Karneval in Bonn Stadtwerke und Caritas halten Bonn am Rosenmontag am Laufen

Bonn · Während Tausende Jecke in Bonn Karneval feiern, sorgen viele Menschen dafür, dass die Stadt läuft: Ein Besuch beim Amtsgericht, der Leitstelle der Stadtwerke und im Caritas-Seniorenheim Marienhaus.

 Joachim Schallenberg, Fachbereichsleiter der Verkehrsleitstelle, mit Fahrdienstleiter Pascal Koppe, der sich für den Dienst am Rosenmontag kostümiert hat.

Joachim Schallenberg, Fachbereichsleiter der Verkehrsleitstelle, mit Fahrdienstleiter Pascal Koppe, der sich für den Dienst am Rosenmontag kostümiert hat.

Foto: Jill Mylonas

„Dreimol vun Hätze Kölle Alaaf“, tönt es aus den Lautsprecherboxen im Aufenthaltsraum des Caritas-Seniorenheims Marienhaus. Mit Ketten, Hüten und einfallsreich geschminkten Gesichtern schauen die Bewohner auf die Leinwand mit der Live-Übertragung des Kölner Rosenmontagszuges. An der Decke hängen Luftballons in Blau, Grün und Rot, an den Wänden kleben Clowns-Gesichter. Am Eingang steht ein kleiner Karnevalswagen mit dem Sessionsmotto „Mit Pappnaas oder Höötche, mer sitze all in eenem Böötche“.

Auch im Seniorenheim wird gefeiert

„Der dient unserer hauseigenen Karnevalsfeier“, erläutert Margit Scholz-Schaller vom Marienhaus an der Noeggerathstraße. „Vergangenen Mittwoch sind wir mit einer Fußgruppe durch das Haus gegangen und haben Kamelle verteilt. Dabei haben wir die Bewohner einbezogen: Die, die fit genug sind, haben bei der Polonaise mitgemacht, getanzt und geschunkelt.“ Für Scholz-Schaller ist klar: Die Bewohner des Altenheims möchten an Karneval teilnehmen wie früher. Deswegen gebe es am Rosenmontag traditionell die Live-Übertragungen der Kölner und Bonner Züge. „Es ist wichtig, dass die Leute mal auf andere Gedanken kommen“, sagt sie.

Gut gelaunt verlässt Bewohnerin Elsbeth Erber gerade den Aufenthaltsraum. Sie trägt ein Tigerkostüm mit passend geschminktem Gesicht und ist aufgeregt: Erstmals darf ein Bewohner des Marienhauses mit dem Verein „Radeln ohne Alter“ beim Zug mitmachen – und die Wahl ist auf sie gefallen. „Ich bin als junge Frau schon immer beim Rosenmontagszug mitgegangen“, sagt sie. „Jetzt werde ich in der hauseigenen Rikscha gefahren. Ich bin im Herzen richtig jeck.“ Da verwundert es auch nicht, dass sie im Jahr 2021 zur Karnevalsprinzessin des Marienhauses gewählt wurde.

 Das karnevalistische Angebot im Caritas-Altenheim Marienhaus: Live-Übertragung des Rosenmontagszuges aus Bonn sowie aus Köln.

Das karnevalistische Angebot im Caritas-Altenheim Marienhaus: Live-Übertragung des Rosenmontagszuges aus Bonn sowie aus Köln.

Foto: Jill Mylonas

Als Jecke freut Erber sich besonders über das karnevalistische Angebot des Hauses. „Die Menschen nehmen das super an“, so Scholz-Schaller. „Das karnevalistische Treiben bringt Freude und Lachen ins Haus.“ Das Leben höre ja im Altenheim nicht auf. „Es ist natürlich nicht wie vorher, aber Alter schützt nicht vor guter Laune.“

Bestes Beispiel ist Elsbeth Erber selbst. Dick eingepackt wartet sie in der Rikscha draußen darauf, dass es losgeht, während Sibilla Esser-Meiners vom Verein den Sack mit Kamelle platziert. „Wir sind diesmal mit 80 Rikschas dabei“, sagt Esser-Meiners. Als sie auf die Uhr blickt, zuckt sie zusammen. „Schon zehn vor 12. Wir müssen zur Zugaufstellung.“ Esser-Meiners schwingt sich aufs Fahrrad und fährt Richtung Thomas-Mann-Straße.

SWB-Leitstelle hat alles im Blick

Hier, wo der Rosenmontagszug traditionell startet, stehen alle Wagen und Fußgruppen. Und auf die haben die Mitarbeiter der Leitstelle der Stadtwerke Bonn (SWB) vom Fenster aus einen guten Blick. Doch nicht nur auf den Karnevalszug hat das Team um Fachbereichsleiter Joachim Schallenberg ein Auge: Die Schaltzentrale erinnert mit ihren vielen Bildschirmen, Knöpfen und Funkgeräten an das Kommandozentrum eines Raumschiffs. Schallenberg weiß genau, welcher Bus oder welche Bahn sich wo befindet – nicht nur an Rosenmontag. Diesen bezeichnet er übrigens als „Kampftag“, genau wie Weiberfastnacht. „Schon im Oktober hatten wir die erste Vorbesprechung für Karneval“, erzählt er. „Ich war fünfmal bei der Polizei in Ramersdorf, um unter anderem Sicherheitskonzepte zu besprechen.“ Zwar gebe es sehr viel gute Planung. „Aber es kann an solchen Tagen immer etwas dazwischenkommen.“ Etwa ein Türschaden an der Linie 66 oder wenn Betrunkene die Bahngleise blockieren.

Darauf ist Schallenberg vorbereitet. Sowohl an der Zugspitze als auch am Ende laufen SWB-Mitarbeiter. Zudem sind viele Techniker unterwegs. „Am Vormittag waren 20 Servicekräfte in der Leitstelle, die wir mit Funkgeräten ausgestattet haben. Wir stehen in ständigem Kontakt, auch mit dem Festausschuss“, so Schallenberg. Punkt 12.08 Uhr ruft ihn der Zugleiter an. Losgegangen ist der Rosenmontagszug noch nicht. „In zwei Minuten wird der Strom an der Oberleitung am Bertha-von-Suttner-Platz abgeschaltet“, sagt Schallenberg in sein Telefon. „Sie können losgehen.“ In den Raum ruft er: „Sie starten.“

Kamelle werden von den Gleisen gesaugt

Entspannt greift er nach einem Berliner. Alle Umleitungen für Busse und Bahnen sind eingerichtet. „Jetzt haben wir zwei Stunden Ruhe und kümmern uns um den Umleitungsbetrieb.“ Von der Leitstelle aus beobachten die sieben zuständigen Männer den Ablauf des Zuges: auf Bildschirmen, aber auch aus dem Fenster. Wenn die Strecken nach dem Rosenmontagszug nicht vollständig frei sind, „fahren wir nicht“, sagt Schallenberg. Dazu gehöre auch, dass die Gleise frei von Kamelle sein müssen. Dafür sorgt ein Schienensaugfahrzeug. Außerdem gibt es Personal, das dafür verantwortlich ist, einzelne Abschnitte freizugeben, sobald Wagen und Fußgruppen durch sind. „Wir sind auf diese Freimeldungen angewiesen, sonst befindet sich nachher noch jemand auf den Gleisen“, sagt Schallenberg.

Die Stadtwerke haben dem Festausschuss vier E-Scooter und zwei E-Roller zur Verfügung gestellt. Sicherheitskräfte können sich damit während des Zuges bei Bedarf schnell bewegen. Gerade saust einer unter dem Fenster der Leitstelle entlang. Hinter ihm läuft der Musikverein Bonn-Duisdorf 1949 und setzt zum nächsten Stück an. „Es ist ja nicht nur Arbeit“, sagt Schallenberg und blickt fasziniert auf das farbenfrohe Treiben. Seit 20 Jahren beobachtet er den Rosenmontagszug aus demselben Fenster. „Aber hingegangen bin ich noch nie.“

So ruhig wie in der Leitstelle geht es laut Amtsgerichtsdirektor Fabian Krapoth ebenfalls am Amtsgericht zu. Dort ist ein Bereitschaftsdienst mit einem Richter eingerichtet – wie an anderen Sonn- und Feiertagen auch. Die Erfahrungen der vergangenen Jahre hätten gezeigt: An Rosenmontag müsse das Amtsgericht nicht mit einem Ansturm an Eilantragen rechnen.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort