Künstlerin im Mondschein Wenn statt Nosferatu eine Kreuzspinne den Garten belagert

Kolumne · Passend zu immer länger werdenden Nächten gruseln sich Bonn und die Region vor der Nosferatu-Spinne. Ehe die Halloween-Stimmung endgültig einkehrt, gilt es aber, auch die anderen achtbeinigen Künstler zu bestaunen. Spätestens dann, wenn sie im eigenen Garten spinnen.

Eine Kreuzspinne hat ihr Netz gespannt, in dem sich Tautropfen gebildet haben, die in der Herbstsonne glitzern.

Foto: dpa/Wolfgang Kumm

Wenn der Vollmond silbern am Himmel glänzt und die Nächte länger werden, rückt die Zeit der schaurigen Kreaturen immer näher. Bis Halloween wird noch ein weiterer Mondphasen-Zyklus vorbeiziehen, und dennoch spricht ganz Deutschland von der Nosferatu-Spinne. Dieser Name ist dabei auf die markante Zeichnung auf dem Vorderkörper dieses Wesens zurückzuführen, die an das grässliche Antlitz des Vampirs aus dem Filmklassiker der 1920er Jahre erinnert.

Zum Blutsauger taugt die Vampirspinne mit einer Beinspannweite von bis zu sechs Zentimetern nur bedingt, allerdings scheint sie auch ohne Biss in der Lage zu sein, menschliche Halluzinationen hervorzurufen. So berichtete ein Experte vom Museum Koenig jüngst davon, dass ihn in letzter Zeit etliche Fotos von Kreuzspinnen erreichten, die regionale Beobachter mit der Nosferatu-Spinne verwechselt hatten.

Eine Kreuzspinne hat sich jüngst auch auf meiner Terrasse eingenistet. Anders als der Nosferatu-Spinne gelingt es dieser Künstlerin, im religiösen Gewand in nur wenigen Stunden mal den Gartenstuhl und dann das Tor mit riesigen Netzkreationen zu überziehen. Kaum zerstört der Mensch beim gedankenlosen Schritt in den Garten eines dieser Meisterwerke, erblickt im Mondenschein schon das Nächste das Licht der Welt. Die Netzproduktion dieses achtbeinigen Da Vincis grenzt fast an die Zauberkünste des Rumpelstilzchens, das bekanntlich in drei Nächten ganze Kammern voller Stroh zu Gold spinnen konnte.

Kreuzspinnen können in wenigen Stunden beeindruckende Netze kreieren. Ungünstig nur, wenn sie dafür den Weg in den Garten versiegeln.

Foto: Jan-Oliver Nickel

Nachdem ich schon zweimal aus Versehen ihre Netze zerstört habe, bleibe ich deshalb nun aus Sorge um mein nicht-existentes Erstgeborenes dem Garten vorerst fern. Oder in anderen Worten: „Ach, wie gut, dass ich wohl weiß, dass ihr Netz beim Schritt ins Freie reißt.“