Abfallwirtschaft Bonn verbrennt Müll immer preiswerter

Bonn · Es gab Zeiten, da war den Bonnern Stadtvätern nicht wohl mit ihrer Müllverbrennungsanlage (MVA), und das nicht wegen ökologischer Gründe: Denn der unübersehbare Superofen am Ortsrand von Endenich drohte finanziell zu einem Fass ohne Boden zu werden.

 Heißer Müllofen: In der Anlage in Endenich brennt der Hausmüll aus Bonn und dem Kreis.

Heißer Müllofen: In der Anlage in Endenich brennt der Hausmüll aus Bonn und dem Kreis.

Foto: Volker Lannert

Doch der Wind hat sich gedreht: Heute wird der Abfall dort so preiswert wie noch nie entsorgt, und mehr als je zuvor umweltfreundlich Dampf produziert, aus dem Fernwärme und Strom werden. Dafür sind mehrere Effekte verantwortlich, die auch dafür sorgen, dass die Stadt Bonn zum Jahreswechsel die Müllgebühren weiter senkt.

"Anfang der neunziger Jahre produzierte die MVA jeden Monat 90.000 Euro Verlust", erinnert sich Richard Münz von Bonnorange. "Oder war es jede Woche?" Jedenfalls war es viel Geld und ist lange her. "Die roten Zahlen gehören seit 1997 der Vergangenheit an", unterstreicht MVA-Geschäftsführer Manfred Becker.

Seitdem geht es ständig aufwärts mit den betriebswirtschaftlichen Zahlen der MVA. "Unser jetziges Betriebsergebnis liegt unterm Strich bei acht Millionen Euro plus", sagt er. Damit und mit dem Erlös aus dem Verkauf von Energie finanziert der Stadtwerke-Mutterkonzern nicht nur den Nahverkehr in Bonn, sondern lässt auch die Bürger teilhaben. Denn die SWB-Entsorgung reduziert zum fünften Mal in Folge die Verbrennungspreise, welche die Stadt Bonn bezahlen muss.

Der Auslastungsvertrag wurde 1996 mit den TK-Umweltdiensten abgeschlossen, sollte der MVA in jenen schwierigen Zeiten genügend Müll sichern und läuft Ende 2015 aus. Inzwischen braucht es solche Verträge mit Privaten nicht mehr, die Anlage läuft auch so voll und man ist wieder Herr im eigenen Haus, ein übriges tut die Rheinische Entsorgungskooperation (siehe unten).

Die Gründe sind vielfältig

Die Instandhaltung wurde optimiert und wird in größerem Umfang als früher in Eigenregie durchgeführt. Die Revisionszeiten oder wie Becker sagt, die "Boxenstopps", sind kürzer als früher. Die Quote der Verfügbarkeit der MVA liegt bei rund 97 Prozent.

  • Der Stromverbrauch wurde reduziert, die Anlagenbeleuchtung etwa auf LED umgestellt.
  • Die Dampfleistung wurde durch neue Technik erhöht, das spült mehr Geld in die Kasse. Mit dem Dampf produziert das Heizkraftwerk an der Karlstraße Fernwärme und Strom.
  • Die Arbeitsplätze wurden von 120 auf 86 reduziert, allerdings durch natürliche Fluktuation.
  • Die rund 150 Millionen Euro teure MVA, die 1992 eröffnet wurde, ist zu großen Teilen abgeschrieben. Unterm Strich: "Das Ding läuft, und das ist ein Verdienst der Mannschaft", sagt Becker, wenn er auf die Ausfallquote von 3,3 Prozent zu sprechen kommt. Viel wichtiger: "Wir haben bewiesen, dass auch die öffentliche Hand es kann, und zwar so kostengünstig, dass daran nicht private Aktionäre verdienen, sondern unterm Strich die Gebührenzahler." Hinzu kommen weitere positive Effekte bei der Stadt Bonn:
  • Die Sanierung der ehemaligen Mülldeponie in Hersel mit Kosten von 49 Millionen Euro, für die all die Jahre eine Gebührenrücklage gebildet werden musste, ist beendet. Seit 2015 fällt nur noch die Deponie-Nachsorge mit 400.000 Euro pro Jahr an.
  • Die Rücklagen: Schon 2013 und 2014 gab es Überdeckungen, diese will man zugunsten langfristiger Stabilität aber nicht für 2016 einsetzen. Statt die Gebühren noch weiter zu senken, will die Stadt diese Beträge erst 2017 und 2018 verwenden, um die Gebühren auf dem bisherigen Niveau zu halten. Deshalb hat es umso mehr Gewicht, wenn Umweltdezernent Rüdiger Wagner, gleichzeitig Chef des Verwaltungsrats von Bonnorange, sagt: "Bei der Senkung der Abfallgebühren handelt es sich um keinen einmaligen Effekt. Vielmehr erwarten wir, auch zukünftig auf die nun kostensenkenden Elemente zurückgreifen zu können."

Für Wagner ist auch die Änderung der Struktur der Bonner Abfallwirtschaft entscheidend. "Es zeigen sich deutlich die Früchte der Übertragung der Abfallbeseitigung auf Bonnorange einerseits, aber andererseits auch die der weiter wachsenden regionalen Zusammenarbeit in der Abfallwirtschaft im Zweckverband REK."

Die REK-Gründung hat Auswirkungen auf die Privatwirtschaft. "Das bedeutet, dass Abfallmengen, die im Wettbewerb waren, jetzt nicht mehr ausgeschrieben werden", sagt Nicolas Müller, Bonner Niederlassungsleiter von Remondis. Der Bonner Biomüll und der Rhein-Sieg-Hausmüll würden dem Markt entzogen und verstaatlicht. Ob das auf Dauer für den Gebührenzahler günstiger ist, versieht Müller mit einem Fragezeichen. Klar sei, dass es jetzt keinen Vergleich der Marktpreise mehr gebe, weil keine Ausschreibungsverfahren mehr stattfänden. [kein Linktext vorhanden]

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