Fall am Landgericht Wahrsagerin soll 37-Jährige aus Bonn abgezockt haben

BONN · Eine 37-Jährige aus Bonn leidet unter einer Psychose und wendet sich an eine Wahrsagerin. Die soll die Situation ausgenutzt und das Opfer um sein Vermögen gebracht haben. Nun ist der Fall vor das Landgericht gegangen.

 Eine Wahrsagerin hält ihr Pendel über diversen Tarot-Karten. (Symbolfoto)

Eine Wahrsagerin hält ihr Pendel über diversen Tarot-Karten. (Symbolfoto)

Foto: Waltraud Grubitzsch

Den Hinweis konnte sich der Richter einfach nicht verkneifen: „Sie wissen doch schon, was auf Sie zukommt, oder?“, hatte er die beklagte 54 Jahre alte Hellseherin gefragt. Weil sie sie um nahezu ihr gesamtes Vermögen geprellt haben soll, hat eine junge Frau aus Bonn eine 54-jährige Wahrsagerin verklagt. Letztere fand die Bemerkung nur begrenzt komisch. Nur begrenzt komisch war die skurrile Geschichte wohl aber auch für das mutmaßliche Opfer: Die Klägerin zog im Frühjahr 2018 spontan bei der Wahrsagerin ein. In ihre eigene Wohnung mochte sie nach einem Aufenthalt in der Bonner Uniklinik wegen einer Psychose nicht zurückkehren.

Die 37-Jährige zog nach dem Austausch weniger Whatsapp-Nachrichten zur Beklagten; einen Apple-Computer, ein Laptop, ein Mobiltelefon sowie jeweils eine Tüte mit Schmuck und Kosmetika brachte die Klägerin in die Wohnung ihrer neuen Gastgeberin. Die Wahrsagerin bewegte ihren Gast zum Absetzen ihrer antipsychotischen Medikamente und zum Kauf von Naturheilmitteln für 350 Euro.

Weitere Bestandteile der neuen Therapie waren der Besuch eines Einkaufszentrums in den benachbarten Niederlanden sowie die „Sicherung“ des Vermögens der 37-Jährigen: 20.000 Euro überwies sie im März 2018 an den Sohn der Hellseherin. Am 22. März reiste die junge Frau dann alleine in die USA; als sie nach fünf Tagen zurückkehrte, machte die Hellseherin allerdings keine Anstalten, der Besitzerin Hab und Gut zurückzugeben. Der Sohn der Beklagten soll Vorkehrungen zur Auflösung der Wohnung der Klägerin eingeleitet haben und ihren Wagen für 6500 Euro verkauft habe.

Richter schenkt Ausführungen keinen Glauben

Das alles stellte aber wohl erst die Schwester der Klägerin fest, als sie deren Habseligkeiten abholen wollte. Die 37-Jährige selbst musste sich nach der Reise über den Atlantik erneut in klinische Behandlung begeben. Die Wahrsagerin ließ sich vor Gericht mit unterschiedlichen Aussagen zu ihren Beweggründen ein. Gemeinsamer Tenor war, dass sie die Sachen im Auftrag der jungen Frau verkauft habe, weil diese nicht mehr nach Deutschland habe zurückkommen wollen. Warum sie ihr dann allerdings ein Rückflugticket besorgt haben will, konnte sie nicht schlüssig darlegen.

Denn, so behauptete die Wahrsagerin, die 20.000 Euro habe sie der Frau zurückgezahlt. Der Richter ließ jedenfalls keinen großen Zweifel daran, dass er ihren Ausführungen keinen Glauben schenke und regte die Zahlung von 15.500 Euro an die Klägerin an. Die 37-Jährige stimmte zu. Der ebenfalls beklagte Sohn der Hellseherin deutete nach dem Hinweis des Richters, dass sich aus dem Zivilverfahren auch strafrechtliche Konsequenzen ergeben könnten, an, diese goldene Brücke beschreiten zu wollen. Die beklagte Seherin hingegen verließ unter wüsten Beschimpfungen des Gerichts den Verhandlungssaal. Wenn sich die Parteien nicht einigen, will der Richter am 19. Dezember entscheiden.

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