Tunesiche Arbeitskräfte an St. Elisabeth So wirkt ein Bonner Krankenhaus dem Fachkräftemangel entgegen

Bonn · Das Gemeinschaftskrankenhaus St. Elisabeth setzt auf tunesische Pflegekräfte, um dem Personalmangel entgegenzuwirken. Sie haben alle schon Pflege studiert, brauchen in Deutschland aber eine Weiterbildung.

 Die tunesischen Pflegekräfte, Pflegedirektorin Sabine Simski (4. von rechts) und Pflegedienstleitung Simone Mört (3. von rechts). Alle neuen Pflegerinnen und Pfleger haben bereits ihr Fachgebiet studiert.

Die tunesischen Pflegekräfte, Pflegedirektorin Sabine Simski (4. von rechts) und Pflegedienstleitung Simone Mört (3. von rechts). Alle neuen Pflegerinnen und Pfleger haben bereits ihr Fachgebiet studiert.

Foto: Anton Dieckhoff

Dicke Schneeflocken landen am Donnerstagnachmittag im Hof des Gemeinschaftskrankenhauses St. Elisabeth. Dort feiern sechs tunesische Männer und Frauen ihre Examinierung zur Pflegefachkraft. Sie sind alle vor ungefähr einem Jahr nach Bonn gekommen, um am St. Elisabeth zu arbeiten. „Unser Ziel war es Pflegekräfte, Menschen, Freunde und Kollegen zu gewinnen und zu integrieren. Das ist uns gelungen“, sagt Personalleiter Cornelius Degenhardt. Insgesamt 20 Pflegekräfte möchte das Krankenhaus anlernen. Davon sind zwölf bereits in Bonn, acht weitere sollen bis zum Ende des Jahres folgen.

„Wir wollen wenige tunesische Pflegekräfte zur selben Zeit ausbilden. Uns ist es wichtig, dass wir für diese Menschen da sind, dass wir ihnen helfen hier gut anzukommen und dabei ihre Integration erleichtern. Außerdem wollen wir weder die Stationskräfte noch die tunesischen Pflegekräfte überfordern“, sagt Pflegedienstleitung Simone Mört. Sie hat die Ausbildung der Pflegekräfte organisiert und sie während dieser Zeit begleitet. Immer wieder traf sie sich mit den Neuen, um die Sorgen, Ängste und Bedürfnisse der Pflegekräfte zu verstehen. „Gerade am Anfang haben die Menschen natürlich Heimweh oder fühlen sich einsam“, sagt Mört.

Ausbildung ist eigentlich nur eine Weiterbildung

Die Ausbildung ist eigentlich nur eine Weiterbildung. Die Pflegekräfte, die aus Tunesien nach Bonn kommen, haben in ihrem Heimatland bereits Pflege studiert. „Das ist aber eine andere Ausbildung. Die ist nicht besser oder schlechter, nur eben anders“, sagt Pflegedirektorin Sabine Simski. Deshalb müssen die Pflegekräfte vorher eine Kenntnisprüfung ablegen. Diese Prüfung besteht aus einem fachlichen und einem sprachlichen Teil. Bis zum Abschluss dauert es ungefähr ein Jahr. Nach der Kenntnisprüfung arbeiten die Tunesier dann Vollzeit mit. Vorher gelten sie noch nicht als vollwertige Pflegekräfte und dürfen nicht ohne Aufsicht arbeiten.

Simine Mrabet ist eine der tunesischen Pflegekräfte. Die 25-Jährige war die Erste, die nach Bonn kam. Eigentlich sollte sie in Tübingen arbeiten, doch kurz vorher änderte sich ihr Ziel und sie kam nach Bonn. Ihr gefällt es gut in der Bundesstadt. „Von meiner ersten Wohnung habe ich direkt auf die Poppelsdorfer Allee geschaut. Das war so schön“, erzählt sie. Wenn sie nervös oder gestresst sei, dann spaziere sie oft am Rhein entlang. Nach ihrem Pflegestudium absolvierte sie einen Sprachkurs am Goethe-Institut in Tunesien. Danach sprach sie deutsch auf dem B1 Level. „Ohne die Sprache kann man in einem anderen Land nichts machen. Das ist das Wichtigste“, sagt sie.

Schwieriger Start in Deutschland

Der Start in Deutschland war für sie schwierig. Sie hatte Probleme mit der Sprache und die Arbeit in Deutschland sei mehr auf Pflege ausgelegt und weniger medizinisch als in Tunesien, erzählt sie. Auf ihrer Station seien die Pflegekräfte aber alle hilfsbereit gewesen und hätten sie unterstützt, sagt sie. „Ich habe immer nachgefragt, wenn ich etwas nicht wusste. Nur so konnte ich lernen“, sagt Mrabet. Inzwischen sei Mrabet ein wertvoller Bestandteil der Geriatrie, sagt Mört. Mrabet hofft, noch einige Jahre in Bonn bleiben zu können.

Der Kontakt zu den tunesischen Pflegekräften kam über eine Agentur zustande. Die Agentur hilft bei der Vermittlung und bei der Reise in das Land der Arbeitenden. Sie organisiert auch die ersten Treffen mit den Mitarbeitenden des Krankenhauses. Ab den ersten Treffen ist dann das Krankenhaus zuständig. Die Pflegekräfte wohnen erst einmal in einer Unterkunft des St. Elisabeth. Dort leben sie in Wohngemeinschaften. Die Kosten für Flug, Visum und andere Behördenkosten übernimmt das Krankenhaus. „Die Bürokratie ist ein großer Aufwand. Wir müssen mit vier Behörden gleichzeitig kommunizieren, um alle Formalitäten zu erledigen“, sagt Degenhardt.

Die Verantwortlichen am Krankenhaus wünschen sich einfachere bürokratische Abläufe. Der bürokratische Aufwand lohne sich allerdings. „Unser Pflegeteam ist inzwischen multikulturell aufgestellt. Das hilft allen, vom Patienten bis zur Pflegedienstleitung“, sagt Simski.

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