Bundesweite Führung im Cartellverband Bonner Studentenverbindung Novesia setzt auf Vielfalt – ohne Frauen

Bonn · Seit August wird der Cartellverband von der Bonner Verbindung Novesia geführt. Für seine einjährige Amtszeit hat der Vorortspräsident klare Ziele – und distanziert sich von alten Vorurteilen.

 Zusammenarbeit zweier Generationen: Vorortspräsident David Dekorsi und der Vorsitzende des Ortskomitees Wilhelm Hemmerde.

Zusammenarbeit zweier Generationen: Vorortspräsident David Dekorsi und der Vorsitzende des Ortskomitees Wilhelm Hemmerde.

Foto: Marco Rauch

Nun ist also Bonn dran. Jedes Jahr wechselt die Führung des Cartellverbandes der katholischen deutschen Studentenverbindung (CV), am ersten August wurde das Zepter von Aachen nach Bonn übergeben. Angeführt wird der neue Bundesvorstand vom 19-jährigen Vorortspräsidenten David Dekorsi, der in Bonn Politikwissenschaft studiert und der Verbindung Novesia angehört. Insgesamt gibt es in Bonn sieben Verbindungen des Cartellverbandes, die zusammen knapp 2000 Mitglieder zählen. Deutschlandweit umfasst der Dachverband sogar 28.000 Mitglieder und 126 Verbindungen.

Diese werden nun von Bonn aus geleitet. Dekorsis erste Priorität sei es dabei, „die Verbindung aus der Corona-Starre zu holen“, sagte er. „Unsere zweite große Priorität ist es, Projekte zu starten, wie beispielsweise gegen Kinderarmut“, so der 19-Jährige weiter.

Es wäre nicht die erste gemeinnützige Tat der Verbindung, schließlich habe man sich schon für die Opfer der Flutkatastrophe engagiert. „Wir waren am Samstag nach der Flut im Ahrtal mit der Schippe in der Hand, um den Menschen zu helfen“, berichtet Wilhelm Hemmerde, Vorsitzender des Ortskomitees. Zudem wurde sechs aus der Region evakuierte Personen in den eigenen Räumlichkeiten Obdach gewährt. „Außerdem haben wir eine Spendenaktion ins Leben gerufen, die mittlerweile etwa 60.000 Euro eingebracht hat, die den Flutopfern zugutekommen“, hält Dekorski fest.

Studenten dürfen nicht zu kurz kommen

Mit Blick auf das folgende Jahr stehe aber auch eine weitere Priorität auf dem Programm: „Wir sind immer noch Studenten, auch das darf nicht zu kurz kommen“, betont er. Dennoch war es ihm wichtig, mit alten Klischees aufzuräumen. „Es gibt Vorurteile uns als Studentenverbindung gegenüber, wir sind aber kein Saufverein. Das will ich in aller Deutlichkeit sagen. Natürlich wird hier auch mal Bier getrunken, das ist bei den anderen Studierenden aber nicht anders“, betont er.

Und auch sein Motto für das Jahr als Bundesvorstand soll wohl mit alten Vorurteilen brechen, es lautet: „Zukunft durch Vielfalt.“ Diese müsse man jedoch nicht mehr erreichen, man habe sie schon. „Das fängt schon beim Alter an, wir haben vom 17-jährigen Abiturienten bis zum 92-jährigen alten Herren alles dabei.“ Außerdem seien die Mitglieder auch unterschiedlicher Herkunft, nicht alle hätten deutsche Wurzeln. „Bei uns ist jeder ganz herzlich willkommen. Wir haben auch Mitgliedsverbindungen in Kamerun, in Tokio oder in Straßburg“, unterstreicht Dekorsi. Pressesprecher Hans Jürgen Fuchs ergänzt: „Die Klammer ist der Glaube, und nicht Nationalitäten.“

Schwule sind willkommen in der Verbindung, Frauen nicht

Zudem seien auch schwule Mitglieder willkommen, was nicht selbstverständlich ist für katholische Institutionen. Diesen Teil der Kirche betrachtet auch Dekorsi als „durchaus kritisch“, betont aber auch, dass seine Verbindung „politisch neutral“ ist. Dennoch grenze man sich laut Pressesprecher Fuchs auch von jeder Art des politischen Radikalismus ab und bekenne sich zu Rechtsstaat und Weltoffenheit.

Dennoch müssen Mitglieder weiterhin männlich sein. Pressesprecher Fuchs erklärt: „Bisher können wir auch nicht feststellen, dass es ein dringendes Bedürfnis unserer Bekannten oder Freundinnen und Frauen wäre, Mitglied in unseren Verbindungen zu werden. Sie haben durchaus Verständnis, wenn die Jungs mal unter sich sein wollen.“

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