GA-Podium Warum die Stadtgeschichte in Bonn noch zu kurz kommt

Bonn · Macht Bonn zu wenig aus seiner Geschichte? Unter anderem diese Frage haben mehrere Experten am Sonntag im Rahmen eines GA-Podiums diskutiert.

 Auf dem Podium: Michael Wenzel, Astrid Mehmel, Martin Wein, Helge Matthiesen, Philipp Hoffmann und Norbert Volpert.

Auf dem Podium: Michael Wenzel, Astrid Mehmel, Martin Wein, Helge Matthiesen, Philipp Hoffmann und Norbert Volpert.

Foto: Sebastian Flick

Römerlager, Kurfürsten, Beethoven, ehemalige Bundeshauptstadt: Bonn ist reich an bedeutender, vielfältiger Stadtgeschichte. Doch wie wird sie heute sichtbar gemacht? Klar, das Beethoven-Haus ist ein Anziehungspunkt für Touristen, am Kurfürstlichen Schloss, dem Uni-Hauptgebäude, kommt jeder vorbei, aber wo eigentlich liegt das Bonner Stadtmuseum? Und wo genau verläuft der Weg der Demokratie? Macht Bonn zu wenig aus seiner Geschichte?, wollte GA-Chefredakteur Helge Matthiesen am Sonntagvormittag von seinen Gesprächspartnern bei einer Podiumsdiskussion wissen, zu der der General-Anzeiger in das Contra-Kreis-Theater eingeladen hatte.

„Für mich ist es traurig, was Bonn aus seiner Historie macht. Eine Stadt mit 2000 Jahren Geschichte sollte da mehr investieren“, sagte Martin Wein. Der Historiker hatte sich für eine wöchentliche Reihe im General-Anzeiger intensiv mit der Bonner Stadtgeschichte auseinandergesetzt und ein eigenes Buch dazu herausgebracht.

Die 2000 Jahre Stadtgeschichte seien heute in Bonn kaum sichtbar. „Es gibt ein breites Angebot, aber es wird zu wenig in die Gemeinschaft transportiert“, stellte Astrid Mehmel, Leiterin der Bonner Gedenkstätte für Opfer des Nationalsozialismus fest. Die Gedenkstätte selbst befindet sich derzeit noch unscheinbar in einem Hinterhof an der Franziskanerstraße. In naher Zukunft wird sie auf das Gelände des ehemaligen Klosters Mariahilf der Benediktinerinnen Zur Ewigen Anbetung in Endenich umziehen. Das Kloster wurde 1941 von der Gestapo beschlagnahmt. Ab 1942 wurden Juden hier in Konzentrations- und Vernichtungslager deportiert.

Wichtige Orte römischer Geschichte bislang unter dem Radar

Beim Bonner Stadtmuseum, das in derselben Straße in einem ehemaligen Saunatrakt des Viktoriabades untergebracht ist, gibt es hingegen noch keine konkreten Pläne. „Beim Thema Stadtgeschichte hat man sich immer auf Bonn als Bundeshauptstadt fokussiert. Aber wo sind zum Beispiel die wichtigsten Orte der römischen Geschichte?“, fragte Norbert Volpert von StattReisen Bonn. Auf Matthiesens Frage, wie gut denn die Zusammenarbeit mit der Stadtverwaltung bei der Vermittlung von Stadtgeschichte sei, hatte Volpert eine klare Antwort: „Die gibt es nicht!“.

Derweil sind die zahlreichen Heimat- und Geschichtsvereine mit ihrer ehrenamtlichen Arbeit sehr aktiv – oder auch der Godesberger Michael Wenzel, der derzeit an der Realisierung eines „Weg der Diplomatie“ durch Bad Godesberg arbeitet. „Das wäre eine große Chance, Stadtgeschichte anders zu erzählen“, sagte Wenzel, Veranstalter von Touren zur jüngsten Bonner Vergangenheit.

Auch bei anderen Projekten möchte man sich stärker auf die Entwicklung der Stadtteile und weniger auf die gesamtstädtische Geschichte Bonns konzentrieren: „Wir möchten die individuelle Entwicklung, die die Stadtbezirke genommen haben, erzählen. Deshalb sammeln wir Geschichten und fahren mit unserem Lastenfahrrad in die Stadtteile“, berichtete Philipp Hoffmann, Leiter des Stadtmuseums.

Martin Weins „Bonner Stadtgeschichten“ aus dem WIKOMMedia-Verlag, 162 Seiten, geb. sind für 29.90 Euro überall im Buchhandel erhältlich.

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