Unfall auf Baustelle in Bonn Verschüttete Arbeiter können nach aufwendiger Rettung befreit werden

Bonn · Ein Beton-Vordach ist bei Abrissarbeiten in Bonn auf dem ehemaligen Zurich-Areal herabgestürzt und hat zwei Menschen unter sich begraben. Nach einer aufwendigen Bergung konnte am Nachmittag auch der zweite Verletzte befreit und in ein Krankenhaus gebracht werden.

Bonn: Unfall auf Baustelle - mehrere Arbeiter verschüttet
Foto: Matthias Kehrein

Vier Stunden lag der 52-jährige Bauarbeiter unter Trümmern. Die Beine eingeklemmt, bei vollem Bewusstsein. Mit dem Wissen, dass nur die Bonner Feuerwehr ihn aus der Baugrube herausholen kann. Vier Stunden werkelten die Retter auf engstem Raum, mit der stetigen Gefahr, dass weitere Betonteile abrutschen können. Am Ende brachten die Wehrleute den 52-Jährigen schwerverletzt in Sicherheit, genauso wie seinen Kollegen (29), dessen Arme eingeklemmt waren.

Durch gezielte Schnitte mit einer Säge sollte am Dienstagmorgen ein tonnenschweres Vordach aus Beton auf dem ehemaligen Zurich-Gelände am Bonner Talweg kontrolliert abgetragen werden. Doch die Konstruktion war offenbar fragiler als gedacht. Als drei Arbeiter ein Stockwerk tiefer, im früheren Kellergeschoss des Hotels, standen, krachten die Platten plötzlich fünf Meter in die Tiefe. Während ein Mann noch ausweichen konnte und es mit einem Schock selbstständig aus der Grube schaffte, wurden zwei Arbeiter unter dem Beton eingeklemmt.

„Das war eine Materialschlacht, wie wir sie selten hatten“, sagte Heiko Basten von der Bonner Feuerwehr. Einen ganzen Container voller Sondergeräte, die im Alltagsgeschäft kaum gebraucht werden, holte man an die Einsatzstelle. Dazu einen Schwerlastkran des Bonner Unternehmens Baumann, rund 70 Einsatzkräfte von Berufs- und Freiwilliger Feuerwehr, Hilfsorganisationen, dem Rettungsdienst sowie einen Baufachberater des Technischen Hilfswerks und Unfallchirurgen.

Nicht schnell, sondern besonders schonend für die Verletzten sollte alles ablaufen. „Die Männer waren zwar eingeklemmt, aber die ganze Zeit ansprechbar und wach, ihr Zustand stabil“, so Basten. Man wollte verhindern, durch zügige Rettungsmaßnahmen die medizinische Situation zu verschlechtern. Nach etwa zwei Stunden war der jüngere der beiden, ein 29-Jähriger, befreit. Nachdem er mit der Drehleiter und einer Trage ins Erdgeschoss gehoben worden war, konnte er mit den Helfern selbstständig in den Rettungswagen gehen.

„Wir liefen Gefahr, dass andere Teile nachrutschten“

Doch der 52-Jährige lag noch immer in der Grube, seine Beine steckten so unglücklich fest, dass der beim jüngeren eingeschlagene Weg nicht funktionierte. „Wir liefen Gefahr, dass andere Teile nachrutschten und ihn schlimmer verletzten.“ Doch wie bekommt man tonnenschwere Betonteile in einer kleinen Grube, in der nur wenige Mann Platz haben, sanft und sicher angehoben? Mit Hebekissen, die zum Beispiel dafür gedacht sind, Straßenbahnen zu lüpfen, und hydraulischen Hebezylindern drückten sie Millimeter für Millimeter die Trümmer nach oben. Gleichzeitig zog von der Abbruchkante aus ein Bagger an ihnen. Mit Erfolg: Die Beine waren frei, der 52-Jährige konnte in Sicherheit gebracht werden. Beide Männer kamen schließlich in die Bonner Uniklinik.

Noch während der Rettungsarbeiten hatten das Amt für Arbeitsschutz und die Polizei die Ermittlungen begonnen. Demnach sei noch unklar, wie es genau zu dem Unfall kommen konnte. Die Polizei ermittelt nach eigenen Angaben wegen des Verdachts der Baugefährdung.

Auf dem früheren Gelände des Deutschen Herolds nahe der Poppelsdorfer Allee, das zuletzt die Zurich-Versicherung nutzte, entstehen in den nächsten Jahren rund 150 neue Wohnungen. Das knapp 25 000 Quadratmeter große Areal ist in drei Baufelder unterteilt, wie eine Sprecherin des Unternehmens Swiss Life Asset Managers, das im Auftrag der Bauherrin Corpus Sireo arbeitet, erklärt. „Abbruch und Neubau passieren bei diesem großen Bauvorhaben gleichzeitig.“ Der Bereich am Gebäude des Deutschen Herold, an dem der Unfall geschah, werde nun vorerst ruhen. „Wie lange, das wissen wir nicht. Es ist aus unserer Sicht auch erst einmal sekundär. Wir hoffen, dass die Arbeiter sich erholen.“

Im Februar vergangenen Jahres hatte es zuletzt einen schweren Unfall auf einer Bonner Baustelle gegeben. Am Hochhaus am Neuen Bundeskanzlerplatz war eine rund 500 Kilogramm schwere Stützwand aus Holz in der Baugrube umgestürzt und begrub einen 27-Jährigen. Als die Feuerwehr eintraf, hatten Kollegen den Leichtverletzten bereits unter dem Bauteil hervorgezogen.

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