Erinnerung an Wissenschaftlerin Bonner Uniklinik benennt Straße nach der Jüdin Eva Glees

Venusberg · Als Jüdin floh die herausragende Bonner Wissenschaftlerin Eva Glees nach England. Jetzt hat die Bonner Uniklinik eine Straße nach ihr benannt. Zur Einweihung kamen auch ihre Söhne in die Bundesstadt.

 Zur Einweihung der Doktor-Eva-Glees-Straße an der Bonner Uniklinik kamen auch ihre beiden Söhne Anthony und John (links) nach Bonn.

Zur Einweihung der Doktor-Eva-Glees-Straße an der Bonner Uniklinik kamen auch ihre beiden Söhne Anthony und John (links) nach Bonn.

Foto: UKB

Sie ist eine der besonders starken Frauen in der Geschichte der Bonner Unikliniken und ihr Schicksal ist ein weiteres Beispiel für die menschenverachtende Verfolgung und Drangsalierung vieler jüdischer Mitbürger während der Nazidiktatur: Eva Glees. Als profilierte Wissenschaftlerin gehörte sie zwar zu den Doktoranden des Jahres 1934. Als Jüdin wurde ihr der Titel damals jedoch nicht verliehen und erst 1955 formell zugesprochen. Überlebt hatte sie die Schreckensherrschaft der Nazis nur, weil sie mit ihrem Mann Paul Glees zunächst nach Rotterdam und dann nach England floh. In Oxford praktizierte Eva Glees als Zahnärztin, wo sie 2006 starb.

Jetzt nimmt Eva Glees endlich den Platz in Wissenschaft und Forschung der Bonner Uni ein, der ihr vor Jahrzehnten verwehrt wurde: Seit ein paar Tagen gibt er auf dem Campusgelände auf dem Venusberg die „Doktor-Eva-Glees-Straße“. Damit setzen UKB und die Stadt Bonn ein starkes Zeichen gegen die nationalsozialistische Verfolgung und Diskriminierung. Zur feierlichen Einweihung waren auch die beiden Söhne von Eva Glees, Anthony und John, aus England gekommen.

„Der höchsttalentierten und engagierten Bonner Medizinerin Dr. Eva Glees sind als junge Frau aufgrund des Nationalsozialismus große Ungerechtigkeiten zuteil geworden, die nicht wiedergutzumachen sind“, sagte Wolfgang Holzgreve, Ärztlicher Direktor und Vorstandsvorsitzender des UKB, bei dem Treffen mit der Familie.

Viele erlitten dasselbe Schicksal

Das Schicksal von Eva Glees steht für so viele Wissenschaftler und Intellektuelle, die aufgrund ihrer jüdischen Herkunft verfolgt und ermordet wurden. Um an sie zu erinnern, wurden mit dem Aufbau der Universitätskliniken auf dem Venusberg und mit der Entwicklung dieses neuen Stadtteils nach dem Zweiten Weltkrieg zahlreiche Straßen nach berühmten Medizinern aus dem 19. und 20. Jahrhundert benannt wie Johannes Müller (1801-1958) oder Ferdinand Sauerbruch (1875-1951), erklärt Wolfgang Holzgreve. Auch außerhalb des Klinikgeländes tragen einige Straßen Namen berühmter Mediziner. Dazu zählen Wurzerstraße, August-Bier-Straße, Saemischstraße, Schedestraße, Nassestraße, Erich-Hoffmann-Straße sowie Behringstraße (nach Emil von Behring in Bad Godesberg). Allerdings standen auch einige Persönlichkeiten Pate, die nicht in Bonn gewirkt haben. So wie Sigmund Freud, Robert Koch oder Sertürner (nach Friedrich Sertürner).

Die Initiative zur Einweihung einer „Doktor-Eva-Glees-Straße“ ging vor allem von Holzgreve, der ehemaligen Bezirksbürgermeisterin Gabriele Klingmüller sowie Daniel Dejcman aus. 2018 gab der Rat grünes Licht, den südlichen Teil der Karl-Landsteiner-Straße nach der verfolgten Bonner Doktorandin zu benennen.

Stadt führt Straßenbenennungsliste

In der Regel macht die Stadtverwaltung den jeweiligen Bezirksvertretungen Vorschläge für die Benennung neuer Straßen (in Neubaugebieten) oder bei Umbenennungen. Zwar gibt es eine „Straßenbenennungsliste“, an der sich die Politik orientiert, aber „es besteht auch die Möglichkeit von der Liste abzuweichen, um Straßen nach örtlichen oder historischen Gegebenheiten oder zusammenhängende Baugebiete nach einem einheitlichen Kriterium wie zum Beispiel nach Bäumen, Flüssen oder auch Städten zu benennen.

So wurden viele Straßen im Ortsteil Tannenbusch nach ehemaligen ostdeutschen Städten und im Ortsteil Auerberg nach europäischen Hauptstädten benannt“, erklärt Andrea Schulte vom Presseamt der Stadt Bonn. „Entscheidet sich die Bezirksvertretung für einen Namen aus der Benennungsliste, hat sie darüber Beschlusskompetenz; bei anderen Namen hat sie nur ein Empfehlungsrecht an den Hauptausschuss, der dann entscheidet. Im Rahmen des Benennungsverfahrens werden Ortsausschüsse und Bürgervereine sowie Heimat- und Geschichtsvereine beteiligt, die ebenfalls Vorschläge machen können“, ergänzt sie.

Hindenburgallee soll neuen Namen bekommen

Da die Wahl von Straßennamen immer auch vom jeweiligen Zeitgeist getragen wird, gibt es jedoch auch Adressen, die für viele unerträglich sind. Das betrifft beispielsweise die Hindenburgallee. Eine Umbenennung wurde nach einem entsprechenden Bürgerantrag durch die Bezirksvertretung Bad Godesberg beschlossen. Aktuell können die Anlieger zwischen drei Namensvorschlägen abstimmen. Auch auf die Adresse „Adolfstraße“ würden viele Anwohner gerne verzichtet. Doch anstatt einer Umbenennung werden die vorhandenen Straßenschilder nun dahingehend ergänzt, dass auf Zusatzschilder darauf hingewiesen wird, dass die Adolfstraße nach Prinz Adolf zu Schaumburg-Lippe (20.07.1859 Bückeburg – 09.07.1916 Bonn) benannt wurde, der lange Jahre mit seiner Frau Viktoria, Prinzessin von Preußen, im Palais Schaumburg in Bonn wohnte. Von einer Adressenänderung wären in der Adolfstraße 900 Anlieger betroffen.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort