Weihnachten im Eltern-Kind-Zentrum Ein wenig Normalität zum Fest

Venusberg · Im Eltern-Kind-Zentrum der Bonner Uniklinik brauchen die kleinen Patienten an Weihnachten nicht nur medizinische Versorgung. Ärzte und Pfleger sorgen daher für etwas Normalität.

Theodorius hält nach einer Herzoperation ein Kreuz in Händen. Seine Eltern begleiten ihn ständig, auch an Weihnachten.

Theodorius hält nach einer Herzoperation ein Kreuz in Händen. Seine Eltern begleiten ihn ständig, auch an Weihnachten.

Foto: Stefan János Wágner

Der sechsjährige Theodorius musste sich vor drei Wochen einer aufwändigen Herzoperation unterziehen. „Der Weihnachtmann kam über eine Feuerwehrleiter ans Fenster hochgefahren“, erzählt er, während er im Bett des Eltern-Kind-Zentrums (ELKI) der Bonner Uniklinik liegt. In seinen Händen hält er ein Kreuz. Die Stimme ist schwach, er leidet unter einem hypoplastischen Linksherzsyndrom. Doch der Junge lächelt seine Eltern an, die im Krankenhaus an sieben Tagen rund um die Uhr bei ihrem Sohn sein dürfen.

 Victoria wog bei der Geburt 580 Gramm. Ihr eigentlicher Geburtstermin hätte der 13. März sein sollen.

Victoria wog bei der Geburt 580 Gramm. Ihr eigentlicher Geburtstermin hätte der 13. März sein sollen.

Foto: Stefan János Wágner

Das ELKI ist deutschlandweit das größte seiner Art und gehört zu den modernsten Zentren für Geburtshilfe und Kinderheilkunde. Eingeweiht wurden die Räume erst 2020. Es gibt eine spezialisierte Geburtshilfe, vorgeburtliche Medizin, Kinderkardiologie, spezialisierte Anästhesie, die Kinderherzchirurgie und Bildgebung der Kinderchirurgie sowie Kinderneurochirurgie. Es verfügt über fünf Geburtsräume, eine Geburtshilfeambulanz und 40 Betten für die Geburtshilfe auf knapp 12.000 Quadratmetern. 120 erkrankte Kinder und Jugendliche können gleichzeitig behandelt werden. Auch an Weihnachten.

Nicht bei der Familie, aber in einem guten Team

Debbi Ottemeier und Lisa Gast (re.) mit Sara Könen-Krolos, die in der 23. Schwangerschaftswoche entbunden hatte.

Debbi Ottemeier und Lisa Gast (re.) mit Sara Könen-Krolos, die in der 23. Schwangerschaftswoche entbunden hatte.

Foto: Stefan János Wágner

„Man ist nicht bei der Familie. Schön ist es aber, ein Team um sich zu haben. Ich bin ja nicht alleine,“ sagt Lisa Gast, Stationsleitung der Station Neonatologie A. „Die Eltern zeigen sich dankbar.“ Gearbeitet wird in drei Schichten. In ihrem Team hatten die Mitarbeitenden die freie Wahl, ob sie Dienste an Weihnachten oder zum Jahreswechsel übernehmen wollen. „Alle Dienstplanwünsche konnten berücksichtigt werden“, so Gast, die die gute Teamarbeit lobt. Debbi Ottemeier, seit 2016 examinierte Kinderkrankenschwester, hat das Gefühl, auf der Station „wie eine große Familie“ zu sein. Das wird nach außen sichtbar: „Die Eltern spiegeln das zurück. Sie geben das ihnen Wichtigste, das Heiligste, ihre Kinder, in unsere Obhut.“

Lisa Gast erzählte von der vielen Weihnachtspost ans ELKI: „Das drückt die Dankbarkeit aus.“ Die Familien schreiben teils über viele Jahre Grüße von den ehemaligen kleinen Patienten. Klinikseelsorger Bernd Müller sagt: „Wir haben auch die spirituelle Seite der Menschen im Blick.“ Etwa 50 Menschen zählte er dieses Jahr bei der Christmette. Das Fürbittbuch in der Klinikkirche ist zu zwei Dritteln gefüllt mit den Gebeten besorgter Eltern.

Mit Blaulicht zum Notkaiserschnitt

Sara Könen-Krolos und ihr Mann Magdy sind seit dem 13. November auf dem Venusberg. Mit Blaulicht kam sie zu einem Notkaiserschnitt her. Der Entbindungstermin war für den 13. März geplant. „Am Anfang war es besorgniserregend. Das machte uns große Angst.“ In der 23. Woche der Schwangerschaft gebar sie zwei Töchter. Victoria und Elisabeth. 580 Gramm wog Victoria, die seither medizinisch engmaschig betreut wird. Ihre Zwillingsschwester hat es nicht geschafft. Sie starb zwei Tage nach der Geburt. Sara ist sehr bewegt, als sie von ihrer Tochter Elisabeth spricht. „Aber man darf die Hoffnung nicht verlieren. Man muss im Hier und Jetzt bleiben. Das haben wir hier gelernt.“ Die klare Ansprache, die für sie als Eltern Ruhe ausstrahlte, loben die beiden. Mit ihrem winzig kleinen Arm winkt Victoria. Ein ergreifender Moment, auch für Gast, Ottemeier und den katholischen Priester Müller. Vater Magdy Krolos hat seine kleine Victoria bei sich auf der Brust regelmäßig liegen. Er lächelt: „Kuscheln ist die beste Medizin.“

Eine Etage weiter oben in der Kinder-Herz-Chirurgie sorgt sich Marie-Luise Kleikamp mit ihrem Team um derzeit zehn Kinder. „An Weihnachten hatten alle Kinder einen Platz gekriegt“, sagt Kleikamp, die auch die Schicht an Heiligabend übernommen hatte. Die Dienste waren insgesamt ruhig. „Wir haben auch Durststrecken hinter uns mit krankem Personal. An Weihnachten aber war es ruhig.“ Neben Ärzten und Pflegekräften stellen auch Putzkräfte, Physiotherapeuten, die Betriebsfeuerwehr, Mitarbeitende von Laboren und Sterilisation, Pförtner und Handwerker in Rufbereitschaft den Betrieb an den Festtagen sicher.

Herzkranke Kinder stehen auf der Dringlichkeitsliste

„Noch immer müssen Eltern mit herzkranken Kindern, die unbedingt eine Operation in unserem Kinderherzzentrum durchführen lassen möchten, auf einer Dringlichkeitsliste warten. Wegen des Pflegemangels“, sagt Wolfgang Holzgreve, der ärztliche Direktor des Universitätsklinikums Bonn. Nach seiner Aussage liegen die Wartezeiten jedoch unter denen vergleichbarer Kliniken. Die Aussichten für neue Pflegestellen seien positiv.

Dazu dürfte auch die sinnstiftende Arbeit beitragen. Die Mutter des kleinen Theodorius lobt das ELKI. „Die Ärzte sind top!“, sagte sie am Bett ihres Sohnes. Für sie hat sich die Sicht auf die Dinge seit dem Krankenhausaufenthalt geändert: „Wenn Gesundheit da ist, sind alle Tage Feiertage.“

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