmoderationen treu: Kaum jemand baut so leicht Brücken zwischen Publikum und allen Mitwirkenden und stiftet ein Gemeinschaftsgefühl. Das wirkt so anstrengungslos und ist doch große Moderatorenkunst. Dasselbe ließe sich von Till Brönners Trompetenspiel sagen. Mit dem Weltstar, der seine Schullaufbahn am hiesigen Aloisiuskolleg durchlief, tauchte das Programm in den Jazz ab. Brönner, in diesem Jahr Schirmherr der Operngala, gab eine Version von „Thermo“ zum Besten, ein Hardbop-Klassiker des Trompetengiganten Freddie Hubbard. Mit dabei: seine dreiköpfige Band sowie das Beethovenorchester. Das Ergebnis war nicht so hitzig, so energiegeladen wie das Original, aber gleichwohl faszinierend.

Szenen der Bonner Operngala
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Das waren die schönsten Bilder der 10. Bonner Operngala

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Zurück zur Opernbühne. Ein Genuss für Ballettfans war zweifellos der Pas de deux aus Leo Delibes‘ „Sylvia“. Kiyoka Hashimoto und Masayu Kimoto, Solotänzer der Wiener Staatsoper, boten klassische Tanzkunst auf höchstem Niveau. Ebenso die Sopranistin Simone Kermes. In „In braccio a mille furie“ aus Leonardo Vincis „Semiramide“ bot sie messerscharfe Koloraturen, bewegte sich aber dazu groovend wie eine Popsängerin. Mit Till Brönner als Gast an der Trompete sang sie später dann noch mit Blick auf den Krieg in der Ukraine „Lili Marleen“, jenes Lied, das zum tönenden Sehnsuchtsort von Soldaten auf allen Seiten der Fronten des Zweiten Weltkriegs wurde.

Herausragend zudem: Raffaele Abete mit Puccinis „E lucevan le stelle“, Iona Hotea mit „Pourquoi me réveiller“ aus Massenets „Werther“, und „O Fortuna“ von Carl Orff mit dem Opernchor. Schlusspunkt: Die „Ode to freedom“ aus dem jüngsten Album von „ABBA“, gesungen von allen Beteiligten: musikalisch eher seicht, dafür umso symbolkräftiger.

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