Gewalt, Diebstahl und Drogenhandel Studierende klagen über Sicherheitsprobleme im Tannenbuscher Wohnheim

Tannenbusch · Die Bewohnerinnen und Bewohner des Studentenwohnheims Tabu II fühlen sich offenbar unsicher. Das Studierendenwerk hat deshalb wieder einen Wachdienst beauftragt.

 Eine eingeschlagene Scheibe an Tannenbuscher Wohnheim.

Eine eingeschlagene Scheibe an Tannenbuscher Wohnheim.

Foto: privat

Vandalismus, Gewalt, Diebstahl und Drogenhandel: Im Studierendenwohnheim „Tabu II“ auf der Hirschbergerstraße gehören massive Sicherheitsprobleme durch Eindringlinge seit Jahren zum Alltag. Die Wohnanlage befindet sich im Stadtteil Neu-Tannenbusch, in dem sich diverse Problemlagen aufgrund der Sozialstruktur überlagern.

Der mehrstöckige Gebäudekomplex des Studierendenwerks, ein Plattenbau aus den 1970ern, umfasst mehr als 500 Wohneinheiten, darunter auch Einzelzimmer, deren Bewohner sich Wohnküchen und Bäder teilen. Die Anlage beherbergt fast ausschließlich internationale Studenten. Viele von ihnen klagen über Fremde, die sich teilweise gewaltsam Zugang zum Wohnheim verschaffen und dort randalieren.

Inzwischen haben sich zahlreiche Bewohner an den Allgemeinen Studierendenausschuss (Asta) gewandt; das zuständige Referat der internationalen Studierenden setzt sich nunmehr seit zwei Jahren für mehr Sicherheit in Tabu II ein – bislang erfolglos.

„Wir hatten kürzlich wieder einen Austauschtermin mit einigen Bewohnern. Sie sagten uns, dass Fremde oft am Hauseingang darauf warten, dass ihnen die Tür geöffnet wird. Manchmal heißt es sogar: ‚Entweder wir kommen mit euch hier rein, oder ihr kommt nicht durch‘“, berichtet ShayanShahpasand, der sich seit vier Jahren im Asta engagiert. Er selbst wohnte von 2016 bis 2018 in dem Tannenbuscher Wohnheim und hat ähnliche Erfahrungen mit Fremden in der Anlage gemacht.

Foto- und Videoaufnahmen, die dem GA vorliegen, zeigen das Ausmaß der Krawalle in Tabu II: Eingeschlagene Fenster und Türen, ein mit Feuerwerkskörpern gesprengter Zigarettenautomat und Jugendliche, die im Eingangsraum des Wohnheims Joints drehen.

„Das ist ganz normal, und wir sind daran gewöhnt“, berichtet AbishekKumar, der seit drei Jahren in Tabu II wohnt. Die gemeinsamen Wohnküchen der Bewohner seien schon mehrfach geplündert worden. „Morgens finden wir zerbrochene Bierflaschen, Erbrochenes, Urin und jede Menge Verpackungen auf den Treppen. Sie rauchen auch im Aufzug, was uns sehr unangenehm ist“, klagt der 29-Jährige.

Dem Studierendenwerk sind die Zustände in Tabu II wohlbekannt. Als Träger der Anlage bringe man aufgetretene Vandalismus-Schäden daher stets zur Anzeige, meint Sprecher Robert Anders. „Gleichwohl würden wir eine höhere Präsenz der Polizei in den Nachtstunden – vor allem am Wochenende – begrüßen.“

Gewalt und Belästigung durch Fremde

Mahan Zolghadr, der sieben Jahre lang in Tabu II gewohnt hat, berichtet von Provokationen und Beleidigungen durch die jungen Männer, die das Wohnheim besonders in den Wintermonaten belagern. „Zweimal haben sie uns sogar mit Schneebällen beworfen, als wir aus der Universität zurückkamen." Ein anderes Mal sei eine Gruppe Fremder auf einer Party in der Wohnheimbar erschienen. Einer der Männer habe dann versucht, eine Nachbarin Zolghadrs gewaltsam zu küssen. „Als ich sie verteidigte und den Kerl wegschob, wartete er draußen mit seinen Freunden auf mich und wollte eine Schlägerei anfangen.“

Auch dem Asta liegen zahlreiche solcher Beschwerden vor. Lisa Stefanutti, die ebenfalls im Referat der internationalen Studierenden aktiv ist, berichtet von einer jungen Studentin, die sich aus Verzweiflung beim Asta gemeldet habe. „Sie schrieb uns: ‚Hier läuft ständig einer vor meinem Hauseingang rum, guckt mir durchs Fenster und schickt mir Nachrichten unter der Tür durch.‘ Es gibt Bewohnerinnen, die damit überhaupt nicht klarkommen, die nicht wissen, wie sie sich wehren sollen.“

In solchen akuten Fällen werde das Studierendenwerk aktiv und erstelle Strafanzeige – in anderen eher selten, meint Stefanutti. „Mittlerweile leiten wir die E-Mails immer an die Geschäftsführung des Studierendenwerks weiter und bieten den Studierenden unsere Unterstützung und Begleitung bei Polizeigängen an.“ Sie selbst habe Studenten bereits mehrmals zur Wache begleitet.

Studierendenwerk spricht von Einzelfällen

Die Häufigkeit der Beschwerden durch Bewohner hält das Studierendenwerk für überschaubar: „Rückmeldungen bezüglich eines negativen Sicherheitsgefühls haben uns bislang eher einzeln erreicht – im Verhältnis zu den über 500 Bewohnern in dieser Wohnanlage“, erklärt der Sprecher. Akute Sorgen und Nöte der Bewohner in Tabu II könnten zudem bei monatlichen Vor-Ort-Sprechstunden behandelt werden. „Das Thema Sicherheit wurde darin bislang seitens der Bewohner nicht angesprochen“, meint Anders.

Dem gegenüber steht der Einsatz eines Wachdienstes im Winter 2019, den das Studierendenwerk eigens veranlasst hat. In dieser Zeit habe sich die Situation gebessert, meinen mehrere der befragten Bewohner. Nach einer Weile wurde der Wachdienst allerdings wieder abgesetzt – um Kosten zu sparen, vermutet der Asta. Die jüngste Häufung der Beschwerden habe das Studierendenwerk aber dazu veranlasst, seit dem 17. November wieder einen Wachdienst einzusetzen, so Anders.

Für die Tannenbuscher Wohnanlage hat das Studierendenwerk allerdings auch noch andere Pläne: Um das belastete Image des Studentenwohnheims zu verbessern, ist derzeit geplant, die gesamte Wohnanlage samt Parkpalette abzureißen und durch einen Neubau zu ersetzen. "Ein dazu erforderlicher Zielbeschluss wurde vom Rat der Stadt Bonn im Frühjahr dieses Jahres bereits gefasst", so Anders. Künftig soll auf dem Gelände ein Wohnheim mit Kindertagesstätte entstehen, das Platz für rund 1.000 Studenten und Auszubildende bietet.

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