Streit um Lärm Völkerball sagt Konzert im Kulturgarten ab

Bonn · Die Rammstein-Coverband Völkerball hat überraschend ein Konzert im Kulturgarten abgesagt. Grund: Ihr Musikstil sei mit dem strengen Lärmstärkenauflagen der Stadt Bonn nicht zu vereinbaren. Aktuell liegen 32 Be­schwer­den we­gen Lärm­be­läs­ti­gung durch den Kul­tur­gar­ten vor.

 Weil Musik und Show bei den Auflagen der Stadt Bonn zur maximalen Lautstärke nicht umzusetzen sind, hat die Band Völkerball ihr Konzert im Kulturgarten jetzt abgesagt.

Weil Musik und Show bei den Auflagen der Stadt Bonn zur maximalen Lautstärke nicht umzusetzen sind, hat die Band Völkerball ihr Konzert im Kulturgarten jetzt abgesagt.

Foto: Völkerball

Völkerball ist nicht nur eine Ballsportart, sondern auch der Name einer Band. Die Musiker sollten am 18. September im Kulturgarten am Römerbad auftreten. Das Konzert haben sie jetzt abgesagt. Grund: Die aktuellen Lautstärkeauflagen der Stadt Bonn.

Die 2008 in Koblenz gegründete Band covert Lieder der Band Rammstein. Auch die Bühnenshow samt Pyrotechnik erinnert an ihr in Berlin gegründetes Vorbild. Den Musikstil nennt man unter anderem Brachial-Rockmusik, die erst mit einer gewissen Lautstärke zu dem wird, was die Musiker und ihre Fans an diesem Musikstil so lieben. Und da kann es bekanntlich mitunter sehr laut werden.

Für einige der Konzerte im Kulturgarten gelten als sogenannte seltene Ereignisse Ausnahmeregeln: Die Lautstärke - gemessen am nächstgelegenen Nachbargrundstück zum Kulturgarten - darf maximal 60 Dezibel betragen, erklärt Sandro Heinemann von Rhein Event, der Veranstalterin der Kulturgarten-Konzerte. „Wir hatten gehofft, eine Genehmigung von 65 Dezibel zu bekommen, doch das hat die Stadt Bonn jetzt abgelehnt“. Und Völkerball könne unterhalb dieser Dezibelstärke nicht auftreten, das werde dem Musikstil und auch der Bühnenshow nicht mehr gerecht.

Beschwerden über Lärmbelästigung vom Kulturgarten

Er habe zwar Widerspruch eingelegt, aber wenig Hoffnung auf Erfolg. Hintergrund: Es gibt inzwischen viele Beschwerden über Lärmbelästigung vom Kulturgarten, weiß Heinemann. „Ich finde es natürlich total schade, dass Völkerball abgesagt hat, aber ich kann die Band auch gut verstehen“, erklärt er. Wer bereits Tickets gekauft hat, kann diese zurückgeben, wie die Band auch selbst auf Facebook mitteilt.

Dort heißt es wörtlich: „Leider müssen wir euch hiermit mitteilen, dass die geplante Völkerball Show am 18.09.21 im Rahmen des Bonner Kulturgartens ersatzlos abgesagt werden muss. Aufgrund von Lautstärkeauflagen der Stadt Bonn ist es uns leider nicht möglich eine reguläre Völkerball-Show durchzuführen. Daher wird die Show am 18.09.21 nicht stattfinden können. Bereits gekaufte Tickets können an den jeweiligen Vorverkaufsstellen zurückgegeben werden. Eure Völkerbäller“

Das städtische Presseamt teilte auf GA-Nachfrage mit, es seien dem Ordnungsamt 32 Anwohner bekannt, die sich bisher über Lärmbelästigung durch die Konzertmusik aus dem Kulturgarten beschwert hätten. Man sei deswegen im ständigen Austausch mit dem Veranstalter und den Beschwerdeführern. Die Veranstalter hatten zunächst die Auflage bekommen, die ersten vier Konzerte schallmesstechnisch begleiten zu lassen. Diese seien nun ausgewertet worden. „Demnach sind keine oder nur geringe Überschreitungen bei den Konzertveranstaltungen gemessen worden“, so Markus Schmitz vom Presseamt. Die Prüfung auf das Vorliegen von „tieffrequenten Geräuschen an allen Immissionsorten“ hätten keinen Hinweis darauf ergeben, dass die betriebene Anlage tieffrequente Geräusche emittiere. Obendrein hätten an allen Immissionsorten während der Schallpegelmessungen auch Fremdgeräusche vorgelegen.

Kein Feuerwerk nach Konzert im Kulturgarten

Aufgrund der Beschwerdelage und um sich ein objektives Bild machen zu können, das zudem schriftlich dokumentiert werden müsse, seien die Veranstalter nun verpflichtet worden, alle weiteren Konzertveranstaltungen durch einen Schalltechniker begleiten zu lassen. Die Umsetzung der „Feuerwerksakzente“ seien auf einige wenige Veranstaltungen reduziert worden. „Bis zum 20. August wird es keine Feuerwerke zum Konzertende geben“, so Schmitz.

Sandro Heinemann betont, man arbeite stets eng und gut mit der Stadt Bonn zusammen und tue alles, um die Lärmimmissionen im Griff zu behalten. „Ich habe natürlich auch Verständnis dafür, dass es manchen Anwohnern zu laut ist, aber wir halten uns streng an die Auflagen, investieren viel Geld in die Messungen und haben auch den Soundcheck inzwischen auf die allernötigste Zeit reduziert.“ Viele Beschwerden stammten von der anderen Rheinseite. „Der Rhein ist leider ein guter Schallträger“, weiß Heinemann. Die Beschwerden häuften sich vor allem bei Konzerten mit Musik wie der von Völkerball. „Bei Brings hatten wir, soviel ich weiß, kaum eine Beschwerde.“

Einer der Anwohner der Schäl Sick, der sich auch beim GA über den Konzertlärm beklagt hat, aber seinen Namen nicht in der Zeitung lesen will, nennt unter anderem explizit die Soundchecks, die den Bewohnern das Leben zusätzlich schwer machten. „Wenig Verständnis haben wir dafür, dass schon am Nachmittag ausgedehnte lautstarke Proben beginnen und wir, wie vorgestern, das halbe Konzert schon mal vorab hören müssen. Das lässt sich sicherlich effizienter organisieren“, so der Beueler neulich in einem Schreiben an den GA.

Tournee-Veranstalter Dirk Verseck von der Headline-Concerts bedauert wie Heinemann die Absage der Band. „Die Musikbranche ist ohnehin in Corona-Zeiten eine der gebeuteltsten Branchen. Aber hier geht es um das Image der Band “, erklärt er. Die gedeckelte Lautstärke käme einer Kastration von Völkerball gleich. Und: Bonn gehöre für die Branche zu den Städten, wo Open-Air-Veranstaltungen nur sehr schwierig umzusetzen seien. „Es gibt nur wenige Städte, wo es so schwierig ist wie in Bonn.“

Wird es den Kulturgarten, der von der Rheinaue wegen der Denkmalschutzauflagen ans Römerbad verlegt werden musste, vor diesem Hintergrund im nächsten Jahr noch geben? Sandro Heinemann gibt sich zuversichtlich: „Wir möchten den Kulturgarten fortführen und sind der Stadt sehr dankbar, dass man uns so kurzfristig einen Ersatzstandort anbieten konnte.“ Doch man möchte gerne in die Rheinaue zurückkehren. „Da sind wir in Verhandlungen mit der Stadt und dem Denkmalschutz.“ Mehr Infos zu den Konzerten auf www.bonnlive.com

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