Stadt Bonn benötigt Unterkünfte für Ukrainer 45 Geflüchtete kommen in Turnhallen unter

Bonn · Die Lage in Bonn spitzt sich zu: Immer mehr Menschen aus der Ukraine stranden nach ihrer Flucht vor dem Krieg in Bonn. Die Stadt hat jetzt zwei Schulturnhallen als Notunterkünfte in Betrieb genommen. 45 Geflüchtete sind dort bereits untergekommen.

 Auch in der Turnhalle des Robert-Wetzlar-Berufskollegs betreuen Helfer Geflüchtete aus der Ukraine.

Auch in der Turnhalle des Robert-Wetzlar-Berufskollegs betreuen Helfer Geflüchtete aus der Ukraine.

Foto: Meike Böschemeyer

Der Strom an Geflüchteten aus der Ukraine reißt nicht ab, die kurzfristige Unterbringung der Menschen in Bonn und anderswo wird offensichtlich zu einem immer größeren Problem:  Am Samstag holte die Stadt Bonn 45 Menschen, die in Köln angekommen waren, mit einem Bus der Stadtwerke aus der Domstadt ab und brachte sie in den beiden Turnhallen des Robert-Wetzlar- und Ludwig-Erhard-Berufskollegs an der Kölnstraße unter. Dort hatten in der Flüchtlingskrise 2015/16 schon einmal viele Geflüchtete vor allem aus Syrien und dem Irak vorübergehend ein Dach über dem Kopf gefunden.

Bereits am Freitagabend hatte sich abgezeichnet, dass sich die Lage zuspitzt. In der Folge richtete die Stadt beide Turnhallen als Notunterkünfte vorsorglich her. Parallel informierte sie die Leitungen beider Berufskollegs über diese Maßnahme, da die Hallen damit für die Dauer der Unterbringung dem Schulsport nicht mehr zur Verfügung stehen werden. „Das ist natürlich nicht schön, aber das Mindeste, was wir in dieser Situation tun können“, sagte Birgit Hufnagel dem GA am Wochenende.

Leiterin des Berufskollegs unterstützt Entscheidung

Die Leiterin des Robert-Wetzlar-Berufskollegs, das derzeit rund 2000 Schülerinnen und Schüler zählt (3200 sind am Ludwig-Erhard-Berufskolleg), kann sich noch gut an die Zeit erinnern, als die Turnhallen schon einmal als Notunterkünfte dienten – und das über einen längeren Zeitraum. „Wir machen es wie damals und werden den Sportunterricht bei schönem Wetter draußen abhalten. Wir kennen das schon“ Und wenn es regnet, dann werde halt Theorie unterrichtet. „Wir können froh sein, dass es auf den Frühling zugeht, da werden wir uns sicher oft an der frischen Luft aufhalten können“, zeigte sich die Direktorin pragmatisch. Das Kollegium habe sie bereits über die Schließung der Hallen für den Unterricht informiert.

Alle fühlten mit dem Leid der Geflüchteten, sagte sie, es hätten bereits Friedensgebete an ihrer Schule stattgefunden, zudem überlege sie, wieder Friedensläufe durchzuführen, um Spenden für die Menschen zu sammeln. Am Robert-Wetzlar-Berufskolleg ist die Schulgemeinschaft im Umgang mit jungen Geflüchteten schon lange eingespielt: So bietet das Kolleg unter anderem internationale Förderklassen, die die Förderung der deutschen Sprachkenntnisse sowie die berufliche und gesellschaftliche Integration der Jugendlichen zum Ziel haben.

Geflüchtete sollen zunächst zur Ruhe kommen

Doch zunächst sollen die ukrainischen Geflüchteten – darunter laut Stadt Bonn vor allem Frauen mit Kindern – nach ihrer zumeist anstrengenden und beschwerlichen Flucht aus den umkämpften Gebieten in der Ukraine zuerst einmal zur Ruhe kommen. Betreut werden die Geflüchteten in den beiden Turnhallen vom städtischen Amt für Soziales und Wohnen sowie vom Deutschen Roten Kreuz (DRK). Das DRK kümmert sich auch, wie berichtet, um die mit der Stadt Bonn kürzlich eingerichtete erste Anlaufstelle in einem Container am Windeckbunker an der Budapester Straße nahe dem Stadthaus. Die Mitarbeiter nehmen dort die Geflüchteten auf, versorgen sie mit Essen und Trinken und lassen sie in eine Unterkunft bringen.

 „Insgesamt ist die Situation weiterhin sehr dynamisch und unübersichtlich. Die Stadtverwaltung kann nicht abschätzen, wie viele Geflüchtete in den kommenden Tagen in Bonn ankommen werden“, so Stadtsprecherin Barbara Löcherbach in einer Pressemitteilung von Sonntag. Die Bereitschaft bei den Bürgerinnen und Bürgern sei nach wie ungebrochen, ukrainische Flüchtlinge aufzunehmen. So seien bei der Stadt mittlerweile rund 960 private Wohnraumangebote eingegangen (Stand Sonntag, 13. März). Löcherbach: „Bisher konnten 53 Vermittlungen erfolgreich durchgeführt werden.“

 Sozialdezernentin Carolin Krause hatte in der jüngsten Sitzung des Hauptausschusses in ihrem Bericht zur aktuellen Lage in Bonn eindringlich geschildert, wie knapp inzwischen die Unterbringungsmöglichkeiten für Geflüchtete in der Bundesstadt sind und dass man deswegen bereits auf Hotels ausweichen müsse. Sie freue sich über die vielen Wohnungsangebote von Privatleuten, benötigt würden allerdings längerfristige Unterbringungsmöglichkeiten. Krause geht davon aus, dass die Stadt Bonn zunächst etwa 1500 ukrainische Geflüchtete aufnehmen muss. Darüber hinaus sind viele Ukrainer – vor allem Familien mit Kinder – bereits bei Verwandten und Bekannten untergekommen.    

Während der Flüchtlingskrise 2015/16 hatte die Stadt Bonn ebenfalls aus der Not heraus Turnhallen in Beuel, an der Musikschule Schieffelingsweg in Duisdorf, am Ludwig-Erhard-Berufskolleg, am Heinrich-Hertz-Europa-Kolleg und Robert-Wetzlar-Kolleg im Bonner Norden geflüchteten Menschen vorübergehend als Notunterkünfte genutzt, weil auch damals nichts mehr ging. Die Menschen konnten später nach und nach in feste Gebäude umziehen. Die Turnhallen wurden anschließend im Laufe des Jahres 2016 renoviert und wieder für den Schul- und Vereinssport zur Verfügung gestellt. Damals hielten sich zeitweise mehr als 4000 Geflüchtete in Bonn auf, rund 400 kamen allein in den Turnhallen der drei Bonner Berufskollegs im Bonner Norden unter.

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